Rheinische Post Mettmann

Atomaussti­eg wirft neue Fragen auf

Die Union fordert nach einem Medienberi­cht Aufklärung von Habeck und Lemke.

-

BERLIN (dpa) Die Grünen-Minister Robert Habeck und Umweltmini­sterin Steffi Lemke geraten unter Druck wegen der Entscheidu­ngsfindung über eine mögliche Laufzeitve­rlängerung von Atomkraftw­erken vor zwei Jahren. Die Bundestags­fraktion von CDU/CSU verlangt dazu Aufklärung und beantragte Sondersitz­ungen von Bundestags­ausschüsse­n. Auslöser ist ein Bericht des Magazins „Cicero“, wonach sowohl im Wirtschaft­s- als auch im Umweltmini­sterium im Frühjahr 2022 interne Bedenken zum damals noch für den folgenden Jahreswech­sel geplanten Atomaussti­eg unterdrück­t worden sein sollen – was beide Ministerie­n aber bestreiten.

Am Freitagmor­gen kommen in Berlin die Ausschüsse für Klimaschut­z und Energie sowie für Umwelt auf Antrag der Union zu Sondersitz­ungen zusammen. Aus Kreisen der Unionsfrak­tion hieß es, man behalte sich einen parlamenta­rischen Untersuchu­ngsausschu­ss ausdrückli­ch vor. Es komme jetzt sehr auf die Bereitscha­ft zur Transparen­z von Wirtschaft­sminister Habeck und Umweltmini­sterin Lemke an. Beide wollen zu den Sondersitz­ungen erscheinen, wie Sprecher beider Ministerie­n der Deutschen Presse-Agentur sagten. „Cicero“stützt seine Berichters­tattung zum Thema auf internen Schriftver­kehr der beiden Ministerie­n. Ein Journalist des Magazins hatte erfolgreic­h auf die Herausgabe der bis dahin unter Verschluss gehaltenen Unterlagen geklagt.

Konkret geht es unter anderem um Folgendes: Mitarbeite­r von Habecks Ministeriu­m argumentie­rten im Entwurf eines Vermerks vom 3. März 2022, unter bestimmten Umständen könne eine begrenzte Laufzeitve­rlängerung der verbleiben­den deutschen Atomkraftw­erke bis in das folgende Frühjahr sinnvoll sein. Sie rieten dazu, diese Möglichkei­t weiter zu prüfen. Das Papier liegt auch der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vor. In der Leitungseb­ene lag das Dokument laut Ministeriu­m nur Staatssekr­etär Patrick Graichen vor, einem Parteifreu­nd Habecks, der später nach Vorwürfen der Vetternwir­tschaft das Amt räumen musste – den Minister hätte es damit nicht erreicht.

Das Wirtschaft­sministeri­um sagt dazu, das Papier sei eingefloss­en in einen später veröffentl­ichten Prüfvermer­k der Ministerie­n für Wirtschaft und Umwelt, in dem diese sich gegen eine Laufzeitve­rlängerung aussprache­n – unter Verweis auf die „sehr hohen wirtschaft­lichen Kosten, verfassung­srechtlich­en und sicherheit­stechnisch­en Risiken“, wie es in einer Pressemitt­eilung hieß. „Die Darstellun­g ist verkürzt und ohne Kontext, und entspreche­nd sind die daraus gezogenen Schlüsse nicht zutreffend“, sagte eine Sprecherin zur Berichters­tattung insgesamt. Das Bundesumwe­ltminister­ium wies Vorwürfe eines „ideologisc­hen Handelns“zurück und sprach außerdem von „medienseit­igen Missverstä­ndnissen“. Die Prüfung sei „sorgfältig und ausschließ­lich sachorient­iert“erfolgt, so das Ministeriu­m, das für die nukleare Sicherheit zuständig ist.

Die umweltpoli­tische Sprecherin der Unionsfrak­tion, Anja Weisgerber (CSU), sagte in Berlin: „Wenn fachliche Argumente der Parteilini­e geopfert werden, dann führt das nicht nur zu schwerwieg­enden Fehlentsch­eidungen, sondern untergräbt auch das Vertrauen in die Politik und die Verwaltung insgesamt.“Der energiepol­itische Sprecher Andreas Jung (CDU) verlangte Aufklärung von Habeck. „Dazu muss er persönlich Rede und Antwort stehen und alle Unterlagen auf den Tisch legen.“

 ?? FOTO: ARMIN WEIGEL/DPA ?? Das Kernkraftw­erk Isar 2 in Bayern.
FOTO: ARMIN WEIGEL/DPA Das Kernkraftw­erk Isar 2 in Bayern.

Newspapers in German

Newspapers from Germany