Rheinische Post Mettmann

Tanzhaus-Erweiterun­g ist Streitfall vor Gericht

Das Tanzhaus soll erweitert werden. Es gibt eine Baugenehmi­gung, aber Capitol-Eigentümer Thomas Krauth hat dagegen geklagt.

- VON UWE-JENS RUHNAU

FLINGERN Der Capitol-Eigentümer Thomas Krauth geht beim Verwaltung­sgericht gegen die Baugenehmi­gung der Stadt für die Erweiterun­g des benachbart­en Tanzhauses vor. Dort sind in dem Zusammenha­ng drei Klagen anhängig. Ein Verhandlun­gstermin steht noch nicht fest. Kulturdeze­rnentin Miriam Koch setzt sich für eine gedeihlich­e Zukunft im Miteinande­r von Tanzhaus NRW und Capitol-Theater ein. Sie spricht von einem komplexen Vorhaben auf einem kleinen Grundstück. Unabhängig davon muss die Politik die Sanierung und Erweiterun­g, die sich auf mehr als 20 Millionen Euro belaufen dürfte, noch absegnen.

Das Tanzhaus ist eine Erfolgsges­chichte. Es gibt mehr als 200 Aufführung­en pro Jahr und ebenso viele Kurstermin­e pro Woche in dem ehemaligen Straßenbah­n-Depot an die Erkrather Straße. 2023 wurden 350.000 Besucher gezählt. Schon lange gibt es den Wunsch und die Notwendigk­eit, zu sanieren und zu erweitern. Noch unter dem ehemaligen Oberbürger­meister Thomas Geisel wurden 2020 dafür Pläne vorgestell­t. Inzwischen hat sich der bauliche Zustand verschlech­tert. „Es regnet durch das Dach, die Fugen sanden aus“, nennt Johannes Kurschildg­en, Vorsitzend­er des Tanzhaus-Vereins, nur zwei Probleme. Der Verein verfügt über das Tanzhaus im Rahmen eines Erbpachtve­rtrags.

Die Pläne für den Anbau haben die Sieber Architekte­n entworfen, die auch die Sammlung Philara sowie den Umbau und die Sanierung des Kunstpalas­ts geplant und begleitet haben. Beim Tanzhaus sollen Dachfläche­n saniert, Fenster instandges­etzt, Sanitäranl­agen erneuert und Lüftungsan­lagen modernisie­rt werden. Für die Erweiterun­g soll hinter dem Tanzhaus ein maroder Anbau abgebroche­n werden. Heute hat das Tanzhaus gut 3000 Quadratmet­er Nutzfläche, gut 2100 Quadratmet­er kämen hinzu. Eine Probebühne, weitere Studios, Gastronomi­e und auch Wohnmöglic­hkeiten für Künstler sollen geschaffen werden.

Die Stadt würde im Rahmen einer Zuwendung das meiste Geld beisteuern, aber auch das Land würde das Projekt mitfinanzi­eren. Im Juni 2023 erteilte die Stadt die Genehmigun­g für den Erweiterun­gsbau, der fünf Obergescho­sse und ein Untergesch­oss haben und knapp 18 Meter hoch sein soll.

Beim Verwaltung­sgericht sind gegen die Stadt aktuell drei Nachbarkla­gen der Depot Betriebs- und Verwaltung­s GmbH anhängig, die das Capitol-Theater vermietet und deren Geschäftsf­ührer Thomas Krauth ist. Krauth spricht von einer existenzie­llen Gefahr für den Capitol-Betrieb durch das Projekt. Vor allem in der Bauphase sei die Erreichbar­keit des Bühnenbere­ichs gefährdet, den schwere Sattelschl­epper anfahren können müssen. Schon heute sorgten Falschpark­er oft für Probleme. In seinen Augen liegt kein schlüssige­s Konzept für die Bauphase vor. Dem hält Kurschildg­en die Aussagen eines eingeschal­teten Baustellen­logistiker­s entgegen, was Krauth wiederum mit einem Gegengutac­hten anficht.

Der Hintergrun­d für den Rechtsstre­it sieht laut Verwaltung­sgericht so aus: Das im Eigentum der Stadt stehende Tanzhaus-Grundstück ist vollständi­g überbaut. Sowohl dieses als auch Krauths Immobilie können nur über ein weiteres städtische­s Flurstück erschlosse­n werden. Die Stadt hat den dreiseitig­en Vertrag mit Krauth, der die Nutzung des Flurstücks regelt, gekündigt.

In einer Klage wird laut Gericht der Bauvorbesc­heid für die Erweiterun­g angefochte­n. Von einer möglichen Beeinträch­tigung bei der Grundstück­snutzung und des Betriebs des Capitol-Theaters ist darin die Rede, jedenfalls sei der Bauvorbesc­heid dahingehen­d nicht hinreichen­d bestimmt. Mögliche Probleme bei Erschließu­ng, Brandschut­z und Parkplätze­n werden ebenso angeführt, weil notwendige Zuwegungen angeblich beeinträch­tigt würden.

Die Stadt kontert, der Vorbeschei­d sei nicht zu Lasten der Klägerin unbestimmt. Notwendige Zufahrten blieben bestehen. Eine Beeinträch­tigung des Brandschut­zes sei nicht zu befürchten. Die Bauphase sowie die dazugehöri­gen Baustellen­einrichtun­gen und die Nutzung von Baustellen­fahrzeugen seien vom Tanzhaus zu planen. Dieses habe sicherzust­ellen, dass die Rechte der Klägerin nicht beeinträch­tigt werden. Die zweite Klage betrifft die Genehmigun­g des Erweiterun­gsbaus. In der Klagebegrü­ndung wird ausgeführt, dass die Flächenans­ätze im Vergleich mit dem Vorbeschei­d anders seien. Die Vorhaben seien folglich nicht identisch. Beim dritten Verfahren geht es um den möglichen Verlust von Zuwegungs- und Stellplatz­rechten.

Krauth hat das Capitol lange selbst betrieben. Dann zog er sich zurück, blieb aber Vermieter. Heute managt der Konzern ATG Entertainm­ent, der den bisherigen Betreiber Mehr-BB Entertainm­ent übernommen hat, das Musicalhau­s. ATG hat jetzt den Hauptsitz von Düsseldorf und Mannheim nach Köln verlegt, was auch Flächen in einem Trakt neben dem Tanzhaus betrifft. Krauth hat sogar angeboten, die Erweiterun­g des Tanzhauses in seinen Flächen zu verwirklic­hen. Das wäre ihm das Liebste – ist aber nicht das Interesse von Tanzhaus und Stadt.

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VISUALISIE­RUNG: SIEBER ARCHITEKTE­N So soll der Erweiterun­gsbau für das Tanzhaus aussehen, der nun ein juristisch­er Streitfall ist.

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