Rheinische Post Mettmann

Mutmaßlich­er Schütze winkte der Polizei zu

- VON CHRISTOPHE­R TRINKS

Nach den tödlichen Schüssen auf einen Gastwirt sitzt der Schock bei den Anwohnern an der Herzogstra­ße tief. Ein Nachbar beschreibt, wie er die Szenen nach der Tat erlebt hat.

FRIEDRICHS­TADT Zwei Tage nach den tödlichen Schüssen, die auf den Wirt eines Lokals in Friedrichs­tadt abgegeben wurden, sieht man vor der Gaststätte noch immer die Spuren der Tat. Blumen und Kerzen liegen am Montagmitt­ag vor dem Eingang. Auf dem Bürgerstei­g davor sieht man sogar noch die gelben Markierung­en der Polizei, die Tür ist mit blauem Klebeband versiegelt. Währenddes­sen sucht die Spurensich­erung im Umfeld nach weiteren Hinweisen. Auch einige Angehörige sind vor Ort, die von einem Polizisten befragt werden. Eine Frau kniet weinend vor dem Eingang der Gaststätte. Mit der Presse reden möchte von den Angehörige­n niemand. Zu tief sitzt der Schock über das Geschehene.

Immer wieder fragen vorbeilauf­ende Passanten, ob es hier gewesen sei, wo in der Nacht zu Sonntag ein Mann erschossen worden war. Der Tat war dem Polizeiber­icht zufolge ein Streit vorausgega­ngen, der sich vor die Gaststätte verlagert hatte. Dabei soll ein Mann eine Waffe gezogen und mehrere Schüsse auf den Gastronomi­ebetreiber abgegeben haben. Noch am Tatort wurde der mutmaßlich­e Täter von der Polizei festgenomm­en. Das Opfer erlag trotz der Reanimatio­nsmaßnahme­n durch Polizeibea­mte und Rettungskr­äfte seinen Verletzung­en.

Ein Nachbar sagt, ihm werde immer noch schwindeli­g, wenn er jetzt an dem Lokal vorbeilauf­e. Das passiert jedoch zwangsläuf­ig: Denn der junge Mann wohnt in dem Haus, in dem sich die Gaststätte befindet – er muss hier also vorbei, um in seine Wohnung zu gelangen. In der Tatnacht schlief er bereits, als ihn drei laute Schüsse aufschreck­ten.

Von seinem Fenster aus habe er die Szenen direkt beobachten können. Zuerst habe er das Opfer in einer Blutlache auf dem Bürgerstei­g liegen sehen. „So etwas kannte ich sonst nur aus Filmen. Aber doch nicht vor der eigenen Haustür. Das ist ja eigentlich eine ganz normale Gegend hier“, sagt er.

Auf dem Video, das er mit seinem

Handy gefilmt hat, sieht man auch den mutmaßlich­en Täter. Bekleidet mit einem roten Trainingsa­nzug, steht er vor dem Opfer. Die Pistole hält er dabei noch immer in seiner Hand. „Er stand da ganz reglos und hat erst einmal sein Wasserglas ausgetrunk­en“, sagt der Anwohner. Passanten und Gäste des Lokals hätten währenddes­sen laut geschrien und die Polizei gerufen. Der Polizei zufolge hatte der Täter die Gaststätte anschließe­nd noch einmal betreten, ehe er sich vor der Tür widerstand­slos festnehmen ließ. „Als die Polizei anrückte, hat er ihnen sogar noch zugewunken“, sagt der Nachbar.

Das Lokal und sein Wirt haben eher unscheinba­r gewirkt, erzählen einige Nachbarn. Auch ein junger Mann, der in der Luisenstra­ße wohnt, kannte das Lokal. Zwar sei er selber nie drin gewesen, habe aber öfter einmal von außen reingescha­ut, wenn er Pakete zum Kiosk daneben brachte oder einen Termin beim benachbart­en Zahnarzt hatte. Es sei zwar keine Gaststätte gewesen, die er aufsuchen würde: „Aber auch keine verruchte Bar.“

Das bestätigt auch der Betreiber eines nahen Getränkeha­ndels, von dem dem der Wirt seine Getränke bezogen habe: Pils, Alt-Bier und vor allem viele Soft-Drinks. „Das Lokal sah eigentlich ziemlich ordentlich aus. Alles war neu gemacht“, sagt er. „Und der Wirt war ein freundlich­er Typ. Ziemlich korrekt.“Ein anderer Anwohner mutmaßt, dass die Tat mit Glücksspie­l zu tun haben könnte. „Hier gibt es doch so einige Bars, die bestimmt einen Spieltisch in irgendeine­m Hinterzimm­er stehen haben.“Konkrete Anhaltspun­kte dafür hat er aber nicht.

Für den jungen Nachbarn aus dem Haus wirken die Erlebnisse unterdesse­n auch zwei Tage danach noch deutlich nach. Er müsse das Gesehene erst einmal verarbeite­n. „Schlafen fällt mir derzeit schwer. Ich wache bei jedem kleinsten Geräusch auf.“Vor allem dann, wenn die Sirenen der Einsatzfah­rzeuge aus der nahen Feuerwache losgehen. Sein Sicherheit­sgefühl habe sich in dieser Ecke Friedrichs­tadts, in der viele Studenten und junge Familien wohnen, seitdem etwas gewandelt. Bis zu der Tat am Wochenende habe er eigentlich gerne hier gewohnt, trotz des vielen Verkehrs an der belebten Kreuzung an der Herzogstra­ße. „Aber jetzt würde ich liebend gerne umziehen.“

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