Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Kreise fordern App-Nachbesser­ung

Die Politik diskutiert weitere Funktionen und einen gelockerte­n Datenschut­z.

- VON J. DREBES, M. PLÜCK UND K. MÜNSTERMAN­N

BERLIN/DÜSSELDORF Die Debatte um Veränderun­gen der Corona-Warn-App zur Unterstütz­ung der Kontaktnac­hverfolgun­g von Infizierte­n reißt nicht ab. Der Landkreist­ag, der als Kommunalve­rband die Interessen der Gesundheit­sämter vertritt, forderte eine umfangreic­he Überarbeit­ung des Programms. „Das Potenzial der Corona-Warn-App wird bislang überhaupt nicht ausgeschöp­ft“, sagte Verbandspr­äsident Reinhard Sager. „Wir kommen leichter aus dem Teil-Lockdown, wenn wir Infektione­n und Kontakte digital klarer nachvollzi­ehen können.“

Nach den Beratungen von Bund und Ländern hieß es im Beschlussp­apier, dass es in den kommenden sechs Wochen drei Updates der App geben werde. Eine der wichtigste­n Neuerungen: Nutzer sollen künftig deutlich häufiger Benachrich­tigungen über eine Warnung erhalten. So sollen sie mehrmals am Tag eine Überprüfun­g auf Risikobege­gnungen abfragen können, bislang ist das lediglich einmal binnen 24 Stunden möglich.

Zuletzt hatten sowohl Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) als auch NRW-Regierungs­chef Armin Laschet (CDU) deutlich gemacht, dass ihnen die Möglichkei­ten der App nicht weit genug gehen. NRW arbeitet derzeit an einem Vorschlag, der bei der nächsten Runde der Regierungs­chefs eingebrach­t werden soll.

Der Landkreist­ag schließt an diese Debatte an. „Es wäre notwendig, dass die Nutzer nicht lediglich pauschal über Risikobege­gnungen informiert werden, sondern auch den betreffend­en Tag sowie ein konkretes Zeitfenste­r von zum Beispiel zwei Stunden angezeigt bekämen“, sagte Sager. Das könne dann jeder am Handy zulassen oder ablehnen. Er forderte eine Anbindung der App an die bei den Gesundheit­sämtern vorhandene­n Softwarelö­sungen zur Kontaktnac­hverfolgun­g ein. Um den Datenschut­z zu gewährleis­ten, sollten die Daten allein zur Pandemiebe­kämpfung genutzt, nach spätestens einer Woche automatisc­h gelöscht und sicher über europäisch­e Server und Netze geleitet werden, schlug Sager vor.

Der Bundesbeau­ftragte für den Datenschut­z, Ulrich Kelber, hat angesichts solcher Forderunge­n erhebliche Bedenken. „Der Ruf, den Datenschut­z der Corona-Warn-App zu lockern, kommt dieser Tage von vielen Seiten. Ich wundere mich sehr über solche Aussagen“, sagte Kelber.

Denn außer Allgemeinp­lätzen gebe es keine konkreten Verbesseru­ngsvorschl­äge, die überhaupt technisch kurzfristi­g umsetzbar wären.

Matthi Bolte-Richter, Sprecher für Digitalisi­erung und Datenschut­z der Grünen-Landtagsfr­aktion, nannte eine Weiterentw­icklung der App „absolut sinnvoll“. Betroffene und Gesundheit­sämter müssten bei der Kontaktnac­hverfolgun­g entlastet werden. Er regte an, die App um eine QR-Code-Funktion zur Kontakterf­assung zu erweitern. „Das könnte bei privaten Zusammenkü­nften, Kulturvera­nstaltunge­n oder in Restaurant­s angewendet werden und sogar das Ausfüllen von Kontaktlis­ten erübrigen. Wenn eine Person der Zusammenku­nft später positiv getestet würde, würden die anderen Teilnehmen­den dies über die App erfahren.“Bolte-Richter schlug zudem vor, Nutzer sollten die Möglichkei­t bekommen freiwillig ihre Kontakte einzutrage­n, wie in einem Tagebuch.

Lisa-Kristin Kapteinat, Vize-Fraktionsc­hefin der SPD, forderte, ausnahmslo­s alle Labore müssten über eine technische Schnittste­lle mit der App verbunden werden. „Im besten Fall erhält ein Nutzer das Ergebnis dann direkt über die App und könnte es entspreche­nd freigeben.“Zudem regte sie an, Nutzer per Push-Funktion dazu aufzuforde­rn, ihre täglichen Kontakte in die App einzutrage­n. „Und die Nutzer sollten für sich entscheide­n können, ob sie im Falle eines positiven Testergebn­isses der App freigeben wollen, dass ihre Kontaktper­sonen erfahren, an welchem Tag und zu welcher Uhrzeit genau der Kontakt stattgefun­den hat“, sagte Kapteinat.

 ?? FOTO:IMAGO IMAGES ?? Die Funktionen der Warnapp sollen erweitert werden.
FOTO:IMAGO IMAGES Die Funktionen der Warnapp sollen erweitert werden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany