Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Trotz Bürgerärger: Gewicht bleibt entscheidend
In Wegberg werden die Gebühren für den Restmüll nach Gewicht berechnet. Doch das Wiegesystem ist ein Auslaufmodell und mittlerweile die Ausnahme in NRW. Schlechte Nachrichten für Verbraucher: Die Müllgebühren werden sich 2021 erhöhen.
WEGBERG In Wegberg werden die Gebühren für den Restmüll, der in die schwarze Tonne gehört, nach Gewicht berechnet. Das in der Behördensprache als Restmüllverwiegung bezeichnete Verfahren ist in der Mühlenstadt seit Jahren höchst umstritten. Jetzt hat die Stadtverwaltung eine neue Gebührenbedarfsberechnung für das Jahr 2021 vorgelegt – und die dürfte mal wieder Wasser auf die Mühlen der Kritiker des Restmüllwiegesystems sein. Demnach erhöhen sich die Grundgebühren um durchschnittlich 3,96 Prozent. Der Stadtrat soll im Dezember grünes Licht für eine Erhöhung der Gewichtsgebühr von 0,26 auf 0,29 Euro je Kilogramm Restabfall geben.
Das in Wegberg seit vielen Jahren praktizierte Wiegesystem gilt in Nordrhein-Westfalen mittlerweile als nicht mehr üblich. Landesweit hat sich das System in 25 Jahren nicht durchsetzen können. In nicht mal mehr 20 der 396 Städte und Gemeinden Nordrhein-Westfalens wird das Wiegesystem praktiziert. Die allermeisten Kommunen favorisierten den üblichen Volumenmaßstab, nicht das Gewicht.
Der Anreiz zur Müllvermeidung ist das stärkste Argument der Befürworter des Wiegesystems. Wenn für jedes Kilogramm gezahlt werden muss, das in der schwarzen Tonne landet, seien die Bemühungen groß, Restmüll nach Möglichkeit zu vermeiden. Dort setzt aber zugleich die Kritik der Gegner des Wiegesystems an. Denn diese behaupten, dass Restmüll, der eigentlich in der schwarzen Tonne landen müssten, fälschlicherweise in der gelben Tonne – oder schlimmer noch – als wilder Müll in der Landschaft entsorgt wird. Die Freien Wähler, die sich in den vergangenen Jahren als entschiedenster Gegner der Restmüllverwiegung in Wegberg positioniert haben, sprechen sogar von Mülltourismus.
Dahinter steckt die Vermutung, dass Bürger, die in Wegberg wohnen und beispielsweise in Mönchengladbach oder Düsseldorf arbeiten, ihren Restmüll lieber am Ort ihrer Arbeitsstätte oder in öffentlichen Abfallbehältern entsorgen, weil sie dann die Gewichtsgebühr für den Restmüll sparen können. Dass beim Restmüll in Wegberg nicht immer alles mit rechten Dingen zugeht, ist auch regelmäßig der Statistik der zuständigen Entsorgungsunternehmen zu entnehmen, die für einzelne Haushalte in Wegberg eine Jahresrestmüllmenge in Höhe von weniger als 20 Kilogramm ausweisen, was kaum der Realität entsprechen dürfte. Die
Freien Wähler beklagen außerdem, dass eine Ausschreibung mit Verwiegesystem die Zahl der Anbieter enorm reduziere, was am Ende höhere Gebühren für die Bürger bedeute. Unverhältnismäßig hoch belastet würden durch das Wiegen des Restmülls in Wegberg außerdem junge Familien, weil benutzte Babywindeln, die sehr schwer sind, über die schwarze Tonne entsorgt werden müssen.
Die zuständigen Mitarbeiter der Stadtverwaltung kennen die jahrelange Diskussion über die Müllverwiegung und hatten
2019 ein Gutachten eines Düsseldorfer Fachbüros fertigen lassen. Das kam zu dem Ergebnis, dass die Gebührenbemessung von vielen unterschiedlichen Variablen abhängig ist, beispielsweise von der Zahl der Abfuhren, dem Ausschreibungsergebnis, dem Nutzerverhalten und der Müllmenge. Deshalb sei eine Vergleichbarkeit von Volumen und Gewicht kaum gegeben. Aus dem Gutachten ging auch hervor, dass die Abschaffung der praktizierten Verwiegung zu Mehrkosten von rund 13 Prozent führen würde. Erfahrungsgemäß fallen in Städten und Gemeinden mit Wiegesystem rund 40 bis 60 Kilogramm pro Einwohner und Jahr an Restmüll (ohne Spermüll und Biomüll) an. In Städten und Gemeinden ohne Wiegesystem seien mindestens 90 Kilogramm Restmüll pro Einwohner und Jahr zu verzeichnen.
Als Grund für die nun bevorstehende Erhöhung der Gewichtsgebühr von 0,26 auf 0,29 Euro je Kilogramm Restmüll führt die Stadt Wegberg die neuen Preise bei den Leistungsentgelten an.
Die Mühlenstadt hatte die Abfalllogistikleistungen kürzlich neu vergeben. Außerdem wird in Wegberg auf freiwilliger Basis die Biotonne ab 1. Januar 2021 eingeführt. Die Verwaltung geht davon aus, dass sich deshalb das Restabfallaufkommen um fünf Prozent reduziert. Auch für die Erhöhung der Grundgebühren seien die neuen Preise für die Abfalllogistikleistungen verantwortlich. Zusätzlich müsste ein Fehlbetrag in Höhe von 126.714 Euro aus den Betriebskostenabrechnungen 2018 und 2019 in der Gebührenbedarfsberechnung 2021 berücksichtigt werden.
Stadt Wegberg führt Biotonne ein Freiwillig
Die Stadt Wegberg führt zum 1. Januar 2021 eine Biotonne auf freiwilliger Basis ein. Jeder Haushalt, der eine Biotonne haben möchte und sich noch nicht gemeldet hat, kann dies unter der E-Mail-Adresse abfall@ stadt.wegberg.de oder telefonisch (02434 83701 noch tun. Alternativ kann das Formular für die Bestellung der Biotonne auch unter dem neuen Serviceportal der Stadt Wegberg www.wegberg. de unter dem Stichwort „Biotonne“heruntergeladen werden.
„Manche entsorgen ihren Restmüll sogar in benachbarten Städten“Thomas Nelsbach Freie Wähler
Kosten Die Interessenten können zwischen den Behältergrößen 120 Liter und 240 Liter wählen. Die Kosten für einen Behälter mit einem Fassungsvermögen von 120 Litern belaufen sich auf 60 Euro, für einen Behälter mit einem Fassungsvermögen von 240 Litern auf 90 Euro pro Jahr. Der Inhalt der Biotonne wird nicht gewogen.
Abholung Die Abholung von pflanzlichen Grün- und Gartenabfällen wird durch die Biotonne nicht ersetzt. Die Abholtermine reduziert die Stadt jedoch von zehn auf sechs im Jahr. Nicht in die Biotonne gehören Aschereste, Holzkohle, Straßenkehricht, Tabakreste, Tierkadaver, Windeln.