Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Bildwelten eines genialen Sonderlings
Sammler Walter Kurzweg und Künstler Peter Röttges haben aus einer Wassenberger Villenauflösung die Sammlung von 40 Bildern des Beuys-Meisterschülers Hartmut „Haki“Ritzerfeld übernommen. Die Ausstellung ist an drei Orten.
WASSENBERG Er gehört zu den markant-kantigen Künstlern aus der Schule des legendären Joseph Beuys. Kunstfreunden vor allem aus dem Aachener Land braucht man den Stolberger Hartmut „Haki“Ritzerfeld nicht lange vorzustellen. Ritzerfeld, der im Oktober 70 Jahre alt wurde, hat sich international an Ausstellungen beteiligt, lebt und arbeitet aber nach wie vor in seinem Elternhaus im Stolberger Ortsteil Büsbach, wo er als kreativer Sonderling bekannt ist.
Bei einer Villenauflösung kürzlich in Wassenberg kam gleich eine ganze Sammlung von Ritzerfeld-Arbeiten ans Tageslicht. Der Wassenberger Sammler Walter Kurzweg, bis vor Kurzem Kurator der Galerie Leo-Küppers-Haus des Heimatvereins, und der Künstler Peter Röttges trafen sich dort zufällig. „Da haben wir uns spontan entschlossen, die Sammlung gemeinsam zu übernehmen“, berichtet Kurzweg.
Derzeit sind viele der Bilder noch in Röttges’ Atelier an der Wassenberger Kirchstraße deponiert, wo die beiden Kunstmenschen jetzt einen Einblick in ihre Pläne mit den Bildern gaben. „Ganz schön bunt hier“, kommt einem in Anlehnung an Nina Hagens legendäre Rocknummer in den Sinn. Denn Ritzerfelds Öl- und Acrylgemälde, überwiegend in den 90er Jahren entstanden, zeigen eine Verwandtschaft mit der damals angesagten Kunstströmung der „Jungen Wilden“. Zu sehen sind expressiv anmutende Bilder, die mit spontan wirkendem Pinselstrich Landschaften, Interieurs und Menschenbilder auf die Leinwand bringen. Themen sind Ritzerfelds eigene Heimat in Stolberg-Breinig ebenso wie das Rheintal oder der „Fluchtpunkt Monschau“, der ihn mit seinem Künstler-Freundeskreis der „Eifelmaler“verbindet. Zwei Bilder
fallen besonders auf: ein relativ realistisches Porträt von Joseph Beuys und – wegen des Themas und des besonders großen Formats (1,40 mal 1,70 Meter) – eine Grablegung Christi, die drei nonnenartig gekleidete Frauen (Kreis um Maria Magdalena?) mit einem gelben Leichnam und einem kurios anmutenden übergroßen Blumenschmuck zeigen. Nicht selten gibt der Künstler mit mehrfacher Psychiatrieerfahrung dem Betrachter Rätsel auf, etwa bei politisch (satirischen?) Arbeiten wie „Adolfs Grabstein“.
Ritzerfeld kam nach einer Lehre zum Schaufenstergestalter durch eine Freundin in Verbindung mit Beuys und der Düsseldorfer Kunstakademie, wo er auch Bühnenbild studierte. Beuys war offenbar begeistert von dem Talent aus der Provinz, das recht bald Meisterschüler bei ihm wurde.
Kurzweg und Röttges wollen ihren neuen Schatz nicht verstecken, sondern der Öffentlichkeit präsentieren: und dies an drei Orten. Vom 6. bis 20. Dezember wird ein großer Teil der Gemälde im Naturpark-Tor,
Pontorsonallee 16, gezeigt, corona-bedingt ohne offizielle Vernissage. Weitere Ritzerfeld-Arbeiten wird man auch im Schaufenster des (derzeit geschlossenen) Leo-Küppers-Hauses, Roermonder Straße 5, sehen und (nach Anmeldung) im Atelier von Peter Röttges. Übrigens stehen Arbeiten auch zum Verkauf.
An den Sonntagen und auf telefonische Anfrage an Werktagen stehen Walter Kurzweg und/oder Peter Röttges Interessierten für Erläuterungen zur Verfügung.