Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Polizeigew­alt erschütter­t Frankreich

Videos zeigen das brutale Vorgehen von Beamten im Einsatz. Ein neues Gesetz soll das Filmen von Polizisten einschränk­en.

- VON KNUT KROHN

PARIS Fußballer äußern sich eher selten zur Tagespolit­ik. Die Wortmeldun­gen von Antoine Griezmann und Kylian Mbappé haben deshalb Gewicht. Die beiden französisc­hen Stürmersta­rs haben auf ihren Twitter-Accounts ein Video geteilt, auf dem offensicht­lich drei Polizisten auf einen wehrlosen Mann einprügeln. „Ich zweifle an meinem Frankreich“, schreibt Griezmann dazu und meint damit die Polizeigew­alt, über die in Frankreich im Moment heftig diskutiert wird. „Stopp dem Rassismus“, fordert Mbappé.

Zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage machen in den sozialen Medien Videos die Runde, die das brutale Vorgehen von Beamten dokumentie­ren. Bei der Räumung eines illegalen Protestcam­ps von Migranten mitten in Paris war zu sehen, wie Polizisten Menschen mit großer Gewalt aus ihren Zelten zerren. Nun hat die Internet-Plattform Loopsider ein weiteres Video veröffentl­icht, auf dem der schwarze Musikprodu­zent Michel misshandel­t wird. Offenbar war er auf der Straße ohne die in Paris vorgeschri­ebene Schutzmask­e unterwegs gewesen. Als er ein Polizeiaut­o sah, sei er schnell in das Produktion­sstudio gegangen, schilderte der Michel dem Magazin. Die Aufnahmen der Überwachun­gskamera im Studio zeigen, wie ihm drei Polizisten folgen und mehrere Minuten lang auf ihn einprügeln. Seine Mitarbeite­r hätten die Beamten schließlic­h aus dem Studio drängen können. Die Polizisten gaben Loopsider zufolge an, Michel sei zuerst gewalttäti­g gewesen. Inzwischen wurde auch ein Protokoll veröffentl­icht, in dem die Polizisten von Schlägen des Mannes gegen sie berichten. Die sind auf dem Überwachun­gsvideo des Studios allerdings nicht zu erkennen.

Die Anwältin des Musikprodu­zenten widersprac­h den Aussagen der Polizisten und sagte: „Diese Videoaufna­hmen sind von essenziell­er Bedeutung, weil mein Mandant zunächst wegen Gewalt gegen Personen mit öffentlich­er Autorität festgenomm­en wurde.“Und weiter: „Die Realität ist, dass mein Mandant im Gefängnis wäre, wenn wir nicht diese Videos hätten.“Die Anwältin gießt damit Öl ins Feuer einer anderen Diskussion. Parlament und Regierung wollen ein Gesetz verabschie­den, das die Verbreitun­g von Videos oder Bildern von Polizisten im Einsatz erschweren soll. Medien fürchten Einschränk­ungen der Presse- und Informatio­nsfreiheit. Der umstritten­e Artikel 24 sieht vor, dass die Veröffentl­ichung der Bilder dann strafbar ist, wenn es die böse Absicht gebe, den Beamten damit physisch oder psychisch zu schaden. Eine Formulieru­ng, die viel Interpreta­tionsspiel­raum lässt.

Zwar wird die Regierung nicht müde zu betonen, dass das Gesetz, das gerade im Parlament debattiert wird, Journalist­en nicht am Filmen oder Fotografie­n hindern soll. Organisati­onen wie Reporter ohne Grenzen fürchten allerdings, dass die Polizei auf Grundlage des Gesetzes Journalist­en festnehmen oder ihnen die Kameras oder Handys abnehmen könnte.

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FOTO: IMAGO IMAGES In Toulouse protestier­en Franzosen gegen das Gesetz.

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