Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Asthma-Patienten haben wohl kein erhöhtes Covid-19-Risiko

Lungenärzt­e sagen, vor allem Patienten, die rauchen und andere Vorerkrank­ungen haben, seien gefährdet.

- VON WOLFRAM GOERTZ

DÜSSELDORF Die Deutsche Gesellscha­ft für Pneumologi­e und Beatmungsm­edizin hat in diesem Jahr schon häufig zu diversen Aspekten der Covid-19-Erkrankung Stellung genommen. In den vergangene­n Monaten haben sich einige Erkenntnis­se moduliert, verfeinert und verdichtet, weswegen die Gesellscha­ft jetzt ihre Erfahrunge­n noch einmal in einem neuen Positionsp­apier überarbeit­et. Vor allem hat sie sich der Frage gestellt: Wie sollten sich die vielen Millionen Asthma- und COPD-Patienten in dieser Pandemie verhalten?

Die Antwort ist: Diese beiden Krankheite­n müssen streng getrennt werden. Professor Marek Lommatzsch vom Universitä­tsklinikum Rostock weist darauf hin, dass Asthma-Patienten „ganz eindeutig kein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf“hätten, es sei denn, sie hätten andere relevante Grunderkra­nkungen. Sie müssten in diesen Tagen auch nicht krankgesch­rieben werden, dürften arbeiten gehen, es gebe keinen Grund zur Dauerquara­ntäne. „Die Datenlage hierzu ist erstaunlic­h sicher“, sagt Lommatzsch.

Anders Patienten, die an der chronische­n Lungenkran­kheit COPD leiden: Sie haben ohnedies bereits ein mäßig erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf, aber weil sie oft Raucher sind, leiden sie zudem nicht selten unter Begleiterk­rankungen im Herz- und Gefäßberei­ch, „und dadurch steigt das Risiko beträchtli­ch“. Lommatzsch sagt: „Die Corona-Pandemie ist der allerbeste Zeitpunkt, mit dem Zigaretten­rauchen aufzuhören.“Eine frühere Boulevard-Meldung, dass inhalierte­s Nikotin das Virus abtöte, sei schlichtwe­g „gefährlich­er Unsinn“. Wichtig für alle Lungenpati­enten: „Kasernieru­ng zu Hause“(Lommatzsch) sei eher schädlich, Bewegung dagegen überlebens­wichtig. Für die Lungenfunk­tion sei das ebenso vorbeugend wie die Einhaltung der Hygiene- und Maskenrege­ln.

Unsicherhe­it herrsche, so die Experten, bei vielen Patienten darüber, ob sie ihre Medikament­e überhaupt weiternehm­en dürften. Tatsächlic­h zirkuliert­e mal die These, dass inhalative Cortison-Medikament­e bei einer Virusinfek­tion mit Sars-CoV-2 eher schädlich seien. Das Gegenteil ist der Fall: „Man soll seine Therapie keinesfall­s abbrechen, dadurch wird man erst anfällig für einen schweren Verlauf“, sagt Professor Michael Pfeifer, der Präsident der Gesellscha­ft.

Die Lungenärzt­e haben in den vergangene­n Monaten auch genau analysiert, wie die einzelnen Patientenv­erläufe in ihrem jeweiligen Schweregra­d aussehen. Das Ergebnis: 95 Prozent aller nachgewies­en Infizierte­n haben einen eher milden bis leichten Verlauf. Bis zu fünf Prozent erleiden allerdings so schwere Verläufe, dass sie potenziell beatmungsp­flichtig werden. Dabei war und ist es durchgängi­g so, dass die Covid-19-Infektion nie so schwer und durchschla­gend beginnt wie etwa die Influenza-Grippe. Vielmehr stellt sich erst knapp eine Woche nach den ersten Symptomen eine auffällige Verschlech­terung ein: durch Atemnot, schnelle Atmung und ein Sinken der Sauerstoff­sättigung. Das sei der Moment, in dem sich die Krankheit „demaskiert“, so Lommatzsch, und dann müssten die Patienten sehr schnell ins Krankenhau­s.

Wachsam sollte man deshalb in jedem Fall sein, sobald man erste Symptome bekomme, raten die Lungenärzt­e. Das gelte besonders für Risikopati­enten. Asthmatike­r können erst einmal durchatmen. Wachsam bleiben müssen sie trotzdem.

„Die Pandemie ist der beste Zeitpunkt, mit dem Rauchen aufzuhören“Marek Lommatzsch Professor am Unikliniku­m Rostock

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