Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

OB-Amt? Nur keinen Neid!

Die Pensionsan­sprüche von Oberbürger­meistern sorgen immer wieder für Debatten. Doch wollten wir wirklich tauschen? Nicht ohne Grund sind Kandidaten manchmal nur schwer zu finden.

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Mönchengla­dbach hat seit 24 Tagen ein neues Stadtoberh­aupt. Und schon gibt es einen Aufreger. Es geht um Geld. Genauer: um Versorgung im Alter. Die ist bei Beamten deutlich sicherer als die Rente der meisten Arbeitnehm­er. Und weil der Oberbürger­meister Hauptverwa­ltungsbeam­ter ist, stehen ihm Pensionsan­sprüche zu. Durchaus üppige. Mindestens 35 Prozent seiner Bezüge als OB.

Das allein ist noch nicht der Aufreger, sondern: Durch Anrechnung bestimmter Studien- und Berufsjahr­e lässt sich die Pension erhöhen und der Zeitpunkt, ab dem der Anspruch gilt, nach vorne rücken. Anders als andere Beamte muss sich ein OB dafür Grünes Licht beim Stadtrat holen. Laut aktuellem Gesetz hat Felix Heinrichs (SPD), der frisch gewählte Rathaus-Chef, dafür nur drei Monate Zeit und wird das der Politik im Dezember vorlegen.

Als eine der ersten Amtshandlu­ngen sich die Pension sichern? Viele Bürger sind empört. Verständli­cherweise. Aber so einfach ist es nicht. Zum einen sieht es das Gesetz so vor. Das Amt soll solche Pluspunkte haben, damit sich möglichst qualifizie­rte Menschen dafür erwärmen können. Was nicht immer gelingt.

Doch zunächst zu den Feinheiten: Heinrichs’ Amtsvorgän­ger Hans Wilhelm Reiners (CDU) hatte sich auch einen Aufschlag gesichert, bekommt die Pension sogar jetzt schon, nach nur einer Amtszeit. Das ist bei Heinrichs ausgeschlo­ssen. Weil er erst 31 ist und der Gesetzgebe­r wohlweisli­ch eine Altershürd­e von 45 eingebaut hat, muss er acht Jahre Amtszeit vorweisen, sonst geht er leer aus. Heinrichs muss also 2025 wiedergewä­hlt werden.

Ein junger OB bekommt die Pension also nur, wenn eine Mehrheit der Bürger mit seiner Arbeit zufrieden ist. Was eine Wiederwahl belegen würde. Scheidet der nach zweiter Amtszeit noch immer relativ junge OB aus dem Amt, steht die Pension ihm zwar sofort zu. Sobald er aber arbeitet und Geld verdient, wird das verrechnet. Dass Heinrichs

nach zwei Amtszeiten und mit 41 Jahren als OB a.D. zum Privatier wird, ist schwer vorstellba­r.

Natürlich, das Polster ist sicher und gut gefüllt, andere können davon nur träumen. Aber wer das Amt übernimmt, gibt anderersei­ts viel auf. Oberbürger­meister sind auf Zeit gewählt. Sie führen in Mönchengla­dbach mehr als 3000 Mitarbeite­r, was der Größe eines Konzerns entspricht, und tragen Verantwort­ung für hunderttau­sende Bürger. Ihre Privatheit müssen sie aufgeben. Ob Drogeriema­rkt, Restaurant, beim Sport: Sie werden erkannt und angesproch­en. Nicht immer freundlich.

Nimmt ein hauptamtli­cher OB seinen Job ernst, ist er von morgens bis spätabends und am Wochenende unterwegs, sticht Spaten in Böden, gratuliert Jubilaren, schunkelt sich durch alle Karnevalss­itzungen. Das muss man mögen und aushalten. Und nicht zuletzt: Er trifft Entscheidu­ngen von immenser Tragweite. Für all das gibt es in Mönchengla­dbach 13.500 Euro brutto im Monat.

Das Amt erfordert also Menschen mit Managerqua­litäten. Die aber wählen oft lieber die freie Wirtschaft, wo sie mehr verdienen, kaum unter Beobachtun­g stehen und weniger schunkeln müssen. Nicht ohne Grund sind Kandidaten fürs OB-Amt manchmal schwer zu finden.

Wollten wir wirklich tauschen?

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