Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Vermittler mit dickem Fell

Viele formale Hürden gibt es nicht, möchte man Immobilien­makler werden. Wer vom leicht verdienten Geld träumt, hat aber falsche Erwartunge­n an den Beruf.

- VON SABINE MEUTER

Das sieht doch im Fernsehen immer so einfach aus: Ein paar Gespräche mit Verkaufswi­lligen führen, ein paar Fotos online stellen, bei Besichtigu­ngen nett mit den Interessen­ten plaudern und nach Vertragsab­schluss die Provision kassieren. Viele glauben, dass Immobilien­makler vergleichs­weise mühelos viel Geld verdienen.

Doch mit dem Berufsallt­ag haben diese Vorstellun­gen nicht viel zu tun: „Zwischen den Bildern in den Köpfen der Leute und der Wirklichke­it klaffen Welten“, findet der Münchener Makler Sven Keussen. Viel teils mühevolle Kleinarbei­t bestimme den Alltag, sagt er. Makler besichtige­n angebotene Objekte oder Grundstück­e, kalkuliere­n auf Basis von Vergleichs­objekten Preise und prüfen Marktanaly­sen.

Dann arbeiten sie sich in Unterlagen ein: Sie sichten etwa Grundrisse und Lagepläne, prüfen, welche Sanierunge­n es gab, und stellen Energiewer­te eines Objekts zusammen. Dafür kontaktier­en sie zum Beispiel das Bauordnung­samt. Sie entwerfen ein Exposé, dann eine Marketing-Strategie.

Immobilien­makler haben in aller Regel eine Kundenkart­ei, die es zu pflegen gilt. „Es gibt viele Verkaufswi­llige, die es ablehnen, an ihrem Haus das Schild ‚zu verkaufen’ stehen zu haben“, sagt Dirk Wohltorf, Vizepräsid­ent des Immobilien­verbands Deutschlan­d IVD. „Sie setzen auf Diskretion und wollen, dass ein Makler ihnen einen passenden Kaufintere­ssenten präsentier­t.“

Immobilien­makler ist allerdings keine gesetzlich geschützte Berufsbeze­ichnung. Was bedeutet, dass sich jeder so nennen kann – und jeder kann es werden, ob nun direkt nach einem Studium, als Berufsanfä­nger nach einer dualen Ausbildung oder als Quereinste­iger. „Im Idealfall haben diejenigen, die Makler werden wollen, Ahnung von der Branche und eine Ausbildung zum Immobilien­kaufmann absolviert“, findet Wohltorf. Nach seinen Angaben interessie­ren sich häufig Frauen und Männer aus anderen kaufmännis­chen Berufen für den Makler-Job.

Ebenso kann ein immobilien­wirtschaft­liches Studium gute Grundlage für die Tätigkeit sein. Daneben gibt es viele verschiede­ne Ausbildung­sträger, die Kurse oder Seminare für Quereinste­iger zu unterschie­dlichen Preisen anbieten.

Generell brauchen Makler eine Erlaubnis nach Paragraf 34c der Gewerbeord­nung, um tätig werden zu dürfen. Anlaufstel­le ist dafür das Gewerbeode­r Ordnungsam­t der Stadtverwa­ltung. Anwärter müssen Zuverlässi­gkeit und geordnete Vermögensv­erhältniss­e nachweisen. Dafür legen sie unter anderem ein polizeilic­hes Führungsze­ugnis und eine Auskunft vom Amtsgerich­t vor.

Eine behördlich­e Erlaubnis ist das eine, aber: „Ohne ein breites Fach- und Praxiswiss­en

sind Immobilien­makler auf kurz oder lang zum Scheitern verurteilt“, sagt Sven Keussen. Nicht nur, dass ein Profi den Markt vor Ort und dessen Preise im Detail kennt. Er muss auch im Miet-, Vertrags-, Grundbuch-, Notar- und Baurecht fit sein und über Gesetzesän­derungen und aktuelle Urteile Bescheid wissen. Ferner sollte er in der Lage sein, Kunden in Finanzieru­ngs- und Steuerfrag­en zu beraten.

Neben Fachwissen sind auch persönlich­e Eigenschaf­ten wichtig. „Makler müssen ein freundlich­es Wesen haben, kommunikat­iv sein und auf Leute zugehen können“, erklärt Wohltorf. Auch sollten sie vermitteln können, wenn Verkäufer und Kaufwillig­e unterschie­dliche Meinungen vertreten.

Nicht nur für diesen Fall lohnt sich ein dickes Fell: „Ein Makler kassiert nur eine Provision, wenn ein Miet- oder Kaufvertra­g zustande kommt“, erklärt Keussen. Es kann auch passieren, dass man viel Arbeit in die Vermittlun­g eines Objekts steckt und am Ende veräußert der Besitzer es an einen Bekannten.

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FOTO: TOBIAS HASE/DPA-TMN Immobilien­makler wie Sven Keussen brauchen viel Fachwissen, wenn es etwa um Energieaus­weise, Miet- oder Eigentumsr­echt geht.

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