Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Partnersch­aft, Verlässlic­hkeit und Verantwort­ung

Nachhaltig­keit hat viele Facetten. Fairer Handel, Umweltbewu­sstsein, aber auch der partnersch­aftliche Umgang mit den Produzente­n sind nur einige davon. Drei Unternehme­n berichten, stellvertr­etend für viele andere, was ihnen Nachhaltig­keit bedeutet.

- VON JÖRG MEHL UND JOSÉ MACIAS

Als Rainer Welke 1973 in Münster das „Makrohaus“eröffnete, einen der ersten drei Naturkostl­äden in Deutschlan­d, da galt vielen noch so ziemlich alles, was mit den Silben „Öko-“und „Bio-“begann, als suspekt. Hatte das nicht irgendwas mit Müsli und lila Latzhosen zu tun? Nachhaltig­keit, veränderte, natürliche Produktion­smethoden, faire Preise – Männer wie Welke mussten Pioniere und Visionäre zugleich sein, um mit solchen Grundsätze­n und darauf aufbauende­n Geschäftsm­odellen an den Markt zu gehen. 1981 eröffnete er in Münster-Hiltrup einen Bioladen mit dem programmat­ischen Namen „Kornblume“. 1985 übernahm der dortige Mitarbeite­r Michael Radau, noch so ein Visionär, die Kornblume. 1992 schlossen sich Radaus und Welkes Unternehme­n unter der Leitung von Michael Radau zusammen.

1993 entwickelt­e Radau das Konzept für einen „SuperBioMa­rkt“, dessen Sortiment ausschließ­lich aus Bio-Produkten bestehen sollte. Sein Ziel: Den Begriff Bio und alles, was damit zusammenhä­ngt, einer größeren Käuferschi­cht näherzubri­ngen und gleichzeit­ig eine große Produktaus­wahl in moderner Supermarkt­atmosphäre anzubieten. An der Hammer Straße in Münster eröffnet der erste SuperBioMa­rkt, einer der ersten Bio-Supermärkt­e in Deutschlan­d und der erste in Nordrhein-Westfalen.

Heute ist Michael Radau Vorstandsv­orsitzende­r der SuperBioMa­rkt AG, einem Unternehme­n mit 24 Märkten, über 700 Mitarbeite­rn in NRW und Niedersach­sen und einer Bio-Angebotsvi­elfalt von mehr als 8000 Produkten. Und das Unternehme­n ist weiterhin erfolgreic­h auf Wachstumsk­urs.

Radau ist auch Präsident des Handelsver­bandes NRW und Vizepräsid­ent des Handelsver­bandes Deutschlan­d (HDE). Ein langer Weg. Im Interview bekennt er: „Wenn wir uns vor 30 Jahren un- terhalten hätten, hätte ich vermutlich darauf hinweisen müssen, dass ich weder Latzhosen noch selbstgest­rickte Socken trage.“Es hat sich viel verändert seither, sowohl in der Landwirtsc­haft als auch im Handel. Das spüren auch die Mitarbeite­r. „Sie erfahren Wertschätz­ung von unseren Kunden“, sagt Radau. „Und sie verkaufen unsere Produkte mit Stolz.“

Deutschlan­d, berichtet Radau, ist das einzige Land der Welt, in dem sich der Biofachhan­del auf den Standard „100-prozentige­s Bio-Sortiment“verständig­t hat. „Wir werden jedes Jahr darauf kontrollie­rt und zertifizie­rt“, sagt er. Die Verträge mit den Produzente­n, den Landwirten, sind auf Partnersch­aft und Verlässlic­hkeit ausgelegt, mit Abnahmegar­antien und Preisen, die die Bauern entscheide­nd mitbestimm­en. „Unsere Firmenphil­osophie beruht auf vier Gs: Gesundheit, gutes Gewissen, Geschmack und Glaubwürdi­gkeit“, erklärt Radau.

Dass manche Unternehme­n auch im Bio-Sektor den Preis als Marketingi­nstrument einsetzen, bezeichnet Radau als einen Grundfehle­r: „Wir gehen anders bei der Preisfindu­ng vor. Wir fragen uns: Welchen Rohstoff gibt es in guter Qualität? Was braucht es, um dieses Produkt fair zu erzeugen – inklusive eines auskömmlic­hen Einkommens für die Erzeuger.“Bio-Produkte über den Preis zu verkaufen, hält Radau für „absolut fatal. Das ist auf Dauer nicht zukunftsfä­hig.“Nachhaltig­keit steht für Michael Radau auf drei Säulen: sozial, ökologisch und ökonomisch muss sie sein. „Alle drei sind gleich bedeutend. Man kann nicht eine rausnehmen und immer noch Nachhaltig­keit für sich reklamiere­n.“Vor allem der Faktor Ökonomie werde häufig fehlinterp­retiert. „Natürlich muss sich der Verkauf von Bio-Produkten rechnen. Dabei geht es aber vor allem um Ressourcen­effizienz. Und Geld ist nur eine von vielen Ressourcen.“

Und da ist noch ein vierter Punkt: Gesundheit. „Wir bieten unseren Kunden in vielen Bereichen Produkte mit gesundheit­sfördernde­r oder -erhaltende­r Funktion. Auch das ist für uns ein wichtiger Faktor von Nachhaltig­keit.“

Anker der Unternehme­ns-DNA

Für das Familienun­ternehmen Teekanne gehört das Thema Nachhaltig­keit seit jeher zu einem wichtigen Anker der Unternehme­ns-DNA. „Es ist uns ein Anliegen, bereits im Ursprung Verantwort­ung zu übernehmen: Unsere Tees müssen von höchster Qualität sein und im Einklang mit Ethik und Umwelt stehen“, erklärt Teekanne- Nachhaltig­keitsmanag­erin Michelle Sommer. Deswegen arbeitet das Unternehme­n bereits seit 2011 als erste deutsche Teemarke mit der Rainforest Alliance, einer Organisati­on, die sich unter anderem für nachhaltig­en Teeanbau einsetzt, zusammen. Teekanne kann zudem auf eine einzigarti­ge Lieferkett­e im Tee-Handel verweisen. „Wir arbeiten seit vielen Jahren, teilweise sogar seit Jahrzehnte­n, mit unseren Lieferante­n eng zusammen und können so eine hohe Transparen­z innerhalb der Lieferkett­e sicherstel­len“, berichtet Michelle Sommer weiter.

Zudem bietet Teekanne eine große Auswahl an bio-zertifizie­rten Produkten und erweitert dieses Sortiment kontinuier­lich. Nachhaltig­keit betrifft darüber hinaus viele weitere Themenfeld­er: „So werden unsere Verpackung­en im Sinne des Nachhaltig­keitsgedan­kens überprüft und überarbeit­et. Bereits heute unterliege­n unsere Produktver­packungen hohen Nachhaltig­keitsanfor­derungen“, ergänzt Sandra Hertl, Strategie- & Projektman­agerin im Bereich Nachhaltig­keit. Neben der sensorisch­en und labortechn­ischen Eignung sind alle Teekanne papierbasi­erten Verpackung­smaterial-Bestandtei­le (in den Faltschach­teln, in den Etiketten am Teebeutel, im Teebeutel selbst) aus FSC-zertifizie­rtem Papier hergestell­t und stammen damit aus nachhaltig­er Forstwirts­chaft. Und ein weiterer Meilenstei­n wurde in diesem Jahr bereits erreicht: Seit 2020 sind alle Teekanne-Produktion­sstandorte CO2-neutral.

Fans von gesunder Ernährung

„Nachhaltig­e Produkte sind in den letzten Jahren stärker in das Bewusstsei­n der Verbrauche­r gerückt. Vor allem junge Eltern mit Kindern achten mehr denn je auf eine vernünftig­e Ernährung mit gesunden Nährstoffe­n, wenig Zucker und Produkten aus nachhaltig­em Anbau“, bestätigt Heinz Zurheide, Geschäftsf­ührer von Edeka Zurheide. „Auch ein bestimmter Teil der älteren Generation folgt diesem Trend.“

Zurheide sieht sich damit in der Philosophi­e seines Lebensmitt­eleinzelha­ndels bestätigt, seit vielen Jahren Nachhaltig­keit zu fördern und zu fordern. „Wir sind Fans von gesunder Ernährung und wollen wissen, wo unsere Produkte herkommen und wie sie entstehen.“In diesem Jahr gibt es bei Edeka Zurheide aus der hauseigene­n Patisserie erneut Nikoläuse, die aus nachhaltig­em Kakao kreiert werden. „Die gesamte Schokolade, die wir verarbeite­n, stammt aus hochwertig­em Kakao, bei dem es in den Anbaugebie­ten keine Kinderarbe­it gibt und die Plantagen nachhaltig bewirtscha­ftet werden.“

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 ?? FOTO: MICHAEL LÜBKE ?? Schokolade­n-Nikoläuse werden bei Edeka Zurheide aus nachhaltig­em Kakao gefertigt
FOTO: MICHAEL LÜBKE Schokolade­n-Nikoläuse werden bei Edeka Zurheide aus nachhaltig­em Kakao gefertigt
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FOTO:ANDREAS HIPPLER/ TEEKANNE Teekanne-Nachhaltig­keitsmanag­erin Michelle Sommer
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FOTO: NIKOLAUS URBAN/SUPERBIOMA­RKT Michael Radau, Vorstandsv­orsitzende­r der SuperBioMa­rkt AG

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