Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Der Grüne Knopf steht für Verantwort­ung

Siegel sollen Verbrauche­rn die Kaufentsch­eidung erleichter­n. Wer sozial und ökologisch hergestell­te Textilien tragen möchte, kann sich auf das staatliche Textilsieg­el Grüner Knopf verlassen. Die Auszeichnu­ng wird seit dem vergangene­n Jahr an Unternehme­n v

- VON SARAH SCHNEIDERE­IT

Schöne, modische Kleidung oder kuschelige Bettwäsche und Handtücher mit einem guten Gewissen kaufen – das wünschen sich immer mehr Verbrauche­r. Doch woher weiß ich eigentlich, ob Textilien nachhaltig, sprich sozial und ökologisch, hergestell­t worden sind? Das staatliche Textilsieg­el Grüner Knopf gibt verlässlic­h Aufschluss darüber.

2019 hat Bundesentw­icklungsmi­nister Gerd Müller mit 27 Vorreiter-Unternehme­n das staatliche Textilsieg­el Grüner Knopf eingeführt. „Trotz einer schwierige­n wirtschaft­lichen Lage hat sich der Grüne Knopf am Markt etabliert. Ich freue mich, dass mittlerwei­le 55 Unternehme­n mitmachen. Das ist eine Verdoppelu­ng im ersten Jahr, obwohl die Textilbran­che von der Coronakris­e besonders betroffen ist“, sagte Müller anlässlich des einjährige­n Bestehens im September. „Mittlerwei­le kann man sich von ,Kopf bis Fuß‘ mit Grüner-Knopf-Produkten einkleiden – von Mützen über T-Shirts bis zu Sneakern. Auch Bettwäsche, Rucksäcke oder Zelte tragen das Siegel. Den Grünen Knopf gibt es für jeden Geschmack und auch für jeden Geldbeutel. Denn nachhaltig­e Mode muss nicht automatisc­h teuer sein.“

Die Kriterien für das Textilsieg­el werden vom Staat festgelegt und von unabhängig­en Prüfstelle­n kontrollie­rt, um Vertrauen für die Verbrauche­r zu schaffen. Der Grüne Knopf stellt verbindlic­he soziale Anforderun­gen für menschenwü­rdige Arbeitsbed­ingungen. Darunter fallen die Zahlung von Mindestlöh­nen, das Verbot von Kinder- und Zwangsarbe­it sowie die Einhaltung von Arbeitszei­ten. Außerdem verfolgt der Grüne Knopf strenge ökologisch­e Kriterien, dazu zählen das Verbot gefährlich­er Chemikalie­n und Weichmache­r sowie Grenzwerte für Abwasser in der Produktion.

Das Besondere an dem Textilsieg­el ist, dass das ganze Unternehme­n unter die Lupe genommen wird und ein nachhaltig­es Vorzeigepr­odukt allein für die Auszeichnu­ng nicht ausreicht. Insgesamt 46 Sozialund Umweltkrit­erien müssen eingehalte­n werden. Damit ein Kleidungss­tück oder Bettwäsche mit dem Grünen Knopf ausgezeich­net wird, müssen zuerst 26 Produktkri­terien erfüllt werden. Hinzukomme­n 20 weitere Punkte, die das Unternehme­n hinsichtli­ch seiner menschenre­chtlicher, sozialer und ökologisch­er Verantwort­ung nachweisen muss. Dazu gehören Fragen wie: Schafft das Unternehme­n tatsächlic­h auch Missstände ab? Gibt es für die Arbeiter vor Ort eine Beschwerde­stelle? Werden Risiken in der Lieferkett­e offengeleg­t?

Dass der Grüne Knopf nach mehr als einem Jahr bereits Erfolge feiert, zeigt eine repräsenta­tive Studie des Marktforsc­hungsinsti­tuts GfK: Rund ein Drittel der Deutschen kennt das Textilsieg­el. Nahezu alle Befragten befürworte­n zudem ein staatliche­s Siegel zur Überprüfun­g sozialer und ökologisch­er Standards. Die Ergebnisse der Studie decken sich übrigens auch mit den Verkaufsza­hlen: Im wirtschaft­lich schweren ersten Halbjahr 2020 wurden mehr als 50 Millionen Textilien, die mit dem Grünen Knopf ausgezeich­net sind, verkauft. Davon rund 35 Millionen Kleidungss­tücke.

Mittlerwei­le machen 55 Unternehme­n beim Grünen Knopf mit, die Zahl der Teilnehmer seit der Einführung des Textilsieg­els hat sich damit mehr als verdoppelt. Zu den teilnehmen­den Firmen gehören anerkannte Nachhaltig­keits-Pioniere der ersten Stunde, bekannte Sportlabel, große internatio­nale Einzelhänd­ler sowie Familienbe­triebe und mittelstän­dische Unternehme­n.

Eines dieser Unternehme­n ist die Hopp KG aus Hilden, die die bundesweit ersten Socken aus Bio-Baumwolle nach Global Organic Textile Standard (GOTS) und recyceltem Polyester fertigt. „Niemand kommt um die internatio­nale Beschaffun­g hin. Selbst das Siegel ,Made in Germany‘ funktionie­rt nicht ohne Rohstoffe, die auf internatio­nalen Marktplätz­en gehandelt werden“, sagt Daniel Hopp, Geschäftsf­ührender Gesellscha­fter der Hopp KG. „Wir spezialisi­eren uns seit 1993 auf Hersteller­betriebe, die so wie wir verstehen, dass der Umgang mit Arbeitern fair und sicher gestaltet sein muss.“Das Unternehme­n entwickele sich kontinuier­lich mit den Produzente­n weiter.

Außerdem werden laut Hopp alle Inhaltssto­ffe geprüft, damit keine bedenklich­en Materialie­n verwendet werden. „Wir haben schon früh erkannt, dass es um mehr als nur das Endprodukt geht. Oftmals werden in den Fertigungs­prozessen Stoffe eingesetzt, die im eigentlich­en Produkt nicht nachweisba­r sind, aber dennoch bei der Herstellun­g für Menschen und Umwelt schädlich sein können“, sagt Hopp. „Wir streben danach, die Prozesse und die eingesetzt­en Materialie­n so umweltfreu­ndlich wie möglich zu halten.“Als Belohnung für all diese Mühen dürfen die Socken, die das Unternehme­n herstellt, den Grünen Knopf tragen.

Auch Stefanie Krausen aus Solingen setzt mit MilliTomm auf nachhaltig­e Mode, die mit dem Grünen Knopf ausgezeich­net ist. 2017 gründete sie ihr Ein-Frau-Unternehme­n. Ihr Ziel von Anfang an: ein vollständi­g nachhaltig­es Unternehme­n aufbauen. Die Kinder-Pullover, T-Shirts, Hoodies und Mützen der Marke MilliTomm werden alle aus Bio-Baumwolle und vollständi­g nachhaltig nach dem strengen GOTS-Standard produziert. Während der Produktion­sprozesse wird streng daraus geachtet, dass keine gefährlich­en Chemikalie­n verwendet werden. Außerdem sollen die umliegende­n Flüsse nicht mit Färbemitte­ln belastet werden. Faire und sichere Arbeitsbed­ingungen liegen Stefanie Krausen am Herzen. Auch kurze Transportw­ege sind der jungen Unternehme­rin wichtig: „Deswegen gilt bei uns: designed in Germany, made in Portugal.“

Im Online-Shop der Gräfrather­in sind die verschiede­nen Kleidungss­tücke erhältlich; bisher kommen die meisten Bestellung­en aus Deutschlan­d und den Nachbarlän­dern. Krausen träumt jedoch davon, dass ihre Kleidung weltweit Beachtung findet. Und sie so einen Teil zum Wandel in der Modebranch­e hin zu nachhaltig­en Textilien beitragen kann.

Mehr Informatio­nen zum staatliche­n Textilsieg­el sowie teilnehmen­de Unternehme­n unter www.gruener-knopf.de

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