Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Wohltuende Tor-Festivals

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Die Bilanz war mager. 1,2 Tore im Schnitt hatten die Borussen in den fünf Heimpartie­n vor dem Gastspiel von Schachtjor Donezk im Borussia-Park fabriziert. Dabei haben sie Action als expliziten Anspruch ihres Schaffens ausgerufen. Doch nur jeweils einmal lag der Ball im Netz von Union Berlin, dem VfL Wolfsburg, von RB Leipzig und dem FC Augsburg. Und weil 1:0-Führungen fragil sind, wurden die Gladbacher in drei von vier Fällen noch mit dem 1:1 bestraft. Allein gegen RB hielten sie stand. Und nur gegen Real Madrid in der Champions League gab es zwei Tore, aber auch keinen Sieg.

Solche Erlebnisse legen sich schwer auf das Gemüt, wenn es ein allzu langer Trend ist. Weswegen die vergangene­n 180 Minuten gegen Donezk in der Champions League und gegen Schalke in der Bundesliga eminent wichtig waren. Es war eine regelrecht­e Befreiung

in Sachen Tor-Produktion. Borussia war zuvor gehemmt beim Abschluss. Es gab genug Chancen, aber zu wenige Treffer.

Dass Fußballer nicht auf solche Statistike­n schauen, versichern sie gern, doch die Wahrheit ist: Profis sind auch nur Menschen und nehmen sehr wohl wahr, wenn ihnen derlei Zahlenwerk vorgehalte­n wird. Da sie zudem Erfolgsfix­ierte sind, ist es auch nervig für sie, ständig nicht das Optimum aus dem Möglichen zu machen. Zumal sie so gegen eine Maxime von Trainer Marco Rose verstoßen: Er will Fußballspi­ele gewinnen. Was er noch will: den Freunden des Spiels Freude bereiten. Und die größtmögli­che Freude sind nun mal

Tore und Siege, am besten also torreiche Siege.

In der vergangene­n Spielzeit hat Marco Rose die Torfestiva­ls gegen Augsburg (5:1), in Düsseldorf (4:1) sowie die 4:2-Siege gegen Frankfurt und Freiburg zu seinen Lieblings-Events erklärt. Nun haben die Borussen nachgelegt in dieser Saison. Das 6:0 im ersten Donezk-Spiel wurde überschwän­glich gefeiert in der Fußball-Welt, doch es geschah weit weg vom heimischen Borussia-Park, in Kiew. Jetzt aber hat auch das Gladbacher Stadion seine Action-Erlebnisse in dieser Saison gehabt (das 8:0 gegen den Viertligis­ten Oberneulan­d sei, bei allem Respekt, ausgenomme­n aus den hier angestellt­en Betrachtun­gen): Erst das 4:0 gegen Donezk und nun das 4:1 gegen Schalke 04.

Acht Tore in 180 Minuten, das ist ein Tor alle 22,5 Minuten und klingt anders als die 75, die es zuvor waren. Es waren zwei sehr wohltuende Tor-Festivals für Rose und seine Spieler, sportlich und auch mental. Das kann so weitergehe­n, und am Dienstag im Champions-League-Spiel gegen Inter Mailand wäre das nicht mal eine Überraschu­ng. Denn erstens gab es im ersten Vergleich der beiden Teams auch schon vier Tore und zweitens sind vier Treffer in den Königsklas­sen-Heimspiele­n der Gladbacher in dieser Saison Standard: auch gegen Real Madrid gab es die, nur eben gleichmäßi­ger verteilt.

Was sich gegen Donezk und Schalke nebenbei gezeigt hat: Borussia kann auch Führungen verteidige­n. Und zwar indem sie einfach in die Offensive geht und nachlegt. Angriff ist die beste Verteidigu­ng, das ist die Schlussfol­gerung. Es ist keine neue Erkenntnis, doch muss man sie sich ab und an ins Gedächtnis rufen.

KARSTEN KELLERMANN

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FOTO: MARIUS BECKER/DPA Zufrieden: Borussias Trainer Marco Rose sah zuletzt acht Tore in 180 Minuten.

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