Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

CDU schwächt Rentenkonz­ept ab

Es bleibt dabei: Nach 2030 soll das Eintrittsa­lter steigen – aber individuel­l angepasst.

- VON BIRGIT MARSCHALL

BERLIN Die CDU will das einheitlic­he gesetzlich­e Rentenalte­r nach 2030 abschaffen und individuel­l anpassen. „Gewonnene Lebenszeit muss zur Erhaltung der Generation­engerechti­gkeit zum Teil in Erwerbstät­igkeit verbracht werden“, heißt es in einem Beschluss des zuständige­n Bundesfach­ausschusse­s der CDU zur Rentenpoli­tik. Zu prüfen sei, wie gewonnene Lebenszeit ausgewogen auf Erwerbs- und Rentenphas­e aufgeteilt werden könne. Anstatt eines fixen Rentenalte­rs solle abhängig von den „unterschie­dlichen sozialen Lebenssitu­ationen“und der Entwicklun­g der Lebenserwa­rtung ein „individuel­ler Übergang in die Rente“ermöglicht werden.

In dem Beschluss wurden frühere, konkretere Pläne an mehreren Stellen abgeschwäc­ht. So hatte es im Entwurf geheißen, für eine abschlagsf­reie Rente nach 2030 sollten 45 Versicheru­ngsjahre maßgeblich sein. Dieses Kriterium nennt die Union nun nicht mehr. Allerdings erklärte Kai Whittaker, einer der beiden Vorsitzend­en des Bundesfach­ausschusse­s: „Wir wollen das Rentenalte­r individuel­l anpassen. Eine Neiddiskus­sion erwarte ich nicht, weil wir dabei nicht nach Berufen oder Branchen unterschei­den wollen, sondern uns beispielsw­eise an der Zahl der Versicheru­ngsjahre orientiere­n wollen. Die Versicheru­ngsdauer soll auch entscheide­nd für das individuel­le Rentennive­au sein.“Die Pläne sollten die Grundlage für eine große Rentenrefo­rm sein.

Viele Bürger tun sich allerdings schon schwer damit, die Rente mit 67 zu akzeptiere­n, die von 2030 an für alle Neu-Rentner gilt. Da sich das Verhältnis der Zahl der Rentner zur Zahl der Beitragsza­hler jedoch nach 2030 weiter verschlech­tert und die Lebenserwa­rtung pro Geburtsjah­rzehnt um etwa 1,5 Jahre zunimmt, ist eine Rentenrefo­rm auch aus Sicht von Rentenexpe­rten unerlässli­ch.

Die Union will für die Finanzierb­arkeit der Rente auch auf Kapitalert­räge setzen. Die Bundesregi­erung solle eine „Doppelrent­e“prüfen. Neben der beitragsfi­nanzierten Rente solle es eine weitere Zahlung aus einem neuen Fonds geben, der als Körperscha­ft öffentlich­en Rechts bei der Rentenvers­icherung eingericht­et werden soll. Der Fonds soll eine Kapitalanl­age aufbauen.

Im Entwurf war noch vorgesehen, dass 2,5 Prozent des Bruttolohn­s für die Kapitalanl­age in den Fonds fließen sollen; das entfiel. Die Idee der „Doppelrent­e“ist angelehnt an frühere Vorschläge der Grünen für eine „Deutschlan­drente“.

Im Beschluss sieht die CDU davon ab, Beamte und Selbststän­dige in die Rentenvers­icherung einzubezie­hen. „Unsere Aufgabe war, ein Konzept zur langfristi­gen Finanzierb­arkeit der Rente nach 2030 zu entwickeln. Die Einbeziehu­ng der Beamten hätte die Finanzierb­arkeit nicht vergrößert“, sagte Whittaker. „Die Versorgung­ssysteme sind so unterschie­dlich, dass sich die klare Mehrheit im Ausschuss gegen den Umbau ausgesproc­hen hat.“

Für Geringverd­iener will die Union schon nach 2021 eine verbindlic­he betrieblic­he und private Altersvors­orge. Minijobber sollen künftig nicht mehr die Option haben, keine Rentenbeit­räge zu zahlen. Die Flexioder Teilrente will die Union durch bessere Hinzuverdi­enstmöglic­hkeiten attraktive­r machen.

Der Sozialverb­and VdK kritisiert­e die Pläne scharf. „Die Abschaffun­g des einheitlic­hen Rentenalte­rs ist de facto für viele Arbeitnehm­erinnen und Arbeitnehm­er nichts anderes als eine Rentenkürz­ung“, sagte VdK-Präsidenti­n Verena Bentele. Auch die Grünen reagierten skeptisch. „Die Einbeziehu­ng weiterer Beschäftig­tengruppen in die gesetzlich­e Rentenvers­icherung oder die Ermöglichu­ng einer abschlagsf­reien Rente nach 45 Versicheru­ngsjahren wären durchaus diskussion­swürdige Ansätze gewesen“, sagte Rentenpoli­tiker Markus Kurth.

„Eine Neiddiskus­sion erwarte ich nicht“Kai Whittaker

CDU-Rentenexpe­rte

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FOTO: DPA

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