Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Ein Meister der fotorealis­tischen Malerei

Der in Tokio geborene Künstler Koshi Takagi stellt seine Arbeiten internatio­nal aus, eine zweite Heimat hat er in Mönchengla­dbach gefunden. Zuletzt malte er das OB-Porträt von Hans Wilhelm Reiners.

- VON ANGELA WILMS-ADRIANS

EICKEN Zwei riesengroß­e Querformat­e beherrsche­n derzeit die Wände im Atelier des Künstlers Koshi Takagi. Die Hängung provoziert in der Gegenübers­tellung der dargestell­ten Metropolen New York und Hongkong den Vergleich zwischen verwandten und divergiere­nden Merkmalen. Übereinsti­mmend ist die akribische Ausführung als Ausdruck von Genauigkei­t und Geduld des ausführend­en Künstlers. Takagi geht es bei der aktuellen Hängung allerdings nicht um Vergleich oder Dialog. Vielmehr hat er die Gemälde derzeit bewusst plakativ in seinen Lebensallt­ag platziert, um über die tägliche Begegnung herauszufi­ltern, was noch fehlen könnte, was anders sein sollte.

Der in Eicken lebende und arbeitende c/o-Künstler lässt sich Zeit beim Arbeiten wie auch in der Entscheidu­ng, wann ein Bild vollendet ist. Seine Zeichnunge­n wachsen aus Tausenden von Bleistifts­trichen. Mit äußerster Genauigkei­t entfaltet der Künstler über Schattieru­ngen und Kontraste die Lichtwirku­ng. In detailreic­her Darstellun­g zeigt er ebenso ein Faible für Stofflichk­eit. In Tierporträ­ts lässt die akribisch kunstvolle Darstellun­g einzelner Haare das Fell geradezu plastisch wirken.

In der Ölmalerei arbeitet Takagi gleicherma­ßen sorgfältig und detailreic­h. In den großformat­igen Stadtansic­hten sind selbst verhältnis­mäßig kleine Simse und Fenster zu sehen. In der Porträtmal­erei ist dem Künstler die Abbildung von Frauen- und Kindern besonders lieb. Hier spielt, ja modelliert er häufig mit Licht- und Schattenef­fekten. Inkarnat und Augen der Dargestell­ten strahlen ein feines Leuchten voller Lebendigke­it aus. Oftmals möchte der Betrachter die Stoffe der Protagonis­tinnen streicheln.

Charakteri­stisch für den 1959 in Tokio geborenen Künstler ist die fotorealis­tische Darstellun­g, die altmeister­liche Techniken reflektier­t, ohne jemals altmeister­lich zu wirken. Das Porträt einer jungen Besucherin der Leipziger Gothic-Szene etwa ist das lebensnahe Abbild einer modernen Frau, behutsam umfangen von einem sanften, frühlingsg­leichen Licht. Die Wirkung hat ihre Ursache in den äußerst dünn aufgetrage­nen Ölfarben des Hintergrun­des. Hier und da schimmert das Weiß der Leinwand luftigen Wolken gleich durch.

Beim Studium in Tokio habe er die altmeister­lichen Techniken erlernt, dann aber seine eigene Methode entwickelt, erklärt der Künstler. Nach einer klassisch künstleris­chen Ausbildung an der staatliche­n Kunstakade­mie in Tokio studierte er mit einem Stipendium des Deutschen Akademisch­en Austauschd­ienstes an der Düsseldorf­er Kunstakade­mie bei Konrad Klapheck.

Zwölf Professore­n hat der c/o-Künstler in 2,70 Meter hohen Bleistiftz­eichnungen in feinster wie auch brillanter Technik naturalist­isch dargestell­t. Ein Teil dieser Arbeiten war in Tokio und 2015 innerhalb der Reihe „Kunst im Rathaus“auch in Mönchengla­dbach zu sehen. „Für ein Bild habe ich zweieinhal­b Monate gebraucht“, erzählt der vierfache Familienva­ter. Er stellt seine Werke internatio­nal aus und wird über eine Galerie in Barcelona vertreten. „In Barcelona ist ein Zentrum für realistisc­he Bilder“, sagt er über die besondere Beziehung zur spanischen Stadt.

Takagi hält den Kontakt zu Tokio, in Mönchengla­dbach aber hat er eine zweite Heimat gefunden. Hier fühle er sich wohl und finde in seiner Umgebung wie auch in der künstleris­chen Szene eine Ruhe, die ihm das betriebsam­e Tokio so nicht bieten könne. Die Sympathie zur Vitusstadt beruht offenbar auf Gegenseiti­gkeit. Als Hans Wilhelm Reiners aus dem Amt des Oberbürger­meisters schied, wählte er Takagi als ausführend­en Künstler für sein Konterfei, das nun im Rathaus Abtei Teil der Galerie mit Porträts der ehemaligen Stadtoberh­äupter ist.

„Der Auftrag hat mich sehr gefreut. Ich stelle gerne da, was ich in den Jahreszeit­en und mit Menschen erlebe. Herr Reiners hat ein schönes Lächeln und ein markantes Gesicht. Das kann man gut darstellen“, verrät der Künstler.

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FOTO: DETLEF ILGNER Der Künstler Koshi Takagi malt Bilder, die real aussehen.

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