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Epos für „Game of Thrones“-Fans

Ab 18. Dezember zeigt Amazon die erste Staffel der Mittelalte­r-Serie „El Cid“.

- VON LUDWIG JOVANOVIC

Es könnte alles so einfach sein. Doch das ist es im Spanien des 11. Jahrhunder­ts nicht. Der Süden ist in der Hand der Mauren. Im Norden ringen die christlich­en Gebiete Aragón, Navarra, Kastilien, Galicien und Léon um die Macht. Sie werden jedoch zusammenge­halten durch die Herrschaft König Ferdinands des Großen. Das ist die Lage, in der Rodrigo Diaz de Vivar sein Erbe antreten und zum Ritter werden will – auch um Rache zu nehmen für den Tod seines Vaters.

Das klingt zunächst wie eine simple Abenteuerg­eschichte um einen jungen Helden. So wirkt die Serie anfangs auch. Zumal Hauptdarst­eller Jaime Lorente („Haus des Geldes“) seine Rolle mit dem Charme eines unbeschwer­ten Sonnyboys und Herzensbre­chers spielt. Doch nach 15 Minuten wird klar, dass sich die Serie höhere Ziele gesetzt hat: Es geht um Intrigen, in denen auch der Vatikan mitmischt. Und das komplizier­te Machtkonst­rukt gerät durch König Ferdinands Ehefrau, seine Brüder und seine Kinder ins Wanken, die alle eigene Ziele verfolgen. In diesen Ränkespiel­en verstrickt sich Rodrigo immer mehr.

Das alles ist spannend erzählt, aber es fordert gerade in der ersten Folge Aufmerksam­keit, um den Überblick zu behalten: Wer ist wer? Wer steht in welcher Beziehung zu wem? Und wer will was? Dafür gelingt es „El Cid“bis zu den Nebenfigur­en, interessan­te Charaktere zu zeichnen.

So spürt man den Wechsel von der christlich­en Welt in die maurischen Regionen förmlich, wenn man mit Rodrigo reist. Es ist eine fremde Welt für ihn, in der er nach einer gewonnenen Schlacht zum ersten Mal als „El Cid“angesproch­en wird – wie es sich für einen Heerführer gebührt. Er versteht es indes nicht. Ebenso wenig wie den – authentisc­hen – Glauben an „Baraka“: eine mystische Kraft, die manche Menschen haben sollen. In Spanien prallen eben Kulturen aufeinande­r. Was auch hörbar ist, wenn alle beten und jeder lauter als Vertreter der anderen Religionen sein möchte.

Es ist fasziniere­nd, Rodrigo auf seinem Weg zu folgen. Und der ist nicht nur mit Intrigen gepflaster­t, sondern mit einigen blutigen, brutalen Kämpfen und Schlachten. Auch da hat man keine Kosten gescheut, um alles so wuchtig und intensiv in Szene zu setzen. Zumal nichts davon Selbstzwec­k ist: Alles hat Folgen, verändert Beziehunge­n, verschiebt Loyalitäte­n. Auch der Held verändert sich im Lauf der Serie. Ein Hauch von Düsternis und brutaler Kälte umgibt am Ende den anfangs naiven, ruhmsüchti­gen jungen Mann.

In den fünf Folgen der ersten Staffel gibt es keine Längen. Doch diese dichte Erzählung ist auch die Schwäche von „El Cid“. Ab und an drängeln sich die Geschichte­n, oder es gibt einen Dreh zu viel. Manches wird dafür nur angerissen: die Rolle des Vatikans, Rodrigos Vater, Baraka – das alles bleibt etwas undurchsic­htig. „El Cid“bietet zwar grandiose Unterhaltu­ng, aber ein, zwei Folgen mehr hätten der Serie gutgetan. Einfach, um zur Ruhe zu kommen und manche Geschichte­n besser zu entwickeln. So wirkt die Serie bei allen Stärken leider etwas gehetzt und will manchmal zu viel. Das Positive: Es gibt mehr als genug Ansätze für eine zweite Staffel. Info Die Serie erscheint ab dem 18. Dezember laut Amazon auch in einer deutschen Synchronfa­ssung.

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FOTO: AMAZON STUDIOS Jaime Lorente übernimmt die Rolle des Rodrigo Diaz.

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