Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Obdachlose erhalten Hilfe im Lockdown
Männer und Frauen, die auf der Straße leben, sind stark von der Corona-Pandemie betroffen. Viel Unterstützung ist ihnen weg gebrochen. Doch einige Vereine bieten weiter Hilfe an – so gut es im Lockdown geht.
Männer und Frauen, die auf der Straße leben, sind stark von der Corona-Pandemie betroffen. Einige Vereine bieten weiter Unterstützung an.
MÖNCHENGLADBACH Meteorologen sprechen seit dem 1. Dezember offiziell vom Winter. Obdachlose aus der Stadt haben die Jahreszeit jedoch auch schon früher zu spüren bekommen. Ende November fielen die Temperaturen in Mönchengladbach vor allem nachts schon unter den Gefrierpunkt. Das kalte Wetter verschärft die Lage dieser Menschen immens. Denn sie leiden bereits stark unter dem Lockdown aufgrund der Corona-Pandemie.
„Nahezu sämtliche Möglichkeiten sich aufzuhalten, außer im Freien, sind nicht mehr vorhanden“, sagt Martin Dalz, Geschäftsführer vom Verein „Wohlfahrt“. Derzeit sei es für Obdachlose etwa unmöglich, sich kurz in einem Café aufzuwärmen. Wegen der Hygienebestimmungen seien zudem weniger Leute auf der Straße unterwegs, was das Betteln extrem erschwere. „Trotz Vorweihnachtszeit ist auch samstags wenig los in der Innenstadt“, berichtet Dalz. „Das bedeutet auch weniger Ertrag für die Obdachlosen.“
„Die gesamte Situation ist enorm schwierig für die Obdachlosen“, sagt auch Brigitte Bloschak vom Diakonischen Werk. Das nach ihrer Ansicht größte Problem: Weil Jobcenter und andere Ämter wegen des Lockdowns geschlossen seien, sei es für Obdachlose schwerer, Anträge zu stellen. Zudem dauere es länger, bis sie finanzielle Hilfe erhielten. „Sie bekommen ihr Geld nicht, was sie aber dringend brauchen“, sagt Bloschak. „Sie sind vollkommen mittellos.“Die Mitarbeiter der Zentralen Beratungsstelle seien dann Vermittler, aber nur mit begrenzter Kapazität. Normalerweise kämen bis zu 60 Klienten an einem Vormittag. Das sei derzeit nicht machbar. Zudem sei oftmals nicht genügend Zeit für die einzelnen Anliegen.
Der Lockdown blieb für die ehrenamtlichen Helfer nicht ohne Folgen. „Wir haben uns selbst entschieden, kein Essen auszuteilen,“sagt Iris van
Montfort-Eickhoff vom Verein „Suppentanten“. „Das Risiko war einfach zu groß, da viele Helfer Risikopatienten sind. „Das ist ein schlimmer Schlag für die Obdachlosen, vor allem wenn es kälter wird“, ergänzt sie. Deshalb hätten Vereinsmitglieder bei Notfällen trotzdem ausgeholfen. Ab 5. Dezember sind die „Suppentanten“dann wieder unterwegs und verteilen unter anderem warme Mahlzeiten an Bedürftige. Jeden Samstag gibt es dann wieder eine Suppe „to go“.
Besser läuft es für den Verein „Wir für MG“. „Wir haben keine Pause gemacht“, sagt Tina Richter. „Sonst haben die Obdachlosen auch große Probleme.“Besonders der Kältebus sei nun wichtig, er sei bis zu drei Mal in der Woche unterwegs. Dort erhalten Obdachlose warme Anziehsachen und Schlafsäcke. Doch auch
Lebensmittel und Mahlzeiten teilt der Verein weiter aus. „Viele Firmen und Bürger spenden“, sagt Richter. „Nur deshalb können wir weiter unterwegs sein.“
Die Einrichtungen, die weiter geöffnet sind, kämpfen indes mit Einschränkungen. Der Tagestreff des Vereins „Wohlfahrt“an der Erzbergerstraße darf nur begrenzt Obdachlose hereinlassen. Zudem dürfen sie sich dort nicht länger als eine halbe Stunde aufhalten, um so vielen Menschen wie möglich das Angebot zu ermöglichen. Jeden Tag gibt es ein Frühstück, und drei Mal in der Woche ein Mittagessen. Tische und Stühle sind reduziert, es können sich nur zwölf Leute gleichzeitig aufhalten. Dabei sei die Nachfrage groß, es kämen derzeit viele Obdachlose, berichtet Dalz. „Es nimmt gerade sehr zu“, sagt er.
Die Notunterbringung vom Diakonischen Werk an der Jenaer Straße wird ebenfalls nur eingeschränkt genutzt. Normal können dort 30 Männer schlafen, zurzeit nur 20 wegen der Hygienebestimmungen. Ausgelastet sei das Haus jedoch noch nicht, sagt Bloschak. „Sollte es doch voll sein, gibt es eine Absprache mit der Stadt, die dann eine Alternative für die Obdachlosen schaffen muss.“In den Tagesaufenthalten, den Cafés Pflaster, dürfen sich nur sieben Menschen aufhalten, wo üblich bis zu 40 hinein passen. Deshalb dürfen derzeit nur Leute das Angebot in Anspruch nehmen, die tatsächlich wohnungslos sind. Doch der Andrang ist groß. „Obdachlose warten bei kälteren Temperaturen draußen, bis sie hinein dürfen, obwohl sie sich dringend aufwärmen müssten“, berichtet Bloschak.
Hilfe erhalten der Verein „Wohlfahrt“und das Diakonische Werk von der Tafel. Sie liefert jede Woche dringend notwendige Lebensmittel und Getränke. Es seien genug Spenden vorhanden, um die Versorgung der Obdachlosen und der anderen Bedürftigen sicherzustellen, berichtet Monika Bartsch, Vorsitzende der Tafel Mönchengladbach. „Das ist gesichert“, sagt sie.