Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
„La Vince Vita“gab es nur einmal
2017 war es eine gute Idee, den Italiener Vincenzo Grifo zu holen. Doch es passte nicht mit ihm und Gladbach.
2017 war es eine sehr gute Idee, den Italiener Vincenzo Grifo zu holen. Doch es passte nicht mit ihm und Gladbach.
Es war eigentlich eine richtig gute Idee, die Borussias Manager Max Eberl und der damalige Trainer Dieter Hecking im Sommer 2017 hatten. Vincenzo Grifo hatte beim SC Freiburg eine tolle Saison gespielt und brachte alles mit, was Borussia bereichern konnte: eine feine Technik, präzise Standards, Unterschied-Qualitäten, einen hohen Typ-Faktor. Dass er zudem dank einer Aufstiegsklausel günstig zu haben war, war ein typischer Eberl.
Es passte also erst mal alles in dieser Liaison, es schien nur eine Frage der Zeit, wann Grifo das erste italienische Tor überhaupt in der Borussen-Historie erzielen würde. Spätestens am 28. Oktober 2017 nach dem 3:1 gegen die TSG 1899 Hoffenheim schien er final angekommen im Gladbacher Spiel, es war der Tag, an dem unsere Redaktion sagte: „Grazie, Vince!“Danke für ein wunderbares Fußballerlebnis.
„Es war die pure Lust am Kicken, die der Italiener auslebte. Er ist Instinktfußballer, spielt aus dem Bauch heraus und mit Herz. Das ist Fußball mit Gefühl, der etwas hat vom süßen Leben, von ‚La Dolce Vita’, indes erlebt als ‚La Vince Vita’: Fußball wie Pasta von Mama, kreativ, genuss- und liebevoll. Grifo hat den Fußballnachmittag zum Erlebnis gemacht. (...) Am Samstag war es wie ein Ausbruch des Ätna, all die aufgestaute Energie sprudelte aus ihm heraus, es gab fast keine gefährliche Szene, an der Borussias Nummer 32 nicht beteiligt war. Grifo hat es genossen, das war in jeder Sekunde spürbar“, das war die Würdigung seiner Arbeit, die er an diesem Tag zur Kunstform erhob und mit der er mächtig beeindruckte.
„Nehmen wir das als Versprechen! Wenn Hoffenheim der Appetitanreger war, wie wird dann der Hauptgang? Das Dessert? Mehr, mehr, mehr, mag man ihm (und Trainer Dieter Hecking) zurufen. Hecking hat Grifo erklärt, warum er vorher nicht gespielt hat, Grifo hat an sich gearbeitet, hat nicht nur offensiv gezaubert, sondern auch defensiv seriös gearbeitet, er hat den Frust abgeschüttelt und gegen die Lust eingetauscht“, so ging es weiter im Text.
Doch aus Lust wurde wieder Frust. So gab es nur dieses eine Mal „La Vince Vita“bei Borussia. Grifo schaffte es nicht, sich zu verbinden mit dem, was in Gladbach nötig war, Trainer Hecking fand keinen
Weg, den Individualisten nachhaltig zu integrieren. Dabei hätte es auch deswegen eine gute Geschichte werden können, weil Heckings Co-Trainer Dirk Bremser spezialisiert ist auf Standards, sodass man die Phantasie haben durfte, dass Grifo einer sein könnte, der ein veritabler Nachfolger des unglaublichen Standardkünstlers Juan Arango hätte werden
können. 18 Einsätze kamen für Grifo zusammen und vier Torvorlagen, zwei davon an seinem großen Tag in Sinsheim.
Das erste italienische Tor gab es nicht, im Sommer 2018 war Grifo schon wieder weg, sein neuer Klub war Hoffenheim. Auch da ging es nicht so recht voran, erst nach seiner Rückkehr zum SC Freiburg Anfang 2019 war er wieder der Grifo, der Spaß machte.
Inzwischen ist er Nationalspielers Italiens und hat zuletzt im Freundschaftsspiel gegen Estland seine ersten beiden Tore für die „Squadra Azzurra“erzielt. Grifo, der bald Vater wird, hat seit der Episode am Niederrhein schon gegen Gladbach getroffen beim 1:1 im März 2019, es war eines der Spiele, die Gladbach in der Saison 2018/19 die Champions League kosteten.
Dass Grifo am Samstag gerne selbst für den zweiten Saisonsieg seines aktuellen Teams sorgen würde, darf man voraussetzen. Zuletzt in Augsburg hat er getroffen, zum dritten Mal in dieser Saison. Dass es Grifo in Freiburg kann, weiß Max Eberl, Schließlich hat er sich deswegen vor drei Jahren entschieden, Grifo zu holen. Es war eine richtig gute Idee, die aber nicht aufging.