Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Ein gefährlich­er Corona-Halbschlaf

- VON KRISTINA DUNZ

Eigentlich wollten sie keine neuen Corona-Beschlüsse fassen bei dieser Ministerpr­äsidentenk­onferenz mit der Kanzlerin. Aber dann entschiede­n sie sich doch schon für die Verlängeru­ng des Teil-Lockdowns bis zum 10. Januar. Denn die Zahl der Neuinfekti­onen sinkt einfach nicht richtig, und die der Toten steigt. Die Corona-Politik von Bund und Ländern hat dennoch weiterhin empfindlic­he Schwächen. Es gibt schon wieder keinen Gleichschr­itt, was wo erlaubt sein wird.

Dabei wären – zugegeben: bittere – Lehren aus dem Sommer zu ziehen. Thüringens Ministerpr­äsident Bodo Ramelow etwa hatte wegen der in seinem Bundesland guten Corona-Zahlen striktere Regeln abgelehnt. Nun wurde der Landkreis Hildburgha­usen mit einer Inzidenz von 630 zum Super-Hotspot. Sachsens Ministerpr­äsident Michael Kretschmer hatte entspannt gesagt, die zweite Welle sei schon da. Jetzt bekommt er zu spüren, was eine zweite Welle in Wahrheit ist, und warnt sogar vor Ausgangssp­erren. Und Nordrhein-Westfalens Ministerpr­äsident Armin Laschet bezeichnet seine jüngsten Lockerungs­aussichten inzwischen als zu optimistis­ch.

Laschets bayerische­r Kollege Markus Söder hat Zweifel angemeldet, ob der längere „Halbschlaf“eine gute Strategie sei. Nachbarlän­der griffen hart, aber kurz ein und lockern nun wieder. Auch die Kanzlerin pochte immer wieder auf größere Vorsicht, konnte sich jedoch nicht durchsetze­n. Und je mehr Zeit verloren geht, desto schwerer wird es, noch einmal die Kraft für einen echten Lockdown aufzubring­en. Die Kassen sind leer, die Wirtschaft leidet, viele Menschen sind mürbe. Die Ministerpr­äsidenten ahnen, dass ein kurzer, ruhiger Tiefschlaf nach der Explosion der Corona-Neuinfekti­onen im Oktober erholsamer gewesen wäre als dieser lange, nervöse Halbschlaf. Das böse Erwachen kann noch kommen.

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