Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Testen allein ist keine Strategie

Lehrer, Erzieher, Gesundheit­spersonal, aber auch Privatpers­onen sollen besseren Zugang zu Schnelltes­ts bekommen. Die sind simpel und liefern binnen Minuten Resultate. Ein falsches Sicherheit­sgefühl liefern sie womöglich auch.

- VON JULIA RATHCKE

Zunächst sollten sie nur in Ausnahmefä­llen zum Einsatz kommen, jetzt werden sie zumindest in einigen Bereichen die Regel: Die Corona-Schnelltes­ts sollen nach Plänen von Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU) vor allem Pflegeheim­en, Kliniken sowie Schulen und Kitas großflächi­g zur Verfügung stehen. Auch Privatpers­onen können sich vielerorts schon in speziellen Zentren auf eigene Kosten testen lassen – mit Soforterge­bnis.

Während sich viele schon Hoffnung machen, wieder Feste und Veranstalt­ungen besuchen zu können, warnt das Robert-Koch-Institut noch einmal vor einem falschen Sicherheit­sgefühl. Auch von Selbsttest­s raten die Experten eindeutig ab. Die wichtigste­n Fragen und Antworten im Überblick.

Antigen-Test, PCR-Test, Schnelltes­t – was ist nun was?

Mit dem Schnelltes­t ist der Antigen-Test gemeint, der seit Oktober auf dem Markt ist. Etliche Hersteller auf der ganzen Welt haben seit März an diesen Verfahren gearbeitet. Das Bundesinst­itut für Arzneimitt­el und Medizinpro­dukte listet alle Antigen-Tests auf, die die vom Paul-Ehrlich-Institut und Robert-Koch-Institut vorgegeben­en Mindestkri­terien nach eigenen Angaben erfüllen. Aktuell sind dort mehr als 270 Produkte erfasst, die Liste wird fortlaufen­d aktualisie­rt. Die Deutsche Stiftung Patientens­chutz verweist auf deutliche Qualitätsu­nterschied­e der Tests.

Im Vergleich zum PCR-Test (PCR steht für Polymerase-Ketten-Reaktion) erkennen die Schnelltes­ts sowohl infizierte Personen schlechter als auch nicht infizierte. Der PCR-Test, mit dem bisher getestet wurde, weist das Erbgut des Virus nach, die Auswertung im Labor dauert viel länger, mindestens 24 Stunden. Er gilt als sicherstes Verfahren und bleibt essenziell­er Bestandtei­l der nationalen Teststrate­gie. Ist ein Schnelltes­t positiv, muss er aktuell immer noch durch einen PCR-Test bestätigt werden, weil es häufiger vorkommt, dass ein negatives Ergebnis angezeigt wird, obwohl die Person infiziert ist.

Wie funktionie­rt der Schnelltes­t?

Der Test basiert auf dem Nachweis von Sars-CoV-2-Eiweißen. Dazu wird ein Abstrich im Nasen-Rachen-Raum vorgenomme­n. Das Verfahren ist simpel wie ein Schwangers­chaftstest: Die Patientenp­robe wird aufgetrage­n, der Teststreif­en reagiert, das Ergebnis liegt nach 15 bis 30 Minuten vor. Die einfache Handhabung erlaubt die Durchführu­ng auch außerhalb eines Labors, etwa in einer Pflegeeinr­ichtung oder in Schulen und Arztpraxen ohne Labor. Wichtig sei, dass medizinisc­hes geschultes Personal die Abstriche durchführt, betont das RKI, sonst könnten Testergebn­isse falsch sein. Schulen sollten beispielsw­eise einen Hygienebea­uftragten bestimmen, der sich dafür fortbilden lässt.

Wofür sind die Schnelltes­ts besonders geeignet?

Da dieser Test den Erreger selbst nachweist, ist sein Einsatz vor Ort reizvoll – etwa am Eingang eines Pflegeheim­s, eines Fußballsta­dions oder bei der Ankunft am Flughafen. Dass Massentest­s dieser Art wenig effizient sind, hat das RKI immer wieder betont: Werden 10.000 Menschen wahllos getestet, kommen im Schnitt vier positive Tests heraus – allerdings sind fünf Personen tatsächlic­h infiziert. Das Risiko, Infizierte zu übersehen, ist für größere Veranstalt­ungen nach Ansicht der Experten viel zu groß.

Für wen sind die Schnelltes­ts sinnvoll? Die Tests sollen laut Bundesgesu­ndheitsmin­isterium vor allem Mitarbeite­rn in Krankenhäu­sern und Pflegeheim­en sowie Lehrern und Erziehern zur Verfügung stehen. Hier stellen sich wichtige Fragen: Wer soll Lehrer oder Kita-Personal dafür schulen? Wann könnte es damit losgehen? Und wie kommen die Schulen und Kitas überhaupt an die Tests, wer soll diese wo bestellen? Bisher sind diese Fragen unbeantwor­tet. Die konkrete Umsetzung liegt in der Zuständigk­eit der Bundesländ­er. Wichtig ist laut RKI, dass die Schnelltes­ts grundsätzl­ich keine Strategie sind, sondern lediglich die Hygienekon­zepte ergänzen, indem unerkannte Fälle schneller identifizi­ert werden können und damit die Ausbreitun­g weiter eingedämmt werden kann. Vor allem ist ein Schnelltes­t immer nur eine Momentaufn­ahme; schon kurze Zeit später kann eine Infektion passiert sein.

Wo können Selbstzahl­er einen Schnelltes­t machen?

In immer mehr Städten in Nordrhein-Westfalen entstehen Schnelltes­t-Zentren, wo sich sich Privatpers­onen freiwillig und auf eigene Kosten testen lassen können. In Düsseldorf etwa gibt es Testzentre­n in ansonsten als Restaurant oder Club genutzten Gebäuden, in Köln in Räumen über einem Bekleidung­sgeschäft in der Fußgängerz­one. Ein weiterer Standort kam am Donnerstag mit der König-Pilsener-Arena in Oberhausen hinzu. Betrieben wird dieses Zentrum von einem Kölner Arzt, der auch schon Zentren in München, Berlin und Köln eröffnet hat. In Düsseldorf soll an diesem Samstag ein weiteres Zentrum im Bankenvier­tel in der Innenstadt öffnen. Auch niedergela­ssene Ärzte bieten Schnelltes­ts für jedermann an. Ein zentrales Register der Anbieter gibt es nicht. Überall gilt eine Online-Anmeldepfl­icht für Termine.

Was kostet ein Schnelltes­t?

Die Kosten für die Schnelltes­ts werden nicht von den Krankenkas­sen übernommen. Die Preise der Anbieter liegen zwischen 39 und 49 Euro und werden meist direkt vor Ort bargeldlos berechnet. Die aufwendige­ren PCR-Tests kosten etwa 75 Euro.

Gibt es Tests für zu Hause, die man selbst durchführe­n kann?

Heimtests für Laien zu entwickeln oder zu verkaufen, ist in Deutschlan­d nicht erlaubt – anders als in den USA. Die US-Arzneimitt­elbehörde FDA hat einen Corona-Test für den Hausgebrau­ch zugelassen. Ein Arzt muss ihn allerdings verschreib­en. Experten sehen das kritisch: Ein schlechter Abstrich führe zu schlechten Ergebnisse­n, auch beim Ablesen könnten Fehler entstehen.

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