Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Böllerwerfer vom Rhein-Derby muss mehr als drei Jahre in Haft
22 Menschen wurden verletzt, weil ein 35-Jähriger beim Spiel gegen Gladbach einen Knallkörper von der Südtribüne des Kölner Stadions geworfen hatte.
KÖLN Ein ohrenbetäubender Knall erschüttert beim rheinischen Derby zwischen dem 1. FC Köln und Borussia Mönchengladbach im September 2019 das Rheinenergie-Stadion. Es ist die 83. Spielminute, der FC liegt 1:0 zurück. 22 Menschen werden verletzt, sie erleiden Knalltraumata, wochenlange Kopfschmerzen, einige hören noch heute ein Dauerpfeifen im Ohr. Ein Mann braucht seit dem Vorfall ein Hörgerät.
Was da an der Südtribüne zwischen Fotografen und Ordnern explodierte, war eine „Gorilla Bomb“, ein Knallkörper, der dazu geeignet ist, einen Geldautomaten in die Luft zu sprengen. Der Mann, der den Knaller über ein Absperrgitter in den Stadioninnenraum geworfen hat, muss nun lange in Haft. Vor dem Kölner Landgericht wurde er am Donnerstag wegen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion zu drei Jahren und drei Monaten Gefängnis verurteilt.
Mit gefalteten Händen nimmt der 35-jährige Kölner das Urteil zur Kenntnis. Der arbeitslose Gebäudereiniger muss insgesamt 9000 Euro Schmerzensgeld bezahlen. In das Urteil fließen zwei weitere Taten ein: Bei einer Demonstration hatte Marcel S. den Hitlergruß gezeigt und im vergangenen Sommer einem Mann ein blaues Auge geschlagen und zwei Polizisten beleidigt. „Ihre Reue haben wir Ihnen nicht abgenommen“, sagt der Vorsitzende Richter. Marcel S. hatte im
Prozess nur dünne Entschuldigungen hervorgebracht. Seine Verteidigerin hatte zwar Entschuldigungsbriefe angekündigt. „Da kam aber nichts“, sagt der Vorsitzende. Ein Gutachter hatte im Gerichtsprozess ausgeführt, dass durch den Knaller und die heftige Detonation auch Körperteile hätten zerfetzt werden können.
In Deutschland ist diese Art Böller verboten. Marcel S. behauptete zuerst, ihn auf der Stadion-Toilette gefunden zu haben. Das Gericht ist aber davon überzeugt, dass eine unbekannt gebliebene Begleiterin des FC-Fans den Böller ins Stadion geschmuggelt hat. Auf Videoaufzeichnungen ist zu erkennen, dass S. etwas aus ihrer Tasche holt, es wirft und sich dann wegdreht. In seiner Wohnung stellte die Polizei weitere Pyrotechnik sicher. Die Behauptung des Angeklagten, er habe vor dem Spiel gekokst, nahm das Gericht ihm nicht ab. „Das war ein Versuch, das Ganze zu relativieren, aber wir lassen uns auch nicht für doof verkaufen“, sagte der Vorsitzende.
Einer der damals Verletzten ist ein FC-Köln-Volunteer. Der 30-Jährige arbeitet ehrenamtlich für den Verein und kümmert sich bei den Spielen um das Maskottchen, Geißbock Hennes. „Ich bringe Hennes in der 60. Minute immer schon raus, der steht sonst auf dem Weg zurück in den Zoo zu lange im Stau“, erzählt er. „Sonst wäre ihm vielleicht auch was passiert.“Er selbst hat immer noch Schwindelattacken und oft Kopfschmerzen.