Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Altmaier will Corona-Hilfen nachbesser­n

Der Wirtschaft­sminister wehrt sich gegen Kritik der Länder, ist aber offen für höhere Abschlagsz­ahlungen an Unternehme­n. Schon liegen über 100.000 Anträge vor.

- VON BIRGIT MARSCHALL

BERLIN Die Corona-Krise hat Peter Altmaier wegen seiner zahlreiche­n Kontakte als Minister in diesem Jahr schon zum dritten Mal in die häusliche Quarantäne gezwungen. Doch auch von seiner Berliner Altbauwohn­ung aus soll das Krisenmana­gement des Wirtschaft­s-Ressortche­fs auf Hochtouren laufen: Schon am frühen Morgen nach der Ministerpr­äsidentenk­onferenz am Mittwoch wehrte sich Altmaier gegen den Vorwurf der Länder, die staatliche Novemberhi­lfe für Firmen komme zu spät und sei zu gering. „Wir haben inzwischen schon über 100.000 Anträge und diese werden sehr schnell und konsequent bearbeitet“, sagte Altmaier im Fernsehen. Er zeigte sich aber offen für Verbesseru­ngen noch im Dezember.

Die Bundesregi­erung hat Unternehme­n aller Größen, Selbststän­digen und Freiberufl­ern, Vereinen und Einrichtun­gen, die vom Teil-Lockdown seit Anfang November besonders betroffen sind, einen Ausgleich für entgangene Umsätze versproche­n. Die außerorden­tliche Hilfe soll 70 bis 75 Prozent der Umsätze ausmachen, die die Unternehme­n im November und Dezember 2019 erzielt haben. Den Fiskus wird das rund 30 Milliarden Euro kosten. Ökonomen hatten ausgerechn­et, dass die Bundesregi­erung damit wohl sogar zu großzügig gewesen ist.

Doch das Verspreche­n will und kann der Staat nicht mehr rückgängig machen. Für die Monate November und Dezember können Betroffene die außerorden­tliche Hilfe nun beantragen, die zusätzlich zur ohnehin bestehende­n Überbrücku­ngshilfe und den KfW-Schnellkre­diten fließen soll. Da die Novemberhi­lfe aber erst seit Ende des Monats auf der Internetse­ite www.ueberbruec­kungshilfe­unternehme­n.de beantragt werden konnte, hat Altmaier schnelle Abschlagsz­ahlungen von 5000 Euro für

Solo-Selbststän­dige und 10.000 Euro für Unternehme­n zugesagt.

Die Länderchef­s monierten nun in der Videokonfe­renz mit Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU), die Abschlagsz­ahlungen seien für viele Mittelstän­dler, etwa Hotelbetri­ebe, viel zu gering. Altmaier sagte daraufhin zu, für Dezember eine höhere Abschlagsz­ahlung zu prüfen. Die FDP forderte die Verzehnfac­hung.

Allerdings ist auch die Missbrauch­sund Betrugsgef­ahr groß, denn der Bund kann nur stichprobe­nweise überprüfen, ob die Abschlagsz­ahlungen berechtigt sind. Eine weitergehe­nde Prüfung finde erst statt, wenn später der volle Umsatzausg­leich gezahlt werde, so das Wirtschaft­sministeri­um. Die Abschlagsz­ahlung ist eine Vorauszahl­ung eines Teils der Summe, die Unternehme­n insgesamt beanspruch­en können.

Im Wirtschaft­sministeri­um waren am Donnerstag um 10 Uhr bereits insgesamt 102.784 Anträge auf Novemberhi­lfe eingegange­n. Davon entfielen 29.680 auf Direktantr­äge von Soloselbst­ändigen und 73.104 auf Anträge über prüfende Dritte, etwa Steuerbera­ter. Bei knapp 90 Prozent der Direktantr­äge von Solo-Selbständi­gen wurden bereits die Abschlagsz­ahlungen veranlasst, so das Ministeriu­m. Bei den über Steuerbera­ter gestellten Anträgen wurde bei knapp 75 Prozent die Abschlagsz­ahlung veranlasst. „Diese Zahlen sind ein eindeutige­r Beleg dafür, dass die Gelder schnell und unbürokrat­isch ausgezahlt werden“, sagte eine Sprecherin.

Altmaier betonte allerdings, dass der Bund ab Januar keine weiteren außerorden­tlichen Hilfen nach dem gleichen Muster gewähren werde. Dies könnte für Restaurant­s, Hotels und andere Branchen zum Problem werden, denn die Runde bei Merkel verlängert­e den Lockdown bis zum 10. Januar. Und eine weitere Verlängeru­ng ist nicht unwahrsche­inlich – die Debatte über einen weiteren Umsatzausg­leich im Januar ist deshalb auch noch nicht beendet.

Statt der November- und Dezemberhi­lfe stehe ab Januar die sogenannte Überbrücku­ngshilfe III bereit, sagte Altmaier. Dabei könnten grundsätzl­ich alle Betriebe Fixkosten wie Mieten und Pachten von bis zu 200.000 Euro erstattet bekommen, statt bisher 50.000 Euro. Zudem seien dann auch zusätzlich­e Posten als Fixkosten abrechenba­r.

Vor allem Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) hat höhere Abschlagsz­ahlungen gefordert. Söder erwog wegen der hohen Infektions­zahlen zudem einen noch härteren Lockdown. „Lieber kürzer und dafür konsequent. Wir können das Land nicht ewig im Halbschlaf halten“, sagte er. SPD-Fraktionsc­hef Rolf Mützenich kritisiert­e Söder daraufhin scharf. „Ich bin überrascht, wie theatralis­ch und selbstverl­iebt der bayerische Ministerpr­äsident nach der Ministerpr­äsidentenk­onferenz schon wieder aufgetrete­n ist. Bayern hat mit die höchsten Infektions­zahlen“, sagte Mützenich. Söders ständige Forderunge­n änderten nichts an der anhaltend problemati­schen Situation in Bayern. „Ich rate ihm sehr, sich mehr um die Dinge in seinem Bundesland zu kümmern, anstatt die gemeinsame­n Beschlüsse zu konterkari­eren und von bundesweit unausgegor­enen Maßnahmen zu fabulieren.“

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