Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Der Waldboden ist zu trocken, um Bäume zu pflanzen.
Förster Claus Gingter warnt vor blindwütigem Aktionismus: Aufforstungen in Wegberger Wäldern machen nach seiner Einschätzung zurzeit überhaupt keinen Sinn. Der planmäßige Holzeinschlag soll auf das absolut notwendige Maß beschränkt werden.
WEGBERG Wenn Revierförster Claus Gingter über den Zustand der Wälder in Wegberg und Wassenberg spricht, zeichnet er automatisch ein dramatisches Bild. Der Wassermangel der vergangenen Jahre macht vielen Bäumen zu schaffen. „Der Witterungsverlauf der letzten Jahre hält weiter an und zeigt an allen Pflanzen bereits Auswirkungen. Es sind ausnahmslos alle Baumarten betroffen, die einen mehr, die anderen weniger“, sagt der Förster. Von Panikmache ist Claus Gingter allerdings weit entfernt: „Der Wald wird nicht verschwinden oder gar aussterben, aber er wird sich radikal verändern.“Das müsse gar nicht schlecht sein. Aber für viele sei es schwierig zu akzeptieren, einmal nicht das Heft des Handelns in der Hand zu halten.
Seine deutlichen Worte hat der Revierförster dem Forstwirtschaftsplan 2021 der Stadt Wegberg vorangestellt. Die Mühlenstadt hat einen Vertrag mit dem Regionalforstamt Rureifel-Jülicher Börde geschlossen. Notwendige Arbeiten werden von der Stadt Wegberg veranlasst.
Wie Förster Gingter erklärt, begünstigt der Klimawandel Wetterextreme. Die Auswirkungen seien beispielsweise im Beeckerwald zu sehen. Der Wassermangel machte zunächst vor allem Fichten in größerem Ausmaß zu schaffen. Weil die Bäume durch Trockenheit und Stürme geschwächt waren, hatte der Borkenkäfer leichtes Spiel. Viele Bäume in Wegberger Wäldern mussten deshalb gefällt werden. Mittlerweile sind auch Laubbäume von den Wetterextremen betroffen. Im
Waldgebiet an der Wohnsiedlung Beeckerwald nahe des Grenzlandrings mussten in diesem Jahr Birken und Buchen gefällt werden. „Insekten, Pilze und andere Schaderreger haben leichtes Spiel, wenn man sich als Baum nicht so recht wehren kann“, erklärt Claus Gingter. Der Boden sei ausgetrocknet und bis in 1,8 Meter Tiefe kein Wasser mehr vorhanden, das die Pflanzen versorgen könnte. Gingter bezieht sich auf Aussagen von Fachleuten, wenn er sagt, dass es mehr als ein Jahr lang Dauerregen geben müsste, um diesen wertvollen Bodenspeicher wieder aufzufüllen. Ein eher unrealistisches Szenario.
Claus Gingter lieferte nicht ohne Grund eine umfangreiche Beschreibung der Ist-Situation in den Wegberger Wäldern. Aufgrund witterungsbedingter Unwägbarkeiten hält der Förster nämlich Aufforstungen für sinnlos. Sie seien in der derzeitigen Situation forstfachlich und betriebswirtschaftlich unvertretbar und blindwütiger Aktionismus. „Keiner pflanzt Bäume in einen staubtrockenen Boden“, erklärt Gingter. Eine ausreichende Wässerung der Pflanzen sei unrealistisch und finanziell nicht darstellbar. Auch das Bereitstellen von Fördermitteln und „das aggressive Bewerben derselben durch die Ministerien“seien nicht hilfreich und dienten dem Wald nicht.
Förster Gingter schlägt vor, den Haushaltsplanansatz für 2020 zu aktivieren und damit einen gewissen finanziellen Bewegungsspielraum zu geben, der forstliches Handeln bei Bedarf ermöglicht. Alle investiven Maßnahmen sollen auf ihre Förderfähigkeit geprüft werden. Dabei sei der Naturverjüngung auf allen Flächen Vorrang zu geben. Erst wenn diese aufläuft und Pioniergehölze vorhanden sind, könne eine weitere Planung stattfinden. Dabei wird es nach Einschätzung von Claus Gingter Flächen geben, die aktiv aufgeforstet werden müssen, da die Konkurrenzvegetation den Pioniergehölzen keine Chance lasse. Ginter meint damit beispielsweise Flächen mit Brombeeren, Adlerfarn und Ginster. Der planmäßige Holzeinschlag in Wegbergs Wäldern soll auf das absolut Notwendige beschränkt werden.