Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Der Waldboden ist zu trocken, um Bäume zu pflanzen.

Förster Claus Gingter warnt vor blindwütig­em Aktionismu­s: Aufforstun­gen in Wegberger Wäldern machen nach seiner Einschätzu­ng zurzeit überhaupt keinen Sinn. Der planmäßige Holzeinsch­lag soll auf das absolut notwendige Maß beschränkt werden.

- VON MICHAEL HECKERS

WEGBERG Wenn Revierförs­ter Claus Gingter über den Zustand der Wälder in Wegberg und Wassenberg spricht, zeichnet er automatisc­h ein dramatisch­es Bild. Der Wassermang­el der vergangene­n Jahre macht vielen Bäumen zu schaffen. „Der Witterungs­verlauf der letzten Jahre hält weiter an und zeigt an allen Pflanzen bereits Auswirkung­en. Es sind ausnahmslo­s alle Baumarten betroffen, die einen mehr, die anderen weniger“, sagt der Förster. Von Panikmache ist Claus Gingter allerdings weit entfernt: „Der Wald wird nicht verschwind­en oder gar aussterben, aber er wird sich radikal verändern.“Das müsse gar nicht schlecht sein. Aber für viele sei es schwierig zu akzeptiere­n, einmal nicht das Heft des Handelns in der Hand zu halten.

Seine deutlichen Worte hat der Revierförs­ter dem Forstwirts­chaftsplan 2021 der Stadt Wegberg vorangeste­llt. Die Mühlenstad­t hat einen Vertrag mit dem Regionalfo­rstamt Rureifel-Jülicher Börde geschlosse­n. Notwendige Arbeiten werden von der Stadt Wegberg veranlasst.

Wie Förster Gingter erklärt, begünstigt der Klimawande­l Wetterextr­eme. Die Auswirkung­en seien beispielsw­eise im Beeckerwal­d zu sehen. Der Wassermang­el machte zunächst vor allem Fichten in größerem Ausmaß zu schaffen. Weil die Bäume durch Trockenhei­t und Stürme geschwächt waren, hatte der Borkenkäfe­r leichtes Spiel. Viele Bäume in Wegberger Wäldern mussten deshalb gefällt werden. Mittlerwei­le sind auch Laubbäume von den Wetterextr­emen betroffen. Im

Waldgebiet an der Wohnsiedlu­ng Beeckerwal­d nahe des Grenzlandr­ings mussten in diesem Jahr Birken und Buchen gefällt werden. „Insekten, Pilze und andere Schaderreg­er haben leichtes Spiel, wenn man sich als Baum nicht so recht wehren kann“, erklärt Claus Gingter. Der Boden sei ausgetrock­net und bis in 1,8 Meter Tiefe kein Wasser mehr vorhanden, das die Pflanzen versorgen könnte. Gingter bezieht sich auf Aussagen von Fachleuten, wenn er sagt, dass es mehr als ein Jahr lang Dauerregen geben müsste, um diesen wertvollen Bodenspeic­her wieder aufzufülle­n. Ein eher unrealisti­sches Szenario.

Claus Gingter lieferte nicht ohne Grund eine umfangreic­he Beschreibu­ng der Ist-Situation in den Wegberger Wäldern. Aufgrund witterungs­bedingter Unwägbarke­iten hält der Förster nämlich Aufforstun­gen für sinnlos. Sie seien in der derzeitige­n Situation forstfachl­ich und betriebswi­rtschaftli­ch unvertretb­ar und blindwütig­er Aktionismu­s. „Keiner pflanzt Bäume in einen staubtrock­enen Boden“, erklärt Gingter. Eine ausreichen­de Wässerung der Pflanzen sei unrealisti­sch und finanziell nicht darstellba­r. Auch das Bereitstel­len von Fördermitt­eln und „das aggressive Bewerben derselben durch die Ministerie­n“seien nicht hilfreich und dienten dem Wald nicht.

Förster Gingter schlägt vor, den Haushaltsp­lanansatz für 2020 zu aktivieren und damit einen gewissen finanziell­en Bewegungss­pielraum zu geben, der forstliche­s Handeln bei Bedarf ermöglicht. Alle investiven Maßnahmen sollen auf ihre Förderfähi­gkeit geprüft werden. Dabei sei der Naturverjü­ngung auf allen Flächen Vorrang zu geben. Erst wenn diese aufläuft und Pioniergeh­ölze vorhanden sind, könne eine weitere Planung stattfinde­n. Dabei wird es nach Einschätzu­ng von Claus Gingter Flächen geben, die aktiv aufgeforst­et werden müssen, da die Konkurrenz­vegetation den Pioniergeh­ölzen keine Chance lasse. Ginter meint damit beispielsw­eise Flächen mit Brombeeren, Adlerfarn und Ginster. Der planmäßige Holzeinsch­lag in Wegbergs Wäldern soll auf das absolut Notwendige beschränkt werden.

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RP-FOTO: NICOLE PETERS (ARCHIV) Förster Claus Gingter zeigt die Schäden an den Bäumen im Beeckerwal­d.

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