Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Kreis weist Kritik an Impfzentrum zurück
Gesundheitsamt-Chefin Heidrun Schößler sprach im Kreisausschuss über das Corona-Geschehen. Am Erkelenzer Impfzentrum gibt es Kritik. Dass mehr als die Hälfte der Amtsärzte krank sind, führt sie auf die Dauerbelastung zurück.
ERKELENZER LAND Laut Heidrun Schößler, Leiterin des Kreisgesundheitsamts, finden Corona-Ansteckungen nach wie vor vor allem im familiären Umfeld statt. Der Großteil der Infektionen sei klar zuzuordnen. Das sagte Schößler am Mittwoch im Gesundheitsausschuss des Kreises Heinsberg. Die Analyse der Fälle würde zudem den Trend bestätigen, die Schulen offen zu lassen. Am Impfzentrum im Erkelenzer Gipco gab es im Ausschuss Kritik. Wir fassen die Corona-Lage zusammen.
Familien „Was wir beobachten ist: Wenn es einer hat, hat es kurz danach die ganze Familie oder auch Großfamilie“, sagt Schößler – ein Satz, der insbesondere für die Weihnachtsfeiertage
nichts Gutes erahnen lässt. Ein sehr großer Teil der Infektionen sei demnach auf sogenannte „Cluster“zurückzuführen, also enge Personengruppen. Die Entscheidung, bei einem Verdachtsfall direkt die ganze Familie in Quarantäne zu schicken, sei daher richtig und würde sich auszahlen. Schößler erklärte, warum die Quarantäne mittlerweile nur noch zehn statt 14 Tage andauert: „Die zehn Tage sind ein Kompromiss, denn viele Leute sind nicht mehr willens, zwei Wochen auszuhalten, das sehe ich auch ein.“Kontaktpersonen eines Corona-Positiven oder eines Verdachtsfalls werden nun erst nach zehn Tagen getestet. „Wenn sich Leute anstecken, dann werden sie nach sieben, acht Tagen krank“, sagte Schößler. Sei der Test also nach zehn Tagen negativ, sei eine Ansteckung nur noch sehr unwahrscheinlich.
Schulen An 60 von 120 Schulen im Kreis gibt es derzeit infizierte Schüler, sagt Schößler, in denen sie aber trotzdem „nicht unseren Hauptfokus“sieht. Denn: „Die Abstands- und Maskenregeln funktionieren. Die allermeisten Schüler haben sich im familiären Umfeld angesteckt, nur bei sechs bis sieben Prozent ist unklar, wo es herkommt.“Diese kleine Fallzahl würde keine Schulschließungen rechtfertigen.
Altenheime In mehreren Seniorenund Pflegeheimen hat es in den vergangenen Wochen Corona-Ausbrüche gegeben. Auch wenn die Mitarbeiter dort mittlerweile in Eigenregie Tests bei Besuchern durchführen, sei das kaum zu verhindern, sagte Schößler: „Gerade bei Menschen mit Demenz und Behinderungen kann man Maßnahmen nur in einem begrenzten Rahmen umsetzen. Das ist schwer zu beherrschen.“
Impfzentrum Wie unsere Redaktion am Montag berichtete, kommt das Impfzentrum des Kreises in eine leerstehende Flüchtlingsunterkunft im Erkelenzer Gewerbepark Gipco. Der Kreis hat dies mittlerweile bestätigt. Kritik gab es im Ausschuss unter anderem vom SPD-Kreisvorsitzenden Norbert Spinrath. „Ich habe arge Zweifel, ob das den Anforderungen genügt. Andere Städte mieten Hallen und Stadien an, wir haben sehr kleine, enge Räumlichkeiten.“Für Christiane Leonards-Schippers (CDU) wirkt das Aussehen des doch recht trostlosen Containergebäudes „nicht sehr vertrauenserweckend“auf die Bürger. Gesundheitsamt-Chefin Schößler entgegnete: „Das Gebäude ist hygienisch einwandfrei, auch wenn es von außen nicht so scheinen mag.“Kreisdezernentin Anja Montforts erklärte, das Gelände sei groß genug. Zudem sollen neben dem Gebäude mehrere Zelte aufgestellt werden, unter anderem um Menschen nach der Impfung für 30 Minuten zu beobachten. „Wir haben uns bewusst gegen eine große Sporthalle oder ein Bürgerhaus entschieden. Gegenebenenfalls wird das Impfzentrum über den Sommer hinaus in Betrieb sein. Diese Gebäude sollen für Vereinstätigkeiten
genutzt werden können. Wir sind uns einig, dass das Gebäude in Erkelenz sehr gut passt“, sagte Montforts. Der Gipco liegt direkt an der A46 und der B57, ist mit dem Auto gut zu erreichen. Zudem will der Kreis Shuttlebusse einsetzen, um Menschen vom Erkelenzer Bahnhof zum Impfzentrum zu bringen. Es seien vier so genannte „Impfstraßen“
vorgesehen, in denen je neun Menschen pro Stunde geimpft werden können. „Wir rechnen nicht damit, dass der halbe Kreis innerhalb von drei Monaten vor der Tür steht und sich impfen lässt. Ob die Massen dort wirklich hinpilgern, müssen wir erstmal abwarten.“
Arbeitsbelastung Das Gesundheitsamt arbeitet weiter an der Belastungsgrenze. Das Team sei mit fünf Containment-Scouts vom Robert-Koch-Institut, vier Helfern vom Rettungsdienst sowie bis zu 25 amtsfremden Helfern aus der Kreisverwaltung verstärkt, habe zudem fünf Kräfte für ein halbes Jahr eingestellt. Diese Leute seien zwar eine große Hilfe, allerdings häufig nicht hinreichend qualifiziert. „Es zählt nicht nur Masse, sondern Klasse“, sagte Schößler. Zudem seien derzeit sieben von 13 Amtsärzten krankgeschrieben, indes nicht an Covid-19 erkrankt. „Das sind vielleicht auch Auswirkungen der Dauerbelastung“, mutmaßt Schößler.
„Wenn es einer hat, hat es die ganze Familie“Heidrun Schößler
Leiterin Gesundheitsamt zum Impfzentrum