Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Schutzponchos statt Plastiktüten
Die Opposition präsentiert Firmen, die mit Angeboten für Corona-Kittel nicht zum Zuge kamen. NRW verweist auf die Rechtslage.
DÜSSELDORF Die SPD-Landtagsfraktion legt im Fall Van Laack nach. Auslöser ist der von Johannes Laschet, Sohn des NRW-Ministerpräsidenten Armin Laschet (CDU), eingefädelte Deal für Schutzausrüstung mit dem Hemden-Hersteller aus Mönchengladbach im Wert von 38,5 Millionen Euro netto. Die Sozialdemokraten werfen der Regierung vor, andere Unternehmen mit vergleichbaren Angeboten seien ignoriert worden.
Ein von der SPD als Beispiel genanntes Unternehmen vom Niederrhein hatte nach eigenen Angaben Anfang April angeboten, ab Mai bis zu 80.000 Masken pro Monat zu liefern. Für die ein- und zweilagigen Masken rief es nach eigenen Angaben Preise ab 1,79 Euro pro Stück auf. Die Van-Laack-Masken sind dreilagig, bei einer Lieferung an die Polizei kostete selbst ein Modell mit Nasenbügel deutlich weniger als 1,79 Euro. Wohl auch deshalb sagt der Chef des Unternehmens, dass man außer einer automatisierten Antwort der Beschaffungsstelle keine Antwort bekommen habe. Er möchte, dass sein Name und der der Firma anonym bleiben. „Wir hätten den Auftrag gerne gehabt, allein eine Bestellung hätte unser Minus dieses Jahr gemindert“, sagt er.
Eine weitere Firma, die sich bei der SPD gemeldet hat, ist Nowak Folienverarbeitung aus Dortmund. Normalerweise ist sie auf die Herstellung von Plastiktüten spezialisiert. Um zu helfen, entwickelte Geschäftsführer Conrad Zimnoch einen einfachen Schutzponcho. „Der ist im Grunde ein großer Plastiksack, in den wir Löcher für Arme und Beine stanzen. Die Nutzer können dann mit Klebestreifen noch Ärmel befestigen.“Einige Kliniken setzten ihn Zimnoch zufolge im Frühjahr ein, als es auf dem Markt keine Schutzkleidung mehr gab. Zimnoch räumt aber ein: „Für Schutzkittel gibt es Standards, die unser Produkt nicht erfüllt.“Die Kittel von Van Laack haben eine offizielle Zertifizierung vom Institut für Arbeitsschutz in Bonn erhalten. Das NRW-Gesundheitsministerium erklärte, die Prüfung der mitgesendeten Produktangaben habe zu dem Ergebnis geführt, dass der Schutzponcho nicht geeignet gewesen sei, „um den qualitativen Ansprüchen zur Verwendung im medizinisch-pflegerischen Bereich zu genügen“.
Die SPD-Opposition im Düsseldorfer Landtag erhob am Freitag neue Vorwürfe gegen die Landesregierung im Zusammenhang mit der Auftragsvergabe an Van Laack. „Weitere Unternehmen aus NRW haben erklärt, sie hätten der Landesregierung ebenfalls Schutzausrüstung angeboten, darauf aber keine Antwort erhalten”, heißt es in einer weiteren Kleinen Anfrage, die unserer Redaktion vorliegt. Der Ministerpräsident habe hingegen am 1. Dezember 2020 in einem Pressestatement erklärt: „Wir waren damals auf der Suche nach seriösen Anbietern, wir haben jeden gefragt, den wir kennen. Wir haben uns die Hände wundtelefoniert. Gefragt, gedrängt, gebettelt.“Vor diesem Hintergrund sei zu klären, ob die Landesregierung Firmen bei der Auftragsvergabe für Corona-Schutzkleidung unterschiedlich behandelt und dadurch Unternehmen benachteiligt habe, heißt es in der Anfrage des SPD-Haushaltsexperten Stefan Zimkeit.
Die Landesregierung müsse daher beantworten, mit wie vielen und konkret mit welchen potenziellen Herstellern von Schutzausrüstungen der Ministerpräsident im März und April 2020 persönlich telefoniert habe und welche dieser Firmen Aufträge des Landes erhalten hätten. Offen sei auch, warum die Firma Van Laack persönlich telefonisch kontaktiert worden sei und nicht – wie offenbar die Firma B.M.-Company nach ihrem schriftlichen Angebot – auf das Angebotsportal des Landes verwiesen worden sei.
Eine Sprecherin von NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) sagte, man habe im Laufe der Corona-Pandemie mehr als 7000 Angebote über persönliche Schutzausrüstung bekommen und ausgewertet. „Die Herausforderung bestand somit darin, aus der Vielzahl von Angeboten seriöse, qualitativ hochwertige und wirtschaftlich sinnvolle Angebote auszuwählen.“Im Falle Van Laack sei die Qualität der angebotenen Schutzkittel durch ein Gutachten eines Prüfinstituts bestätigt worden. Laut einer Aufstellung des Ministeriums gab es 40 Aufträge an unterschiedliche Firmen mit einem Gesamtwert von 475 Millionen Euro brutto. Der Van-Laack-Deal war der zweitgrößte.