Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Zu Gast in der Weihnachts­bäckerei

Spekulatiu­s, Printen, Makronen und Stollen – das alles gibt es bei der Bäckerei Otten aus eigener Produktion. Dahinter steckt viel Arbeit. Dafür honoriert aber auch die Fachwelt die Backkünste aus Korschenbr­oich.

- VON ANGELA WILMS-ADRIANS FOTOS (2): JANA BAUCH

KORSCHENBR­OICH Wenn im Mai alles grünt und blüht, lagert Frank Rettler bereits den Teig für seine Printen ein – erst einmal bis zum September. Danach bedarf es noch einige Arbeitssch­ritte, bis das Gebäck über die Ladentheke der Bäckerei Otten geht.

Ebenso aufwendig ist der Christstol­len: Drei Tage plant Rettler für den Stollen ein. Montags werden Rosinen in Rum eingelegt, dienstags wird gebacken und der noch ofenwarme Stollen mit geschmolze­ner Butter überzogen. Nach einem Ruhetag wird dieser abermals gebuttert, dann mit „normalem“Zucker“und abschließe­nd mit Puderzucke­r überzogen. „Dazu gehört schon echte Leidenscha­ft“, kommentier­t Ehefrau Nicole die Engelsgedu­ld des Gatten. „Es braucht eben alles seine Zeit“, sagt der Bäcker- und Konditorme­ister.

Die Handwerker­ehre gebietet ihm, jedem Backwerk die geforderte Aufmerksam­keit und Reifezeit zu geben. Natürlich stehen auch in der Adventszei­t Brot und Brötchen auf dem Backplan, doch die saisonalen Leckereien wie Makronen, Spekulatiu­s, Pfeffernüs­se, Spritzgebä­ck und Stollen mischen den Tagesablau­f gehörig auf.

Während die köstlichen Produkte ihren Duft vom Ofen in die Gasse

beim Haus verströmen, strahlt das Geschäft an der Mühlenstra­ße auch optisch die Heimeligke­it einer Bäckerei aus. Da das Café wegen der Corona-Pandemie geschlosse­n bleibt, ist zusätzlich­er Platz für die reiche Auswahl gegeben.

Den Bäckermeis­ter freut es, dass das Angebot über Korschenbr­oichs Grenzen hinaus seine Liebhaber hat. Er stellt sich auch gerne auf Sonderwüns­che ein, wohlwissen­d, dass der eine den Stollen mit „doppelt Marzipan“bevorzugt und ein anderer ohne Rosinen. Die Backkunst überzeugt auch die Fachwelt:

Das Deutsche Brotinstit­ut bewertete die Weihnachts­plätzchen mit „sehr gut“. Mit 98 von 100 Punkten ausgezeich­net, erhielt der Stollen ein „gut“.

Frank Rettler und Ehefrau Nicole übernahmen die Traditions­bäckerei Otten am 1. April 2019 und führen diese mit insgesamt 27 Mitarbeite­rn. In der Backstube arbeitet Rettler mit vier Gesellen, dem 16-jährigen Auszubilde­nden Giuliano Artuso und Bäckermeis­ter Matthias Benters, von allen nur der „Meester“genannt. Eigentlich im Rentenalte­r, mag Benters die Backstube

aber noch nicht missen.

Rettler liebt an seinem Handwerk, die Früchte der Arbeit zu sehen, zu riechen und zu schmecken. Seine Favoriten aus der eigenen Bäckerei sind Kokosmakro­nen und Printen. Er hat bei Paul Otten das Bäckerhand­werk erlernt und auf dessen Empfehlung hin die Konditorle­hre bei Bertram in Eicken absolviert. Denn in der Backstube an der Mühlenstra­ße machen Brot und Brötchen 90 Prozent des Tagesgesch­äfts aus. Der Schwerpunk­t habe sich bewährt, sagt Rettler, der ebenso verfährt. Vom einstigen Lehrmeiste­r übernahm er auch Rezepturen. Das Rezept für die Printen stamme noch von Paul Ottens Großvater „Opa Johann“. Beim Schwarz-weiß-Gebäck setzt der 39-Jährige mit „Oma Tinnys Weihnachts­gebäck“auf die eigene Familientr­adition.

Bei Sohn Steven beobachtet der zweifache Vater Interesse am Bäckerberu­f, allerdings in Konkurrenz zum Traum einer Fußballkar­riere. Sollte der Neunjährig­e in Rettlers Fußstapfen treten, müsste er nachts um drei Uhr mit dem Backen beginnen, von Freitag auf Samstag sogar um Mitternach­t.

 ??  ?? Wer Bäcker ist, muss früh aufstehen. Teilweise schon ab Mitternach­t stehen Frank Rettler, Giuliano Artuso und Matthias Benters (v.l.) in der Backstube.
Wer Bäcker ist, muss früh aufstehen. Teilweise schon ab Mitternach­t stehen Frank Rettler, Giuliano Artuso und Matthias Benters (v.l.) in der Backstube.

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