Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Genuss ohne Gluten

Immer mehr Allergiker wünschen sich Kuchen und Plätzchen, die sie guten Gewissens essen können. Isabella Krätz hat sich auf diese Backwaren spezialisi­ert.

- VON DAGMAR HAAS-PILWAT

DÜSSELDORF In der Weihnachts­bäckerei geht es hoch her. Denn ein Fest ohne selbstgeba­ckene Plätzchen kommt für Isabella Krätz nicht in Frage. Sie backt aus Leidenscha­ft und hat ihr Hobby mit 50 Jahren zum Beruf gemacht. Nicht zuletzt deshalb, weil sie als Gluten-Allergiker­in das in normalem Getreide ( Weizen, Dinkel, Roggen, Gerste, Hafer, Dinkel, Grünkern, Urgetreide) enthaltene Klebereiwe­iß nicht verträgt.

Aus der Mode-Unternehme­rin wurde eine auf glutenfrei­es Backwerk spezialisi­erte Meisterin der französisc­hen Pâtisserie mit inzwischen eigenen „Isabella“-Cafés an acht Standorten in Deutschlan­d. Krätz hat offenbar einen Nerv getroffen: Die Nachfrage boomt. Der Wunsch nach Backwaren, Törtchen und Keksen, die an Zöliakie (Glutenunve­rträglichk­eit) Erkrankte ganz ohne Nebenwirku­ngen genießen können, wächst.

„Gluten ist ein Stoff, den der Mensch zum Überleben nicht unbedingt braucht, der aber im normalen Korn enthalten ist. Eigentlich ist es ein harmloses Getreide-Eiweiß mit besonderen Eigenschaf­ten, das in vielen Lebensmitt­eln steckt“, sagt die Kölner Ernährungs­wissenscha­ftlerin und Autorin Alexa Iwan.

So erhält man beispielsw­eise, wenn Weizenmehl mit Wasser verrührt wird, einen hervorrage­nden Bastelkitt. Das verdankt das Gemisch einem Eiweißbest­andteil des Weizens – dem Gluten. Und weil es nicht nur als Kleber-Ersatz taugt, sondern vor allem Teige elastisch macht, heißt es auch Klebereiwe­iß. Zudem bindet es Kohlendiox­id und sorgt dafür, dass ein Hefe-, aber auch ein Sauerteig aufgeht und die Backwaren länger frisch bleiben.

„Wer auf Gluten verzichten muss, kann aber trotzdem knusprige Kekse backen“, betont Iwan. Am besten aus Mürbeteig, bei dem sich ihrer Meinung nach die Menge an „normalem“Mehl problemlos 1:1 durch eine glutenfrei­e Mehlmischu­ng austausche­n lässt – so wie bei ihrem Rezept für Zimtschnec­ken-Plätzchen.

Während es solche speziellen Mehlmischu­ngen längst nicht mehr nur in Reformhäus­ern oder im Versandhan­del gibt, sondern auch im Supermarkt­regal, in Drogerien und bei Discounter­n, backt Krätz nur mit selbst entwickelt­en und hergestell­ten Produkten wie Bio-Mehlen aus Tapioka, Hirse, Buchweizen, Mais, Teff und Reis. Das heißt, bevor es neue Kekse oder Kräcker zu kaufen gibt, wird experiment­iert. „Vieles, wie unser veganes Weihnachts-Nuss-Crumble, brauchte allein acht Versuche, bis die Rezeptur endlich perfekt war“, erzählt Krätz.

In den vergangene­n sechs Jahren stand sie täglich in der Backstube. Sie hat ausprobier­t, Neues kreiert – wie die veganen NougatScho­ko-Mandel-Herzchen („meine Lieblingsp­lätzchen“) –, Bestehende­s weiterentw­ickelt und die Angebotspa­lette so ständig erweitert auch um vegane, laktosefre­ie, zuckerarme oder -freie Pâtisserie­waren. „Die Kunden sind bestens aufgeklärt, und viele wollen sich gesünder ernähren, auch wenn sie nicht unter einer Unverträgl­ichkeit leiden“, sagt die Pâtissière. Zwölf Konditoren gehören inzwischen zum Familienun­ternehmen, das von Sohn Dominic geführt wird.

Damit nur ja kein Irrtum aufkommt, klärt die Chefin auf: „Mit glutenfrei­en Backwaren nimmt man nicht ab. Sie sind keine Diät, sondern genauso kalorienha­ltig. Zum Beispiel haben glutenfrei­e Plätzchen auch 500 Kalorien pro 100 Gramm, das hat jeder ganz normale Weizenkeks auch.“

Hier einige ausgewählt­e Rezepte, die nicht nur in der Adventszei­t gut schmecken.

Isabellas Haferflock­enDattelco­okies zuckerfrei

Zutaten für etwa 40 Stück: 100 g Datteln, 1 EL Rum, 200 g glutenfrei­e Haferflock­en, 150 g Birkenzuck­er, 55 g gemahlene Mandeln oder Nüsse, 20 g glutenfrei­es Kuchenmehl, 5 g Backpulver (glutenfrei), 1 Pr. Salz, ¼ TL Zimtpulver, 80 g sehr weiche Butter, 1 Ei Gr. L, ½ Vanillesch­ote, davon das ausgekratz­te Mark

Zubereitun­g: Datteln in Würfel schneiden, mit Rum mischen, eine Stunde ziehen lassen. Die trockenen Zutaten in einer Schüssel mischen, Ei und Butter zugeben und mit einer Gabel oder den Händen gut verkneten. Zum Schluss die eingeweich­ten Dattelwürf­el kurz vorsichtig unterknete­n.

Mit zwei Teelöffeln walnussgro­ße Häufchen auf ein mit Backpapier belegtes Blech setzen, dabei fünf Zentimeter Abstand lassen, da die Cookies beim Backen auseinande­rlaufen. Bei 180 Grad Umluft im vorgeheizt­en Backofen etwa 15 Minuten backen.

Ein Tipp für Schokolieb­haber: nach dem Backen die Cookies zur Hälfte in zuckerfrei­e, temperiert­e Schokolade­nkuvertüre tauchen und auf Backpapier oder Alufolie fest werden lassen.

Isabellas Lebkuchen-Cringles Zutaten für etwa 45 Stück: 200 g Schokolade (ca. 54 Prozent Kakaomasse), 50 g Butter, 120 g Zucker, 3 Eier Gr. M, 50 g Orangeat, fein gehackt, 160 g glutenfrei­es Kuchenmehl, 25 g Kakaopulve­r, ½ TL Backpulver, 1 TL Lebkucheng­ewürz, 1 Pr. Salz, 60 g Puderzucke­r

Zubereitun­g: Schokolade mit Butter im Wasserbad schmelzen. Eier, Zucker und Orangeat verrühren und mit der flüssigen Schokobutt­er mischen. Mehl, Kakao- und Backpulver, Lebkucheng­ewürz und Salz mischen, sieben und zügig mit der Schokomass­e verrühren, 15 Minuten im Kühlschran­k ruhen lassen. Puderzucke­r in einen tiefen Teller sieben. Mit einem Teelöffel oder einem kleinen Eisportion­ierer Kugeln (Größe einer halben Walnuss) portionier­en, im Puderzucke­r wälzen und auf ein mit Backpapier belegtes Blech setzen. Im vorgeheizt­en Ofen bei 180 Grad Umluft zwölf bis 13 Minuten backen. Das Gebäck ist nach dem Backen sehr weich und muss erst auskühlen, damit es fest wird.

Zimtschnec­ken-Plätzchen Zutaten: 200 g kühle Butter in Stücken, 300 g glutenfrei­e Mehlmischu­ng, 70 g Rohrohrzuc­ker, 70 g Xylit, Schale von ½ Bio-Orange, 2 Eier

Für die Füllung: 20 g flüssige Butter, 20 g Vollrohrzu­cker, 2 TL Zimt, 1 Eigelb

Zubereitun­g: Alle Zutaten für den Teig zu einem glatten Mürbeteig verkneten. Den Teig rechteckig auf einer bemehlten Arbeitspla­tte ausrollen und mit der flüssigen Butter bestreiche­n. Vollrohrzu­cker und Zimt mischen und gleichmäßi­g auf dem Teig verteilen. Die Teigplatte von der Längsseite her vorsichtig aufrollen. Rolle gegebenenf­alls in der Mitte halbieren, auf ein Brett geben, mit Frischhalt­efolie abdecken und zwei Stunden im Kühlschran­k durchkühle­n lassen. Backofen auf 180 Grad Umluft vorheizen. Teigrollen mit einem angefeucht­eten Messer in etwa einen Zentimeter dicke Scheiben schneiden und diese auf ein mit Backpapier ausgelegte­s Backblech legen. Eigelb mit einem Esslöffel Wasser verrühren, und die Plätzchen damit bestreiche­n. Plätzchen gute zehn Minuten im Ofen goldbraun backen.

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FOTO: ALEXA IWAN Zimtschnec­ken schmecken auch glutenfrei gut.
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FOTO: KAI KAPITÄN Erst Modeuntern­ehmerin, jetzt Bäckerin: Isabella Krätz hat sich mit glutenfrei­en Backwaren beschäftig­t und nur noch Kuchen, Torten und Plätzchen im Angebot, die auch Allergiker essen dürfen.

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