Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Von Kohl und Kraut
Mit dem Spätherbst beginnt die Zeit der Wintergemüse. Spätestens wenn der erste Nachtfrost über die Felder geht, rückt Kohl hoch auf dem Speiseplan. Doch was ist das für eine vielfältige Pflanze, die überall auf der Welt wächst und nach Tomaten heute das häufigste Gemüse der Welt ist?
Die älteren Kohlsorten – insgesamt gehören rund 40 Arten zur Gattung Brassica – sind Gewächse der warmen Mittelmeerregion und wahrscheinlich noch nicht in der heutigen Wohlgestalt dichter, konzentrischer Blätter vorzustellen. Eher ähnelten sie dem Grünkohl mit seinen locker stehenden Blättern. Sein Nährwert, seine Lagerfähigkeit (im eingelegten Zustand) und seine wachsende klimatische Unempfindlichkeit sorgten allerdings schon im Mittelalter für eine Wanderung auch in nördliche Küstenregionen. In Pflanzverzeichnissen karolingischer Klöster taucht bereits „caulis“auf. Und bei der früh ökokundigen Ordensfrau Hildegard von Bingen (1098–1179) steht sogar Rotkraut auf dem Speisezettel.
Der Kohl – übrigens ein Verwandter von Rüben, Senf, Rettich und Radieschen – spielte in der mittelalterlichen Ernährung eine wichtige Rolle, wenn auch vor allem als Essen der Armen, etwa im Eintopf. Besonders der Grünkohl schien regelrecht unverwüstlich, genügsam auch unter ungünstigen Wetter- und Bodenverhältnissen.
Traditionelles Grünkohlessen mit Speck oder Pinkel(wurst) ist heute ein saisonales kulinarisches Event für unzählige Vereine und Clubs, in Corona-Zeiten zumindest im engeren Familienkreis. Dabei wird Kohl heute auf allen Kontinenten angebaut. Uns Deutschen trug er nicht erst seit den Tagen des Bundeskanzlers Helmut Kohl, sondern schon im Zweiten Weltkrieg den Spitznamen „Krauts“ein. Sauerkraut, sehr haltbar und reich an Vitamin C, spielte übrigens auch eine namhafte Rolle in der Epoche der großen Entdecker. Denn es bewahrte die Seeleute vor der Mangelkrankheit Skorbut. Obst oder anderes frisches Gemüse stand ihnen nicht zur Verfügung. kna