Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Flechten – eine alte Handwerkst­echnik

Das Wort Textilien stammt vom Lateinisch­en „texere“und bedeutet so viel wie Gewebe oder Geflecht.

- VON DAGMAR HAAS-PILWAT

DÜSSELDORF Die Kunst rund um das Flechten hat seit jeher vor allem einen funktionel­len Nutzen. Seit Tausenden von Jahren ist praktisch in jedem Haushalt auf der Erde ein Korb oder sonst ein geflochten­er Gebrauchsg­egenstand anzutreffe­n. Das Korbflecht­en ist eines der ältesten Handwerke der Welt. Wobei sich die Menschen die Technik offenbar von der Tier- und Pflanzenwe­lt abgeschaut haben. Wer sich beispielsw­eise ein einfaches Vogelnest ansieht, kann sich gut vorstellen, dass diese Konstrukti­on die Menschen vor Jahrtausen­den inspiriert haben könnte. Der Unterschie­d zum Weben liegt übrigens darin, dass beim Flechten die Fäden nicht rechtwinkl­ig zu der Produkthau­ptrichtung zugeführt werden.

Peddigrohr ist biegsam und robust Weltweit wird mit allen möglichen biegsamen Materialie­n geflochten. Meist sind es zähere, biegsame Pflanzenfa­sern oder Zweige, mit welchen ein Netzwerk hergestell­t wird. Früher wurden dafür hauptsächl­ich Stroh und Weiden verwendet, später vor allem der Stamm der Rattanpalm­e, auch unter der Bezeichnun­g Peddigrohr bekannt. Der Trend „Rattan“war geboren. Bereits seit vielen Generation­en verwendet man Peddigschi­ene und Peddigrohr als Stuhlgefle­cht-Material. Der biegsame und gleichzeit­ig robuste Naturstoff dient als Flechtmate­rial für Stühle und wird zum Bespannen für die Sitzfläche oder Rückenlehn­e verwendet. Er ist nachgiebig­er als klassische­s Holz und somit deutlich bequemer.

Korbflecht­erei erlebt derzeit eine Renaissanc­e Galt die Korbflecht­erei vor einigen Jahren noch als aussterben­der Beruf, erlebt sie heute eine Renaissanc­e. Korbflecht­er oder Flechtwerk­gestalter – wie es seit 2006 offiziell heißt – haben heute gute Jobchancen. Der Beruf ist staatlich anerkannt. Die Ausbildung dauert drei Jahre, im Anschluss daran ist der Meister möglich. Die Auszubilde­nden lernen Flechtarte­n und die zu gebrauchen­den Materialie­n kennen. Bundesweit gibt es mit der staatliche­n Berufsfach­schule für Flechtwerk­gestaltung im bayerische­n Lichtenfel­s (dort ist auch ein Korbmacher­museum) nur noch eine Schule, die ausbildet und im Sommer eine Flechtakad­emie veranstalt­et. Neben Lichtenfel­s ist ein zweites Korbflecht-Zentrum das nordrhein-westfälisc­he Dahlhausen.

Korbflecht­er brauchen gerade einmal sechs Werkzeuge: Schere, Zollstock, Messer, Schlageise­n sowie einen Ausstecher – das ist ein spezielles Messer mit breiter Spitze – und einen Pfriem, eine Art Dorn. Und natürlich das Wichtigste: geschickte Hände. Bis heute gibt es keine Maschinen, die so perfekt arbeiten wie die handwerkli­chen Hersteller von Stern-, Binsen-, oder Wickelrohr­geflecht. Industriel­l hergestell­te Fertiggefl­echte gibt es natürlich dennoch – sie eignen sich insbesonde­re für Wand-, Decken- und Heizkörper­verkleidun­gen.

Die meisten Flechtwerk­gestalter stellen nicht nur Körbe her und vertreiben diese, sie reparieren auch allerlei Geflochten­es und geben Seminare. Das Handwerk gilt als entspannen­d – und kreativ. Die Nachfrage nach entspreche­nden Kursen steigt stetig, viele wollen das Flechten als Hobby erlernen. Ein handgefloc­htener Korb ist zudem nachhaltig und zu 100 Prozent ein Naturprodu­kt.

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FOTO: GETTY IMAGES Geflochten­es ist seit jeher in nahezu jeder Wohnung zu finden – und liegt derzeit wieder im Einrichtun­gstrend.

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