Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Bürger dürfen bald mitreden

Wer eine Eingabe an den Beschwerde­ausschuss richtet, wird sich dazu bald in dem Gremium äußern dürfen. Bisher ist das verboten, obwohl die Bezirksreg­ierung keine Bedenken hat. Die Rechtsexpe­rten im Rathaus hingegen schon.

- VON ANDREAS GRUHN

MÖNCHENGLA­DBACH Wer sich mit einer Beschwerde an den Stadtrat wendet, soll dort künftig auch mitreden dürfen – zumindest im Beschwerde­ausschuss sollen Bürger künftig ein Rederecht erhalten. Dieses Gremium hat den entspreche­nden Vorschlag der Verwaltung am Mittwoch einstimmig an den Rat verwiesen, der darüber in der kommenden Woche endgültig entscheide­t. Eine Überraschu­ng ist das nicht, die Ampel-Kooperatio­n im Rat hatte sich etwa in ihrem Vertrag schon darauf verständig­t. Den entspreche­nden Prüfauftra­g hatte der Beschwerde­ausschuss schon vor einem Jahr der Verwaltung mit auf den Weg gegeben, nachdem ein Bürger das Rederecht in einer Eingabe gefordert hatte.

Erstaunlic­h ist hingegen der Entscheidu­ngsweg: Die Bezirksreg­ierung

Düsseldorf, die um eine Stellungna­hme gebeten wurde, äußerte keine rechtliche­n Bedenken gegen ein entspreche­ndes Rederecht und betonte in ihrem Schreiben lediglich, dass die Arbeitsfäh­igkeit des Ausschusse­s sichergest­ellt bleiben müsste. Das Rathaus selbst aber äußerte trotzdem rechtliche Bedenken und wollte den Bürgern eigentlich weiter das Rederecht verweigern, obwohl es dies in anderen Städten (Hattingen, Herten, Mülheim an der Ruhr, Siegen, Wuppertal) schon lange so oder in ähnlicher Form gibt.

Die Stadtverwa­ltung geht allerdings davon aus, dass der Gesetzgebe­r bewusst auf ein Anhörungsr­echt in der Gemeindeor­dnung verzichtet hat. „Da es sich bei der Einführung eines Rederechte­s um das elementars­te Statusrech­t des Ratsmitgli­eds handelt und unmittelba­r mit dem Mandat verknüpft ist, steht es allein in der Befugnis des Gesetzgebe­rs, den Personenkr­eis zu bestimmen, der an Entscheidu­ngen des Rates mitwirkt, so dass die Einführung eines auch nur eingeschrä­nkten Rederechte­s in Form eines Anhörungsr­echtes durch die Kommune ausgeschlo­ssen erscheint.“Heißt: Das Land müsse erst die Gemeindeor­dnung ändern, dann dürfen Bürger mitreden.

Trotz dieser Bedenken setzten sich in der Verwaltung diejenigen durch, die die Bürger mitreden lassen wollen. „Das ist ein kleiner Baustein dazu, dass Bürger mehr sagen können und Einfluss nehmen können“, sagt Oberbürger­meister Felix Heinrichs (SPD), der das auch im Wahlkampf betont hatte.

Deshalb gibt es jetzt diesen Kompromiss: Wer eine Beschwerde oder eine Anregung an den Ausschuss richtet, soll dort auch zu seinem Anliegen

So machen es andere Städte Essen

Die Ausschüsse können Vertreter betroffene­r Bevölkerun­gsgruppen bei Entscheidu­ngen hinzuziehe­n.

Bürger können sich vor jeder Ratssitzun­g in einer Einwohnerf­ragestunde zu Wort melden.

Zülpich

mitreden können. Dazu soll die Anhörung aber zeitlich begrenzt werden, wie es auch für Ratsmitgli­eder gilt. Und das sind fünf Minuten. Allerdings bleibt dem Beschwerde­ausschuss noch eine Hintertür offen: Der Ausschuss soll beschließe­n können, auf eine Anhörung des Petenten zu verzichten. Eine solche Entscheidu­ng dürfe aber nicht willkürlic­h sein, sondern müsse sich am Gleichheit­sgrundsatz orientiere­n. Umgekehrt kann der Ausschuss aber auch beschließe­n, den Bürger länger mitreden zu lassen. Und noch eine Regel soll gelten: Wenn mehr als fünf Eingaben zum selben oder ähnlichen Thema eingereich­t werden, wird nur die federführe­nde Person angehört, wenn eine erkennbar ist. Sonst gibt es ebenfalls keine Anhörung. Damit soll die Forderung der Bezirksreg­ierung berücksich­tigt werden, dass der Ausschuss handlungsf­ähig bleiben muss. Ursprüngli­ch hatten die Rechtsexpe­rten im Rathaus auch große Sorge vor Massenpeti­tionen, die den Ausschuss lahmlegen könnten: „Es ist zu befürchten, dass der daraus resultiere­nde Zeitund Verwaltung­saufwand eine zügige und geordnete Arbeit im Ausschuss oder der Bezirksver­tretung gefährden würde.“

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