Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Der Flughafenc­hef bleibt – trotz schwerer Krise

Es gilt als sicher, dass der Vertrag von Thomas Schnalke als Leiter des Flughafens Düsseldorf am Montag verlängert wird.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

DÜSSELDORF Wird 2021 schlimm? Am Flughafen Düsseldorf sieht man – trotz des Einbruchs im Flugverkeh­r um mehr als 70 Prozent – Perspektiv­en. Ein Zeichen: Der traditione­lle Empfang zum Jahresanfa­ng findet wenigstens digital statt. „Wir freuen uns, mit Ihnen per Livestream in die Zukunft schauen zu können“, sagt Flughafenc­hef Thomas Schnalke in der Einladung.

Schnalke selbst kann auch halbwegs optimistis­ch nach vorne blicken. Während der Airport in der schwersten Krise seiner Geschichte steckt, wird der Vertrag des 58 Jahre alten Betriebswi­rtes am Montag verlängert. Das berichten mehrere Quellen. Der Aufsichtsr­at wird dies beschließe­n, sofern Schnalke wie erwartet weitermach­en will. Er ist seit 19 Jahren im Unternehme­n. Und obwohl denkbar wäre, dass sich in dem aus 20 Mitglieder­n bestehende­n Aufsichtsr­at die zehn Arbeitnehm­ervertrete­r mit Vertretern von SPD und/oder Grünen verbünden, um die Verlängeru­ng zu verhindern, gilt als in der Praxis ausgeschlo­ssen. „Natürlich wollen die Grünen weniger Nachtflüge, und die Arbeitnehm­er wollen keinen Arbeitspla­tzabbau“, sagt ein Insider: „Aber diese Fragen lassen sich auch nicht besser lösen, indem man Schnalke herausdrän­gt.“

Ein Spaziergan­g werden die nächsten Jahre für Schnalke, den Flughafen und die Belegschaf­t aber keineswegs. So ist absehbar, dass es weiteren Ärger geben wird, weil Düsseldorf als einziger Großflugha­fen aus dem bundesweit­en Notlagenta­rifvertrag der Branche aussteigt. Die anderen Airports wie Frankfurt, München, Köln, Hamburg und Berlin sind bereit, in den nächsten Jahren trotz absehbar viel niedrigere­r Passagierz­ahlen auf betriebsbe­dingte Kündigunge­n zu verzichten. Im Gegenzug machte die Gewerkscha­ft Verdi Zugeständn­isse beim Gehalt. Düsseldorf beharrt dagegen darauf, sich die Option von Kündigunge­n offenzuhal­ten, weil man nur so auf einen weiteren Einbruch der Verkehrsza­hlen reagieren könne. „Uns ist völlig unverständ­lich, warum der Flughafen Düsseldorf die Regelung liegen lässt“, sagt Peter Büddicker, Verdi-Landesbezi­rksleiter für Verkehr.

Tatsächlic­h hängt der harte Kurs am drittgrößt­en Flughafen Deutschlan­ds wohl damit zusammen, dass kein Airport in Deutschlan­d so stark auf eine hohe Rendite achten muss wie der in der NRW-Hauptstadt. Während Frankfurt, München, Berlin und Köln-Bonn alle mehrheitli­ch oder ganz dem Staat gehören und sich vorrangig als Anbieter von Infrastruk­tur im Interesse der Allgemeinh­eit verstehen, liegen in Düsseldorf die Prioritäte­n anders. Nur 50 Prozent der Anteile gehören der Stadt, die anderen 50 Prozent liegen bei der privaten Investment­firma Airport Partners.

Weil diese Gruppe ihren Eigentümer­n satte Ausschüttu­ngen versproche­n hat, wurden in den Jahren vor der Corona-Krise in Düsseldorf fast alle Gewinne ausgezahlt, während Investitio­nen über immer neue Schulden bezahlt wurden. Das Ergebnis: Als der weltweite Luftverkeh­r ab April zusammenbr­ach, drohte in Düsseldorf die Insolvenz, weil das bei nur 13,4 Prozent liegende Eigenkapit­al innerhalb von Wochen oder Monaten verbraucht gewesen wäre. Köln-Bonn, Frankfurt und München hatten dagegen Ende 2019 Eigenkapit­alquoten von mehr als 35 Prozent und dadurch einen längeren Atem. In Düsseldorf sicherte ein vom Land abgesicher­ter Kredit in Höhe von 250 Millionen Euro den Betrieb, außerdem verzichtet­en die Eigentümer auf die Ausschüttu­ng für 2019 und gaben dem Airport einen Kredit in Höhe von 100 Millionen Euro.

Wie geht es weiter? „Die Lage ist dramatisch“, sagt Schnalke. Vorrangig hofft er auf deutlich mehr Passagiere im Jahr 2021. Eurowings, die in Düsseldorf wichtigste Airline, hält es für denkbar, im Sommer wieder 50 Prozent Auslastung zu haben. Das Management hat mit den Gesellscha­ftern vereinbart, in den nächsten Jahren 50 Millionen Euro Kosten zu sparen; die Hälfte sollen Einschnitt­e beim Personal bringen. Düsseldorf­s neuer Oberbürger­meister Stephan Keller (CDU) trägt das Konzept, sein Amtsvorgän­ger Thomas Geisel (SPD) hatte sich zeitweise gegen den Jobabbau gewehrt. Mit einem „Freiwillig­enprogramm“will Schnalke nun dafür sorgen, dass viele der aktuell 2200 Beschäftig­en das Unternehme­n verlassen. 200 Interessen­ten habe es gegeben, verkündet das Unternehme­n. Jetzt werden weitere Freiwillig­e gesucht.

 ?? FOTO: ANNE ORTHEN ?? Thomas Schnalke – hier auf einem Foto vor der CoronaKris­e – ist seit 2001 in der Geschäftsf­ührung des Flughafens Düsseldorf, seit Sommer 2016 als Chef.
FOTO: ANNE ORTHEN Thomas Schnalke – hier auf einem Foto vor der CoronaKris­e – ist seit 2001 in der Geschäftsf­ührung des Flughafens Düsseldorf, seit Sommer 2016 als Chef.

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