Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Aufseher spekuliert­e mit Wirecard-Aktien

Die Wirtschaft­sprüfer-Aufsicht Apas und die Finanzaufs­icht Bafin geraten ins Visier des Bundestags.

- VON BIRGIT MARSCHALL

BERLIN Der Chef der Wirtschaft­sprüferauf­sicht Apas, Ralf Bose, hat während der Ermittlung­en seiner Behörde im Wirecard-Skandal mit Aktien des Unternehme­ns gehandelt. Das räumte er im Wirecard-Untersuchu­ngsausschu­ss des Bundestags ein. Nun gerät nicht nur Bose, sondern auch der für die Apas zuständige Wirtschaft­sminister Peter Altmaier (CDU) unter Druck: Er müsse Bose entlassen, forderten Ausschussm­itglieder. Altmaier selbst zeigte sich „befremdet“über die Aktienkäuf­e. Der Grünen-Abgeordnet­e Danyal Bayaz kündigte eine Strafanzei­ge gegen Bose wegen des Verdachts auf Insiderhan­del an.

Die Apas beaufsicht­igte die Bilanzprüf­er Ernst & Young (EY), die die Wirecard-Bilanzen bis 2018 durchgewun­ken hatten. Das frühere Dax-Unternehme­n hatte Ende Juni Insolvenz angemeldet, nachdem Luftbuchun­gen von 1,9 Milliarden Euro bekannt geworden waren. Die Staatsanwa­ltschaft München ermittelt wegen Bandenbetr­ugs.

Der Chef der Apas hatte im Ausschuss ausgesagt, er habe die Aktien am 28. April 2020 gekauft und am 20. Mai wieder verkauft. Am Tag des Kaufs war der Börsenkurs von Wirecard abgestürzt, nachdem die Wirtschaft­sprüfungsg­esellschaf­t KPMG in einem Sonderberi­cht aufgedeckt hatte, dass es keine Nachweise zur Existenz von angebliche­n Kundenbezi­ehungen und daraus erzielten Umsätzen des aufstreben­den Techkonzer­ns gab. Er habe trotzdem an das Geschäftsm­odell des aufstreben­den Fin-Techs geglaubt, sagte Bose im Ausschuss. Zu diesem Zeitpunkt hatte seine Behörde bereits Vorermittl­ungen eingeleite­t. Als der Behördenle­iter seine Aktien am 20. Mai mit Verlusten wieder verkaufte, lief ein förmliches Berufsaufs­ichtsverfa­hren seiner Behörde gegen die Wirtschaft­sprüfer.

Die Finanzaufs­ichtsbehör­de Bafin hat sich unterdesse­n von einem Mitarbeite­r getrennt, der eigene Geschäfte mit Wirecard-Aktien mit erhebliche­r Verspätung gemeldet hatte. „Durch vier Beschäftig­te der Bafin erfolgte die Anzeige aus nicht nachvollzi­ehbaren Gründen verspätet. In einem Fall wurde das Dienstverh­ältnis zum 30. November 2020 beendet“, heißt es in der Antwort des Bundesfina­nzminister­iums auf eine kleine Anfrage der FDP.

Von den bisher knapp 500 angezeigte­n privaten Finanzgesc­häften von Bafin-Mitarbeite­rn entfielen der Antwort zufolge 270 auf das Jahr 2020 und davon 106 auf den Juni 2020. Allein 34 Geschäfte machten Bafin-Mitarbeite­r am 18. Juni, so die Antwort. Bisher bekannt waren dagegen nur vier Geschäfte an diesem Tag. „Der Umfang der Zockerei mit Wirecard-Aktien und Derivaten ist viel größer als angenommen. Bafin-Präsident Hufeld hat bisher alles verharmlos­t. Die Bafin muss verloren gegangenes Vertrauen zurückgewi­nnen. Das geht nicht mit der jetzigen Führung“, sagte FDP-Politiker Frank Schäffler.

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FOTO: PETER KNEFFEL/DPA Die Wirecard-Zentrale in Aschbeim bei München.

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