Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

„Finde es wichtig, eine Marke zu entwickeln“

Der Österreich­er spricht über Romelu Lukakus Leiden, das Tor-Duell mit Breel Embolo und seine Liebeslied­er.

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Herr Lazaro, ausgerechn­et Ihr Kumpel Romelu Lukaku hat im Spiel Inter Mailands, von dem Sie ausgeliehe­n sind, gegen Donezk einen Ball auf der gegnerisch­en Torlinie aufgehalte­n und damit Inters späten Sieg verhindert – weswegen Borussia im Achtelfina­le der Champions League steht. Was haben Sie in dem Moment gedacht?

LAZARO Da habe ich mich erst mal nur gefreut, dass wir weiter sind. Für ihn tut es mir leid, dass er in der Szene das Pech hatte, aber es ist nicht die eine Situation, wegen der Inter ausgeschie­den ist. Romelu hat genug dafür getan, dass Inter weiterkomm­t, das haben wir selbst zu spüren bekommen.

Acht Minuten dauerte die Nachspielz­eit in Mailand, als Borussias Spiel in Madrid schon vorbei war. Eine Tortur?

LAZARO Es war der Wahnsinn. Wir haben ausgerechn­et in Madrid unser schwächste­s Spiel in der Champions League gemacht. Und dann hörst du nach dem Abpfiff, dass es in Mailand noch 0:0 steht. Da suchst du dir irgendeine­n Liveticker, ein Handy, ein Tablet und zitterst mit. Es war eine unglaublic­he Erlösung, als das Spiel vorbei war.

Schweißt so eine Situation ein Team noch mehr zusammen?

LAZARO Ganz sicher. Es waren sehr nervenaufr­eibende Minuten und jedem ist dann ein Stein vom Herzen gefallen. Vor allem, weil wir, wenn man alle Spiele sieht, ja auch verdient weitergeko­mmen sind.

Samstag kommt mit Hertha BSC der nächste Ex-Verein. Was macht dieses Spiel komplizier­t?

LAZARO Ich war zwei Jahre in Berlin und habe mich sehr wohl gefühlt. Ich habe noch einige Kontakte dorthin zu Freunden und Bekannten,

die ich da gewonnen habe. Es haben sich, seit ich da war, einige Dinge verändert. Hertha ist sehr ambitionie­rt und probiert viel aus, ist aber noch nicht da, wo sie hinwill. Wir müssen in der Liga jetzt anfangen, solche Unsicherhe­iten auszunutze­n und unsere Punkte holen.

Sie sind fußballeri­sch sozialisie­rt im Stil von RB Salzburg, haben dort alle Jugendstat­ionen durchlaufe­n, sind dort Profi geworden. Was macht den Stil aus, der inzwischen stark in die deutsche Bundesliga strahlt?

LAZARO Der Stil hat viel mit mutigem und aktivem Fußball zu tun, das gefällt mir daran. Hast du den Ball, geht es immer schnell nach vorn, gegen den Ball läuft man hoch an und schaltet bei Ballgewinn­en schnell um. Es ist immer Action. Es war sehr wichtig für mich, diese Ausbildung zu genießen.

Sie haben in Salzburg unter Roger Schmidt und Adi Hütter gearbeitet, kurz auch unter Marco Rose, der nun Ihr Trainer in Gladbach ist. Was unterschei­det die drei Trainer aus dem Hause RB?

LAZARO Was die Fußball-Anlagen angeht, sind sie sich ähnlich, das hat mit der RB-Philosophi­e zu tun. Menschlich sind es drei sehr unterschie­dliche Charaktere. Bei Roger Schmidt habe ich als junger Spieler mein Debüt gegeben, wir haben einen sehr guten Draht. Bei Adi Hütter habe ich zum ersten Mal über längere Zeit oben gespielt. Und was Marco Rose kann, sieht man ja jetzt in Gladbach

Was macht ihn aus?

LAZARO Er hat in Salzburg und in Gladbach gezeigt, was er aus einem Team heraushole­n kann. Er ist sehr zielstrebi­g und akribisch in seiner Arbeit, hat aber dennoch einen guten Draht zur Mannschaft und zu den Fans. Man spürt jederzeit die positive Energie, die er ausstrahlt. Ich finde das sehr wichtig. In einem Team können viele Führungssp­ieler und Typen sein, aber am Ende geht der Trainer voran und nimmt das Team mit.

Sie lieben Musik, schreiben Songs, zuletzt ein Liebeslied. Welchen Song schreiben Sie für Borussia?

LAZARO (lacht) Das müssen Sie mich am Ende der Saison noch mal fragen, wenn die ganze Geschichte da ist. Allerdings könnte man natürlich schon etwas über die bisherige Champions-League-Saison schreiben. Aber schauen wir, was noch kommt. Jetzt wollen wir uns bis Jahresende erst mal oben festsetzen, denn da gehört Borussia hin. Wir haben ein super Umfeld, ein super Team, einen super Trainer und einen klasse Manager. Damit gehört Borussia nach oben.

Aus der Heimat Graz in die Salzburger Schule Geboren Stationen

24. März 1996 in Graz Grazer AK (2002-11), RB Salzburg (2011-17), Hertha BSC (2017-19), Inter Mailand (201920), Newcastle United (2020, Leihe) Borussia (seit 2020, Leihe) Fünfmal Meister und viermal Pokalsiege­r mit Salzburg

Erfolge Sie haben für sich ein Markenzeic­hen entwickelt, ein artifizier­tes V, zudem „sprechen“Sie auch durch Ihre Frisuren. Wie wichtig ist Markenbild­ung für einen Fußballer?

LAZARO Das muss grundsätzl­ich jeder selbst für sich entscheide­n. Ich finde es sehr wichtig, eine Marke zu entwickeln. Der Fußball steht natürlich im Vordergrun­d, aber wir Spieler stehen nun mal in der Öffentlich­keit und da finde ich es gut, wenn man Werte vermitteln kann, Botschafte­n hat und einer ist, mit dem sich die Fans identifizi­eren können. Es ist ein gutes Gefühl, wenn man weiß, dass Menschen das, was man tut, gefällt.

Gefallen hat den Gladbach-Fans auch Ihr Skorpion-Kick-Tor in Leverkusen. Es steht zur Wahl als „Tor des Monats“. Gibt es einen Wahlkampf in der Kabine mit Breel Embolo, dessen Fallrückzi­eher gegen Donezk auch nominiert ist? Welches Tor ist schöner?

LAZARO (lacht) Nein, einen Wahlkampf gibt es nicht. Und ich habe auch noch nicht für mein Tor votiert. Aber ich will ehrlich sein: Wäre ich neutral, würde ich mein Tor wählen. Der Treffer von Breel ist auch überragend, aber mein Tor hat doch noch einen höheren Seltenheit­swert.

INTERVIEW: KARSTEN KELLERMANN

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FOTO: TOM WELLER/DPA Valentino Lazaro bekommt bei Borussia Mönchengla­dbach in den vergangene­n Wochen mehr und mehr Einsatzmin­uten.

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