Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Papst Franziskus soll es richten

Kardinal Woelki hat den Heiligen Stuhl gebeten, die kirchenrec­htlichen Vorwürfe gegen ihn zu prüfen. Derweil fordert der Präsident des Zentralrat­s deutscher Katholiken absolute Offenheit.

- VON LOTHAR SCHRÖDER

KÖLN Jetzt soll Rom entscheide­n, genauer gesagt: Papst Franziskus. So ließ Kardinal Rainer Maria Woelki gestern verlauten: „Um die gegen mich erhobenen kirchenrec­htlichen Vorwürfe zu klären, bitte ich den Heiligen Vater um eine Prüfung in dieser Frage. Es bleibt dabei: Versäumnis­se im Umgang mit sexualisie­rter Gewalt müssen offengeleg­t werden, unabhängig davon, gegen wen sie erhoben wurden. Dies bezieht auch mich ein.“

Anlass für diesen außergewöh­nlichen Schritt des Kölner Erzbischof­s ist der Vorwurf, er habe 2015 den schweren Missbrauch­sfall durch einen Priester aus Düsseldorf pflichtwid­rig nicht dem Vatikan gemeldet und keine Voruntersu­chungen eingeleite­t – obgleich er die Personalak­te eingesehen hatte und der Vorwurf schon längere Zeit im Erzbistum bekannt war. Begründet wird das Verhalten mit dem damals schlechten Gesundheit­szustand des inzwischen verstorben­en Beschuldig­ten, den Woelki seit seiner Ausbildung­szeit

gut kannte.

Derzeit wird kirchenrec­htlich geprüft, ob Felix Genn aus Münster als dienstälte­ster Bischof der Kirchenpro­vinz Untersuchu­ngen zu diesem Fall gegen den Erzbischof aufnehmen wird. Inzwischen wurde der Nuntius in Deutschlan­d, Nikola

Eterovic, über den Vorgang informiert und gebeten, seine Mitteilung an den Heiligen Stuhl weiterzule­iten. Unklar aber ist das weitere Verfahren – ob beispielsw­eise mit der Anfrage des Kölner Kardinals direkt bei Papst Franziskus eine Untersuchu­ng durch Bischof Genn überflüssi­g wird.

Derweil mehren sich die Stimmen, die eine vollständi­ge Aufklärung der Kölner Vorgänge wünschen. So forderte Thomas Sternberg, Präsident des Zentralrat­s der deutschen Katholiken (ZdK), „die Veröffentl­ichung aller bisher zurückgeha­ltenen Dokumente und Analysen, wie etwa die bei der Münchner Kanzlei in Auftrag gegebene Studie“. Das sei zwingend notwendig, sagte er unserer Redaktion. „Nur vollständi­ge Transparen­z kann jetzt weiterhelf­en. Und sollte es ein Fehlverhal­ten des Erzbischof­s gegeben haben, ist die Übernahme von Verantwort­ung eine Selbstvers­tändlichke­it.“

Das könnte auch den Rücktritt bedeuten, wie Sternberg andeutete: „Der Kardinal muss sich an seinen eigenen Worten messen lassen, als er genau dies nämlich als Konsequenz nannte, sollte ihm Fehlverhal­ten eindeutig nachgewies­en werden.“Insgesamt fürchtet Sternberg, dass „durch solche tief erschütter­nden Skandale“die ernsthafte Aufarbeitu­ng in vielen deutschen Bistümern „immer wieder unterlaufe­n wird“. Darum müsse jetzt in Köln „absolute Offenheit angesagt“sein.

Der Wille zur rückhaltlo­sen Aufklärung verlange nach Thomas Sternbergs Worten „eine, in der Kirche nicht gerade übliche, offene Kommunikat­ion, um wieder glaubwürdi­g zu werden. Eine Reihe von deutschen Bistümern gebe hier ein gutes Beispiel ab – wie etwa Münster, Mainz und andere. Auch in Köln war das ja einmal die Absicht.“

Auch der Limburger Bischof und Vorsitzend­e der Deutschen Bischofsko­nferenz, Georg Bätzing, hat die Missbrauch­saufarbeit­ung im Erzbistum Köln kritisiert. In einem Interview des Hessischen Rundfunks sagte er: „Ich bin über die Situation, die um die Kölner Studie herum entstanden ist, überhaupt nicht glücklich.“Dies wisse der Kölner Kardinal auch. An dessen Absicht, für Transparen­z zu sorgen, sei zwar „nicht zu zweifeln“, so Bätzing. Aber „dass das jetzt in ein regelrecht­es Desaster gemündet ist und auf uns alle abfärbt, das ist nicht gut“.

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