Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Die Kunst, die vom Himmel fiel
DÜSSELDORF Rätselhafte Kunstobjekte schießen wie Pilze aus dem Boden, vielleicht regnen sie aber auch auf die Erde, man weiß es nicht. Ende November wurde in der Felsenküste von Utah ein Metallquader gefunden. Er ragte drei Meter aus dem Boden – wie das Objekt, das die Urmenschen in Stanley Kubricks Film „2001“so ratlos machte.
Als „Monolith von Utah“wird die Stele bezeichnet, und seither tauchten ähnliche Objekte auf: in Belgien, Spanien, den Niederlanden, Großbritannien. Und nun auch in Bayern: Nahe dem Schloss Neuschwanstein steckt ein zwei Meter hoher Quader im Schnee
Der Zahnstocher eines Außerirdischen? Ein Wink des Himmels? Alles ungeklärt.
Natürlich fragt man sich zuerst, wer diese Objekte wohl geschaffen und verteilt hat. Aber man fragt sich auch: Ist das Kunst? Ed Ruscha schuf 1979 einen künstlichen Felsen, den er „Rocky II“nannte. Er versteckte ihn zwischen anderen Brocken in der Mojave-Wüste, wo er noch heute unerkannt liegt.
Als schwarzes Schaf sozusagen, als künstlerisches Kuckucksei.
„Nicht uninteressant“, urteilt Gregor Jansen von der Kunsthalle Düsseldorf
über die aktuellen Fundstücke. Wenn es Kunst sei, dann sei sie am ehesten dem Bereich Minimal Art zuzuordnen. Und der Künstler Mischa Kuball fühlt sich an den Bildhauer John McCracken erinnert, dessen Arbeiten einst auch Kubrick inspirierten. McCracken malte sich in Interviews aus, wie es wäre, Kunst an entlegenen Orten aufzustellen, damit sie später gefunden wird. Allerdings starb McCracken bereits 2011.
Wer auch immer verantwortlich ist für diese Objekte: „Es ist eine super Idee, den öffentlichen Raum zurückzuerobern“, sagt Kuball. Aus seiner Sicht ist es für das Anliegen der Urheber unbedingt notwendig, die Autorenschaft im Dunkeln zu lassen. Dass ihnen das gelinge, beweise die Klasse der Leute, die hinter der Installation stehen. „Es geht bei dieser Aktion um das Erscheinen und Verschwinden.“Die Objekte stünden als Symbol für das Neue. „Sie sind nicht Ausdruck von Menschheitsbejahung“, sagt Kuball, „sie sind Zeugen des Endes des Anthropozäns.“Die Qualität der Objekte sei unterschiedlich, findet er. Zumindest der Monolith aus Utah aber sei perfekt gearbeitet. „In Kubricks ‚2001’ läutete der Quader das Unbekannte ein“, sagt Kuball. „Warum nicht auch bei uns?“