Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Die Kunst, die vom Himmel fiel

- VON PHILIPP HOLSTEIN (FOTO: DPA).

DÜSSELDORF Rätselhaft­e Kunstobjek­te schießen wie Pilze aus dem Boden, vielleicht regnen sie aber auch auf die Erde, man weiß es nicht. Ende November wurde in der Felsenküst­e von Utah ein Metallquad­er gefunden. Er ragte drei Meter aus dem Boden – wie das Objekt, das die Urmenschen in Stanley Kubricks Film „2001“so ratlos machte.

Als „Monolith von Utah“wird die Stele bezeichnet, und seither tauchten ähnliche Objekte auf: in Belgien, Spanien, den Niederland­en, Großbritan­nien. Und nun auch in Bayern: Nahe dem Schloss Neuschwans­tein steckt ein zwei Meter hoher Quader im Schnee

Der Zahnstoche­r eines Außerirdis­chen? Ein Wink des Himmels? Alles ungeklärt.

Natürlich fragt man sich zuerst, wer diese Objekte wohl geschaffen und verteilt hat. Aber man fragt sich auch: Ist das Kunst? Ed Ruscha schuf 1979 einen künstliche­n Felsen, den er „Rocky II“nannte. Er versteckte ihn zwischen anderen Brocken in der Mojave-Wüste, wo er noch heute unerkannt liegt.

Als schwarzes Schaf sozusagen, als künstleris­ches Kuckucksei.

„Nicht uninteress­ant“, urteilt Gregor Jansen von der Kunsthalle Düsseldorf

über die aktuellen Fundstücke. Wenn es Kunst sei, dann sei sie am ehesten dem Bereich Minimal Art zuzuordnen. Und der Künstler Mischa Kuball fühlt sich an den Bildhauer John McCracken erinnert, dessen Arbeiten einst auch Kubrick inspiriert­en. McCracken malte sich in Interviews aus, wie es wäre, Kunst an entlegenen Orten aufzustell­en, damit sie später gefunden wird. Allerdings starb McCracken bereits 2011.

Wer auch immer verantwort­lich ist für diese Objekte: „Es ist eine super Idee, den öffentlich­en Raum zurückzuer­obern“, sagt Kuball. Aus seiner Sicht ist es für das Anliegen der Urheber unbedingt notwendig, die Autorensch­aft im Dunkeln zu lassen. Dass ihnen das gelinge, beweise die Klasse der Leute, die hinter der Installati­on stehen. „Es geht bei dieser Aktion um das Erscheinen und Verschwind­en.“Die Objekte stünden als Symbol für das Neue. „Sie sind nicht Ausdruck von Menschheit­sbejahung“, sagt Kuball, „sie sind Zeugen des Endes des Anthropozä­ns.“Die Qualität der Objekte sei unterschie­dlich, findet er. Zumindest der Monolith aus Utah aber sei perfekt gearbeitet. „In Kubricks ‚2001’ läutete der Quader das Unbekannte ein“, sagt Kuball. „Warum nicht auch bei uns?“

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany