Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Von Ruhe und Krawall
Nach der Dauerpräsenz im Wahlkampf ist es ruhig geworden um die neuen Regierenden im Rathaus. Anders bei der Gegenseite: Für den Parteivorsitz der CDU gibt es jetzt zwei Bewerber. Kampfmodus garantiert.
Es ist irgendwie still, finden Sie nicht auch? Das liegt natürlich an der Pandemie und ihren Einschränkungen, klar. Aber auch von der Politik hört man wenig. Zumindest von jenen, die jetzt neu im Rathaus regieren. Vermutlich müssen die sich noch vom Wahlkampf regenerieren. So eine Dauerberieselung mit Präsenz und Botschaften raubt schließlich Kraft.
Die sinkende politische Pulsfrequenz ist messbar, etwa an sinkenden Aktivitäten in sozialen Medien. Zum Beispiel der neue Oberbürgermeister Felix Heinrichs: Über Monate konnte man meinen, es gäbe zehn von ihm, denn egal wo, er schien immer schon da. Und das auf allen Kanälen. In echt, auf Plakaten, vor allem aber in den Sozialen Medien. Alleine in den sechs Wochen vor der Stichwahl setzte Heinrichs 95 Posts bei Facebook ab und etwa genauso viele bei Instagram. Das sind vier am Tag – muss man erst mal schaffen. Seit er im Amt ist, ist das virtuelle Tempo raus. Heinrichs Botschaften ans Volk sind bei Facebook um die Hälfte, bei Instagram sogar um zwei Drittel gesunken.
Aber was sind schon Zahlen ... Der neue Rathaus-Chef hat dafür jetzt vermutlich nicht mehr so viel Zeit. Dass er sein Pflichtprogramm erledigt, ist ja den Videos, Fotos und Texten zu entnehmen: Ehrungen, Spatenstich, Petition, Fördergeld,
Impfzentrum. Dazu noch das nicht für alle Sichtbare wie Sitzungen, Verhandlungen, Aufsichtsräte (gestern bei der NEW) oder Gremien wie der Stadtrat am kommenden Mittwoch. Sollten Sie Ihre Kommunalpolitiker übrigens trotz Corona mal wieder sehen wollen: Die Sitzung wird live im Internet übertragen. Mit lautstarken Differenzen ist wohl nicht zu rechnen, nicht mal bei der Anrechnung von Studien- und Berufsjahren auf die Pensionsansprüche des Rathaus-Chefs.
Krawalliger geht es bei der CDU zu. Die befindet sich intern seit mehr als einem Jahr im Kampfmodus – und das wird vorerst so bleiben. Es wird über einen neuen Parteichef abgestimmt, Günter Krings gibt Ende Januar 2021 den Posten nach zehn Jahren ab.
Und seit einigen Tagen steht fest: Es wird nicht nur einen Interessenten geben. Nachdem bereits vor Wochen der Landtagsabgeordnete Jochen Klenner per Brief an die Mitglieder seinen Hut in den Ring geworfen hat – im Team mit zwei jungen Frauen, Vanessa Odermatt und Dominique Bielen – ist nun ein zweiter Anwärter aus der Deckung gekommen: Ratsherr Martin Heinen soll im CDU-Bezirk Nord seine Kandidatur erklärt und deutliche Unterstützung bekommen haben. Auch in seinem Team sind zwei Frauen: Annette Bonin und Simone Damm-Zehetner.
Mit dem Showdown um die Parteispitze setzt sich fort, was sich bereits durchs Wahljahr gezogen hat. Die CDU tritt nicht als Einheit auf, es agieren unterschiedliche Lager. Wo die Linien verlaufen, wurde mit der Kampfabstimmung zur OB-Kandidatur deutlich, die Frank Boss nur knapp vor Petra Heinen-Dauber gewann. Bei der Kommunalwahl verlor die CDU erst den OB-Posten, danach die Beteiligung an der Ratsmehrheit. Jetzt die nächste Kampfkandidatur.
Und die anderen? Die lässt man lieber in Ruhe.