Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Wegen Corona geht auch trauern nur mit Abstand

In der Corona-Pandemie haben sich auch Bestattung­en grundlegen­d verändert: Viele Richtlinie­n müssen eingehalte­n werden, die den Abschied erschweren.

- VON KATHRIN BOEHME RP-FOTO: RUTH KLAPPROTH

WEGBERG Trauern und von Verstorben­en Abschied nehmen fällt auch unter normalen Umständen schwer, während einer Pandemie werden Bestattung­en aber zu einer wahren Herausford­erung für alle Beteiligte­n. Die Kontaktreg­eln machen vor Trauerfeie­rn nicht Halt: Die Abstände müssen eingehalte­n werden, nur eine begrenzte Teilnehmer­zahl darf anwesend sein und muss einen Mund-Nasen-Schutz tragen, es gibt kein Zusammentr­effen bei Kaffee und Kuchen nach dem Begräbnis – die Liste der Regeln für eine Beerdigung

„Bestattung­en unter Corona-Bedingunge­n sind eine riesige Herausford­erung“Torsten Heiss Bestatter in Wegberg

in Corona-Zeiten ist lang.

Nicht nur für die Trauernden ist das letzte Ritual somit grundlegen­d anders. Auch Bestatter Torsten Heiss aus Wegberg muss sich aufgrund der Pandemie in seinem langjährig­en Beruf vielen Änderungen stellen. „Wenn mir jemand vor einem Jahr gesagt hätte, dass sich die Bestattung­skultur so grundlegen­d ändert, hätte ich wohl nur gelacht“, erklärt er rückblicke­nd, „Bestattung­en unter Corona-Bedingunge­n sind eine riesige Herausford­erung und dabei geht ein Stück weit gerade das Persönlich­e verloren, was uns besonders trifft“.

Schon die Vorbereitu­ng eines Begräbniss­es wird unter vielen Hygieneanw­eisungen geregelt: Genügend Desinfekti­onsmittel muss vorhanden sein, Mund-Nasen-Schütze liegen für Angehörige bereit, die ihre vergessen haben, auch die Abstandsre­geln eines Gottesdien­stes werden überwacht und alle Teilnehmen­den in Listen erfasst.

Ist der Verstorben­e mit dem Coronaviru­s infiziert, erhöht sich der Vorbereitu­ngsaufwand noch darüber hinaus: Der Körper muss desinfizie­rt werden und wird in einer Leichenhül­le eingebette­t.

Auch der Sarg und alle anderen möglichen Kontaktste­llen werden gesäubert, die Bestatter und Bestatteri­nnen tragen Schutzklei­dung und schreiben Hygienepro­tokolle, damit nichts vergessen wird. „Der Eigenschut­z steht an dieser Stelle im Vordergrun­d, auch nur bei Verdacht auf eine Corona-Infektion betreiben wir diesen Aufwand zur Sicherheit aller“, erklärt Torsten Heiss.

Nach den bundesweit­en Regeln ist in diesem Fall auch eine Verabschie­dung

am Sarg nicht mehr möglich, da dieser geschlosse­n bleiben muss, was den Angehörige­n die Gelegenhei­t zu einem letzten, persönlich­en Gruß nimmt.

Der Trauerbesu­ch hat sich geändert, Torsten Heiss legt auf diesen viel Wert: „Wenn Angehörige in Quarantäne waren oder ein persönlich­er Besuch zu riskant erschien, haben wir telefonier­t oder ein Treffen über Video vereinbart, welche mir immer lieber sind. Wir sind auch ein wenig Seelsorger, mir ist wichtig, dass ein Gesicht zu sehen ist und die Menschen Nähe spüren, auch wenn wir sie aktuell nicht in den Arm nehmen dürfen“.

Seiner Erfahrung nach haben die Angehörige­n viel Verständni­s für die auferlegte­n Regeln. Dennoch trifft ein Verlust die meisten Menschen in der aktuellen Zeit doppelt: Der Abschied darf nur im engsten Kreis stattfinde­n, was Familien vor harte Auswahlent­scheidunge­n stellt.

Auf dem Friedhof selbst sind allerdings – unter freiem Himmel und mit Abstand – bis zu 100 Personen erlaubt. Am Anfang der Pandemie durften nur maximal zehn Angehörige kommen, das Land hat diese Regelung mit der Begründung, dass ein würdiger Abschied jedem möglich sein soll, aber geändert.

Auf digitale Weise hat Torsten Heiss aber auch eine Bestattung, zu der deutlich mehr als 100 Menschen kommen wollten, gelöst: Der Rest der weit über NRW verteilten Angehörige­n konnten per Videoübert­ragung an der Verabschie­dung teilnehmen.

„Natürlich können unsere digitalen Lösungen nicht den Kontakt zum Menschen ersetzen“, betont Heiss, „in der aktuellen Situation nützen uns die Medien, aber jeder Abschied sollte persönlich und individuel­l sein. Wir hoffen, bald wieder richtige Nähe vermitteln zu können“.

Bis Bestattung­en wieder unter normalen Umständen ablaufen können, werden so andere Wege genutzt, um Trauernden die schwere Zeit so erträglich wie möglich zu machen.

 ??  ?? Bestatter Torsten Heiss aus Wegberg hat an einem leeren Sarg, der für einen an Covid-19 Verstorben­en vorgesehen ist, das standardis­ierte Warnhinwei­sschild angebracht.
Bestatter Torsten Heiss aus Wegberg hat an einem leeren Sarg, der für einen an Covid-19 Verstorben­en vorgesehen ist, das standardis­ierte Warnhinwei­sschild angebracht.

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