Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Wegen Corona geht auch trauern nur mit Abstand
In der Corona-Pandemie haben sich auch Bestattungen grundlegend verändert: Viele Richtlinien müssen eingehalten werden, die den Abschied erschweren.
WEGBERG Trauern und von Verstorbenen Abschied nehmen fällt auch unter normalen Umständen schwer, während einer Pandemie werden Bestattungen aber zu einer wahren Herausforderung für alle Beteiligten. Die Kontaktregeln machen vor Trauerfeiern nicht Halt: Die Abstände müssen eingehalten werden, nur eine begrenzte Teilnehmerzahl darf anwesend sein und muss einen Mund-Nasen-Schutz tragen, es gibt kein Zusammentreffen bei Kaffee und Kuchen nach dem Begräbnis – die Liste der Regeln für eine Beerdigung
„Bestattungen unter Corona-Bedingungen sind eine riesige Herausforderung“Torsten Heiss Bestatter in Wegberg
in Corona-Zeiten ist lang.
Nicht nur für die Trauernden ist das letzte Ritual somit grundlegend anders. Auch Bestatter Torsten Heiss aus Wegberg muss sich aufgrund der Pandemie in seinem langjährigen Beruf vielen Änderungen stellen. „Wenn mir jemand vor einem Jahr gesagt hätte, dass sich die Bestattungskultur so grundlegend ändert, hätte ich wohl nur gelacht“, erklärt er rückblickend, „Bestattungen unter Corona-Bedingungen sind eine riesige Herausforderung und dabei geht ein Stück weit gerade das Persönliche verloren, was uns besonders trifft“.
Schon die Vorbereitung eines Begräbnisses wird unter vielen Hygieneanweisungen geregelt: Genügend Desinfektionsmittel muss vorhanden sein, Mund-Nasen-Schütze liegen für Angehörige bereit, die ihre vergessen haben, auch die Abstandsregeln eines Gottesdienstes werden überwacht und alle Teilnehmenden in Listen erfasst.
Ist der Verstorbene mit dem Coronavirus infiziert, erhöht sich der Vorbereitungsaufwand noch darüber hinaus: Der Körper muss desinfiziert werden und wird in einer Leichenhülle eingebettet.
Auch der Sarg und alle anderen möglichen Kontaktstellen werden gesäubert, die Bestatter und Bestatterinnen tragen Schutzkleidung und schreiben Hygieneprotokolle, damit nichts vergessen wird. „Der Eigenschutz steht an dieser Stelle im Vordergrund, auch nur bei Verdacht auf eine Corona-Infektion betreiben wir diesen Aufwand zur Sicherheit aller“, erklärt Torsten Heiss.
Nach den bundesweiten Regeln ist in diesem Fall auch eine Verabschiedung
am Sarg nicht mehr möglich, da dieser geschlossen bleiben muss, was den Angehörigen die Gelegenheit zu einem letzten, persönlichen Gruß nimmt.
Der Trauerbesuch hat sich geändert, Torsten Heiss legt auf diesen viel Wert: „Wenn Angehörige in Quarantäne waren oder ein persönlicher Besuch zu riskant erschien, haben wir telefoniert oder ein Treffen über Video vereinbart, welche mir immer lieber sind. Wir sind auch ein wenig Seelsorger, mir ist wichtig, dass ein Gesicht zu sehen ist und die Menschen Nähe spüren, auch wenn wir sie aktuell nicht in den Arm nehmen dürfen“.
Seiner Erfahrung nach haben die Angehörigen viel Verständnis für die auferlegten Regeln. Dennoch trifft ein Verlust die meisten Menschen in der aktuellen Zeit doppelt: Der Abschied darf nur im engsten Kreis stattfinden, was Familien vor harte Auswahlentscheidungen stellt.
Auf dem Friedhof selbst sind allerdings – unter freiem Himmel und mit Abstand – bis zu 100 Personen erlaubt. Am Anfang der Pandemie durften nur maximal zehn Angehörige kommen, das Land hat diese Regelung mit der Begründung, dass ein würdiger Abschied jedem möglich sein soll, aber geändert.
Auf digitale Weise hat Torsten Heiss aber auch eine Bestattung, zu der deutlich mehr als 100 Menschen kommen wollten, gelöst: Der Rest der weit über NRW verteilten Angehörigen konnten per Videoübertragung an der Verabschiedung teilnehmen.
„Natürlich können unsere digitalen Lösungen nicht den Kontakt zum Menschen ersetzen“, betont Heiss, „in der aktuellen Situation nützen uns die Medien, aber jeder Abschied sollte persönlich und individuell sein. Wir hoffen, bald wieder richtige Nähe vermitteln zu können“.
Bis Bestattungen wieder unter normalen Umständen ablaufen können, werden so andere Wege genutzt, um Trauernden die schwere Zeit so erträglich wie möglich zu machen.