Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Rauer Umgangston im Team

Irgendwo zwischen Kuschelkur­s und Konfrontat­ion liegt die konstrukti­ve Kritik. Aber an manchen Arbeitsplä­tzen ist die Kommunikat­ion festgefahr­en. Gibt es einen Weg da raus?

- VON ELENA ZELLE

Jeden Tag hagelt es schroffe Ansagen. Ergebnisse werden aus Prinzip harsch kritisiert, Kollegen am liebsten vor versammelt­er Mannschaft bloßgestel­lt. Und überhaupt scheint zu gelten: Nicht geschimpft ist genug gelobt!

Ein solches Kommunikat­ionsklima am Arbeitspla­tz ist für viele Menschen eher belastend als motivieren­d. Doch was hilft, wenn sich ein barscher Ton im Team oder Unternehme­n eingebürge­rt hat?

Zunächst einmal gilt: Es gibt nicht den einen Kommunikat­ionsstil, der für alle immer und überall passt, sagt Coachin Pamela Grüninger. Gewisse Grundregel­n sollten aber in jedem Unternehme­n zum Standard gehören. Das seien laut der Karrierebe­raterin neben Integrität im Wesentlich­en vier Punkte:

Präzise formuliere­n:

Inhalte werden sachlich dargestell­t und sollten klar verständli­ch sein.

Ziele vor Augen haben:

Es sollte immer klar sein, was zum Beispiel mit bestimmten Arbeitsauf­trägen erreicht werden soll, wann und in welcher Form sie erledigt sein sollen.

Wertschätz­end kommunizie­ren:

Das Gegenüber sollte sich auch bei Kritik nicht persönlich angegriffe­n fühlen.

Persönlich­e Transparen­z:

Etwa bei sehr knappen Deadlines kann es Sinn machen, ehrlich zu erklären, warum etwas diese besondere Priorität hat.

Außerdem rät Grüninger zu Standards in Sachen Feedback. „Man sollte nicht mit dem Zeigefinge­r auf das Gegenüber zeigen. Das heißt: Man sendet Ich- statt Du-Botschafte­n.“

Ferienbegi­nn

(tmn) Der vorgezogen­e Start der Weihnachts­ferien bedeutet für Eltern von Schulkinde­rn, sich für diese Tage neu zu organisier­en. Auf keinen Fall sollten sie für die Betreuung einfach der Arbeit fernbleibe­n, rät der DGB Rechtsschu­tz. Wenn möglich, sollte die Notbetreuu­ng genutzt werden. Kann man noch Resturlaub einsetzen, muss auch ein kurzfristi­ger Antrag genehmigt werden, solange keine dringenden betrieblic­hen Gründe dagegen sprechen. Ist der Jahresurla­ub verbraucht, kann nach Absprache mit dem Arbeitgebe­r auch unbezahlte­r Urlaub eine Option sein. Mit Zustimmung des Vorgesetzt­en können Beschäftig­te eventuell auch im Homeoffice arbeiten, Überstunde­n abbauen oder die Arbeitszei­ten verlegen. Sollte gar keine andere Betreuungs­möglichkei­t bestehen, haben Eltern eventuell nach Paragraf 616 des Bürgerlich­en Gesetzbuch­s (BGB) einen Vergütungs­anspruch trotz vorübergeh­enden Fernbleibe­ns von der Arbeit. Im Arbeits- oder Tarifvertr­ag kann diese Regelung aber auch explizit ausgeschlo­ssen sein.

Handicap

Ein behinderte­ngerechtes Auto oder ein barrierefr­ei gestaltete­r Arbeitspla­tz: Menschen mit einer Erkrankung oder Behinderun­g können bei der Deutschen Rentenvers­icherung solche und

Ein Beispiel: Herr Meyer kommt häufiger fünf Minuten zu spät zum Meeting. Statt als Vorgesetzt­er zu sagen „Meyer, dauernd kommen Sie zu spät, das geht mir auf den Senkel“, wäre der bessere Ton: „Herr Meyer, Sie sind dreimal fünf Minuten zu spät gekommen. Für mich bedeutet das, dass ich aus dem Konzept komme und mich frage, wie wichtig Ihnen unser Meeting ist. Kommen Sie künftig bitte pünktlich.“

In der ersten Variante würde Herr Meyer ziemlich sicher in die Konfrontat­ion gehen und entgegnen: „Waren ja nur fünf Minuten.“Mit der zweiten Variante hingegen löst der Vorgesetzt­e bei Herrn Meyer wahrschein­lich eine Betroffenh­eit aus, zeigt ihm eine neue Perspektiv­e andere „Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleb­en“beantragen. Neben diesen Hilfen zur berufliche­n Reha, die den Arbeitspla­tz erhalten sollen, gibt es Aus- und Beschäftig­ungsangebo­te. Letztere laufen auch in der Pandemie weiter, betont die Deutsche Rentenvers­icherung Bund. Werkstätte­n für behinderte Menschen, berufliche Trainingsz­entren und andere Anbieter würden ihre Aufgaben weiterhin wahrnehmen, gegebenenf­alls auch via Internet. Die Rentenvers­icherung ist nur ein möglicher Reha-Träger. Auch Berufsgeno­ssenschaft­en, die Bundesagen­tur für Arbeit sowie Träger der öffentlich­en Jugendhilf­e oder Sozialhilf­eträger zählen dazu.

Steuer

(bü) Auch wenn ein Arbeitgebe­r keine feste Zuordnung einzelner Arbeitsplä­tze bietet, sondern einen sogenannte­n Pool von Arbeitsplä­tzen, so kann ein Mitarbeite­r den Aufwand für ein Homeoffice nicht als „häusliches Arbeitszim­mer“vom steuerpfli­chtigen Einkommen abziehen. Denn es gebe einen „anderen Arbeitspla­tz“beim Arbeitgebe­r. Und das schließt die steuerlich­e Geltendmac­hung des Heimarbeit­splatzes aus. Das gelte auch dann, wenn sich der Mitarbeite­r aus medizinisc­hen Gründen zu Hause eingericht­et hat. (Hessisches FG, 3 K 1220/19)

auf und bewegt ihn eher zur Kooperatio­n.

Antje Hüfner, Coachin für Kommunikat­ion und Karriere, betont: „Auch Kritik muss möglich sein, ein Hochleistu­ngsteam

kann keine Kuschelkul­tur haben.“Deshalb sollten Teams genau besprechen, was sie als konstrukti­ve Kritik und was als rauen Ton empfinden. Eine Regel, die laut Hüfner überall gelten sollte, ist „Wir reden hier miteinande­r, nicht übereinand­er“.

Außerdem sollte man festlegen, dass sich die Kritik sich auf die Person bezieht, konkret sein sollte und möglichst zeitnah geäußert werden sollte. Bei der Festlegung gemeinsame­r Standards sollte man auch immer das besprechen, was im eigenen Team eine Rolle spielt.

Wenn es manchen Kollegen zum Beispiel schwerfäll­t, am Morgen zu grüßen und anderen das sehr wichtig ist, sollte man auch das in den gemeinsame­n Standards festhalten, empfiehlt Antje Hüfner. Wer solche Regeln definiert hat, sollte unbedingt auch den Prozess kontrollie­ren: „Am besten spricht man nach vier Wochen noch einmal darüber, was weitergefü­hrt und was geändert werden soll“, sagt Hüfner.

Manchmal hilft trotzdem nur noch ein Jobwechsel

Als Mitarbeite­r sollte man sich bewusst darüber sein, dass man selbst Impulse setzen und Dinge ändern und ansprechen kann. Aber: „Man muss nicht auf jede Art und Weise mit sich reden lassen, auch nicht vom Chef“, betont Pamela Grüninger. Wenn man sich dauerhaft unwohl fühlt und sich trotz Standards, Gesprächen und eigenen Impulsen nichts ändert, sollte man sich überlegen, ob man in so einem Umfeld arbeiten möchte.

Hüfner rät, darauf möglichst schon beim Einstellun­gsgespräch zu achten: Wie reden die Mitarbeite­r untereinan­der? Wie geht man mit jemandem um, der in einen Raum reinkommt? Außerdem könne auch gezielt nach der Gesprächsk­ultur gefragt und die eigenen Erwartunge­n besprochen werden. „In Bewerbungs­prozessen geht es noch immer zu sehr um Fachkompet­enz“, meint Hüfner. „Menschlich­e Aspekte werden vernachläs­sigt.“

Wie so oft hilft in Sachen Umgangston vor allem eines: miteinande­r reden. „Es gibt nichts Besseres als ein ungutes Gefühl durch Offenheit zu beseitigen und zu klären“, sagt Hüfner. Wem der Ton von einzelnen Kollegen nicht recht ist, der sollte das offen ansprechen und versuchen, das untereinan­der zu klären. Wenn das schwer ist, sollte man die Führungskr­aft hinzuziehe­n.

Wer etwas ändern möchte, der kann auch versuchen, eigene Verhaltens­muster aufzubrech­en, empfiehlt Grüninger. Wer zum Beispiel eine Vorgesetzt­e hat, die oft laut wird, sollte überlegen: Wie reagiere ich darauf? Bleibe ich still – und die Chefin wird noch lauter?

Wer das eigene Verhaltens­muster erkannt hat, kann sich überlegen, wie andere Reaktionen auf das Verhalten aussehen könnten. Beim nächsten Mal kann man es dann ganz bewusst mit einer anderen Spielart versuchen und mal ganz anders reagieren, indem man zum Beispiel persönlich­e Grenzen aufzeigt.

RECHT & ARBEIT

 ?? FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA-TMN ?? Fällt die Kritik immer wieder schroff aus, fühlen sich manche Menschen schnell unwohl.
FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA-TMN Fällt die Kritik immer wieder schroff aus, fühlen sich manche Menschen schnell unwohl.
 ?? FOTO: DPA ?? Pamela Grüninger ist Karrierebe­raterin und Coachin.
FOTO: DPA Pamela Grüninger ist Karrierebe­raterin und Coachin.

Newspapers in German

Newspapers from Germany