Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Gigantische Rollen für Papiertechnologen
Klopapier, Bücher oder Pappbecher: Ohne Papiertechnologen gäbe es nichts davon. Mit großen Maschinen bringen sie das Papier auf die Rolle.
(tmn) Die gigantischen Tissuemaschinen sind so groß wie ein Haus und haben mehrere Stockwerke. Auf die einen wirken sie einschüchternd, bei den anderen tritt ein Glitzern in die Augen. Das ist der Moment, auf den Ausbilder Eugen Skowronek wartet, wenn er Schulabgänger, die sich für die duale Ausbildung als Papiertechnologe interessieren, in die Werkshalle des WEPA-Hauptstandorts führt. Die Unternehmensgruppe ist Marktführer in der Herstellung von Hygienepapieren aus Recyclingfasern.
Komplexe Industrieanlagen zu überwachen ist das Hauptaufgabengebiet von Papiertechnologen. Sie richten die elektronisch gesteuerten Papierund Zellstoffmaschinen ein, kontrollieren den Produktionsablauf und prüfen die Fertigungsqualität. Sie kümmern sich um Störungen in der Anlage sowie um die Wartung.
Maksim Klesna hatte vor drei Jahren das Glitzern in den Augen, als er erstmals eine Papiermaschine live erlebte. Damals 17 Jahre alt, hatte er sich nach seinem Realschulabschluss für die duale Ausbildung als Papiertechnologe beworben. Erste Informationen besorgte er sich im Internet, schaute sich vor allem Videos an. Deshalb war er auch vorbereitet auf die imposanten Dimensionen.
Inzwischen ist der 20-Jährige kein Azubi mehr. Im Juli bestand er die Abschlussprüfung und wurde übernommen. Keinen Tag während seiner drei Ausbildungsjahre habe er sich gelangweilt, gibt er zu verstehen: „An jedem Tag passiert etwas anderes, es gibt keine ermüdenden Routinejobs.“
In den ersten Wochen schaute er erfahrenen Kollegen über die Schulter und übernahm dann eigene Pflichten wie das Vorbereiten von Hülsen. Diese sind der Dreh- und Angelpunkt des Papiers, wenn es auf die Rolle kommt. Heute steht Maksim Klesna an der Maschine, die pro Tag Papier in einer Länge von fast 2000 Kilometern herstellt.
Der junge Mann findet es gut, dass er als Azubi von Anfang an verantwortungsvolle Aufgaben übernehmen konnte: „Natürlich war man da aufgeregt, denn die Dimensionen sind gewaltig. Eine Mutterrolle wiegt durchschnittlich 2,3 Tonnen und wickelt 50 Kilometer Papier auf.“
Die Papierindustrie unterscheidet neben den Hygienepapieren drei weitere Großgruppen: grafische Papiere, Verpackungspapiere sowie technische und Spezialpapiere. Ausbilder Skowronek zufolge hat sich der Beruf des Papiertechnologen einerseits kaum geändert, denn „es geht am Ende darum, aus Rohstoffen Papier zu machen“– andererseits sei die technische und digitale Entwicklung der Maschinen mit gewaltigen Neuerungen einhergegangen.
„Heute laufen komplexe Prozesse ab und dementsprechend hoch sind die Erwartungen an die Azubis. Sie benötigen technisches Verständnis, müssen räumlich denken können, dürfen keine Scheu vor digitalen Anwendungen haben und benötigen nicht zuletzt handwerkliches Geschick, um auch schon mal ein Aggregat an einer Maschine austauschen zu können“, schildert der 60-Jährige.
Nach den Schattenseiten gefragt, nennt Maksim Klesna die
Schichtarbeit. Ab dem dritten Ausbildungsjahr müssen auch die Azubis nachts und an den Wochenenden ran. Aber es gibt ein Trostpflaster: „Wir bekommen ein gutes Gehalt. Schon die Ausbildung wird höher vergütet als andere, ich weiß unseren guten Verdienst zu schätzen“, sagt er. In der Tat zählt sein Job zu den besser bezahlten Ausbildungsberufen, je nach Region und Betrieb werden im ersten Ausbildungsjahr etwa 980 Euro monatlich gezahlt, im dritten Jahr 1135 Euro.