Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Ohne Einsicht geht es nicht

- VON MORITZ DÖBLER

Die Rhetorik der Pandemiebe­kämpfung hat, wie die Infektions­zahlen nur zu deutlich zeigen, bislang nicht hinreichen­d gewirkt. Eine Blut-Schweiß-und-Tränen-Rede passt nicht mehr in die Zeit. Aber wie erreichen die Verantwort­lichen im Bund und in den Ländern, dass die Menschen mitziehen? Vor 80 Jahren formuliert­e Winston Churchill als Ziel für die Schlacht um Frankreich einen Sieg, „wie lang und hart der Weg auch immer sein mag, denn ohne Sieg gibt es kein Überleben“.

Auch in der Pandemie geht es um Leben und Tod, aber die Härte des Weges fällt ungleich geringer aus. Der angekündig­te Lockdown bedeutet, dass Weihnachte­n und Silvester nur im kleinen Kreis gefeiert werden können, aber diese Entbehrung dürfte für die allermeist­en Menschen zu meistern sein. Es ist nicht zu viel verlangt, diesen Weg mitzugehen. Aber schon die milderen Maßnahmen haben nicht alle mitgetrage­n. Als die Kanzlerin vergangene Woche ihre ungewohnt persönlich­e Rede im Bundestag hielt, dürfte sie wenig Hoffnung gehabt haben, dass die Ministerpr­äsidenten ihr doch noch geschlosse­n folgen. Dass es anders kam, ist ein Verdienst von Armin Laschet. Der NRW-Regierungs­chef mag zuletzt nicht immer glücklich agiert haben, aber hier zeigte er Führungskr­aft. Er scheute sich auch nicht, Fehler in der bisherigen Beurteilun­g der Pandemie einzugeste­hen.

Ob die Einsicht nun wächst und der Lockdown wirkt, muss sich zeigen. Und wie schon bei den Oktober-Beschlüsse­n bleibt ein Zeitfenste­r für Zügellosig­keit. „Weihnachte­n und Silvester dürfen nicht zu Supersprea­ding-Events werden“, sagte Laschet. Aber der massenhaft­e Geschenkek­auf in den zwei Tagen vor dem Lockdown könnte sich als genau das entpuppen. Laschet hat dazu aufgeforde­rt, im Zweifel noch mehr Zurückhalt­ung zu üben als vorgeschri­eben. Hoffentlic­h bleibt das nicht nur ein frommer Wunsch.

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