Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Breite Unterstützung von Kommunen und Opposition
FDP und Grüne fordern eine längerfristige Strategie ab 10. Januar. Wissenschaftler halten die beschlossenen Einschränkungen für unumgänglich.
BERLIN (jd/kes/mar/mün) Kommunen, Wissenschaftler und Politiker haben die Beschlüsse von Bund und Ländern für einen harten Lockdown ab 16. Dezember weitgehend begrüßt. Oppositionspolitiker von FDP und Grünen verlangten jedoch zusätzlich eine längerfristige Strategie des Krisenmanagements. „Unsere Sorge ist, dass wir uns sonst von einem Lockdown zum nächsten hangeln“, sagte FDP-Chef Christian Lindner. Im Mittelpunkt einer solchen Strategie müsse der wirkliche Schutz der besonders betroffenen Risikogruppen stehen. Auch Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter forderte Bund und Länder auf, sich Gedanken über die Zeit nach dem 10. Januar zu machen. „Das Krisenmanagement der letzten Wochen hat sehr viel Verunsicherung verursacht“, stellte Hofreiter fest. „Für die nächsten Monate brauchen wir planvolles Handeln und eine längerfristige Perspektive. Ich erwarte, dass wir im Januar endlich ein Gesetz mit einem bundesweit verbindlichen Stufenplan verabschieden, durch den klar ist, wann und wo welche Maßnahmen gelten“, ergänzte Hofreiter. Die Grünen würden die Beschlüsse aber voll mittragen.
Der Städte- und Gemeindebund hält die Beschlüsse „für hart, aber unvermeidbar“, wie Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg sagte. „In der derzeitigen, sehr kritischen Situation haben wir keine Zeit mehr zu verlieren.“Es bleibe aber dabei, dass für den Erfolg der beschlossenen Maßnahmen die Akzeptanz und Mitwirkung der Menschen entscheidend sei. „Die eigentliche Bewährungsprobe in der Pandemie kommt an den Weihnachtstagen“, sagte Landsberg. „Alle wissen, dass Polizei und Ordnungsamt nicht hinter die Wohnungstür schauen können und wollen. Wenn es dann heißt, sich auf wenige erwachsene Personen zu beschränken, wird das in vielen Familien eine schwere Entscheidung. Dabei müssen wir auch darauf hinweisen, dass es gerade nicht der Sinn der Sache ist, am Heiligabend, am ersten Weihnachtstag und am zweiten Weihnachtstag jeweils aus einer anderen Familie zusätzlich zwei oder drei Leute einzuladen. Hier ist die Vernunft und die Mitwirkung der Bürgerinnen und Bürger gefragt“, betonte Landsberg.
Auch SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach unterstützte die Beschlüsse, kritisierte aber die leichte Lockerung der Kontaktbeschränkungen
an Weihnachten. „Man sollte hier keine Lockerungen zulassen“, mahnte er.
Der Chef der Infektiologie der Universität Köln, Gerd Fätkenheuer, sagte: „Die Entscheidung der Länderchefs und der Kanzlerin war unvermeidlich und überfällig. Ohne eine solche harte Maßnahme bestünde keine Möglichkeit, die Infektionszahlen wieder auf ein beherrschbares Niveau zu senken.“
Der Leiter des Instituts für Virologie an der Universitätsklinik Düsseldorf, Jörg Timm, stellte zu den Beschlüssen, die in Berlin gefasst wurden, fest: „Die jetzt beschlossene Verschärfung der Kontaktbeschränkungen war sicherlich notwendig. Die Belastung auf den Intensivstationen hat in den letzten Wochen kontinuierlich zugenommen, sodass dringend weitere Maßnahmen erforderlich waren.“Er hoffe sehr, dass die Menschen auch über die Weihnachtstage auf private Feiern und Familienbesuche weitgehend verzichten würden. „Bei den aktuellen Infektionszahlen ist sonst mit einer drastischen Zunahme der Covid-19-Fälle im neuen Jahr zu rechnen, die uns vor enorme Probleme stellen wird“, befürchtet der Mediziner.