Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Dortmund sucht den Favre-Nachfolger
Nach dem 1:5-Debakel gegen Stuttgart haben die Vereinschefs das Vertrauen in den Trainer verloren.
DORTMUND Nach dem Debakel am Samstag gegen den VfB Stuttgart, dem 1:5, das Hans-Joachim Watzke als „schwarzen Tag“für Borussia Dortmund bezeichnete, hatte der Vorsiztende der Geschäftsführung des BVB eine eingehende Analyse angekündigt. Die gab es am Sonntag. Als klar wurde, dass der 13. Dezember 2020 der letzte Arbeitstag von Trainer Lucien Favre sein würde, war das ein Umstand, der kaum überraschte. Denn die schwelende Unzufriedenheit mit der Arbeit des 63-jährigen Fußball-Lehrers war offenkundig, weil die Debatte, ob er noch der richtige Trainer für den BVB sei, fast bei jedem Gegentor aufkam.
„Ich finde es schade, dass sich unsere Wege hier trennen. Wir hatten zwei erfolgreiche Jahre und haben eine Mannschaft, die auch in diesem Jahr am Ende eine erfolgreiche Saison gespielt hätte. Davon bin ich nach wie vor überzeugt“, sagte Favre am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur. Favre führte den BVB zu zwei Vizemeisterschaften, konnte aber den Titel-Traum der Westfalen nicht erfüllen.
Dass BVB-Kapitän Marco Reus nach dem 1:5 anmerkte, dass der BVB ein Team habe, das nicht verteidigen könne, und auch Abwehrchef Mats Hummel darüber referierte, dass das Spiel der Dortmunder zu fehlerhaft sei, waren vermutlich Signale für die BVB-Bosse, Favre nicht mehr zuzutrauen, das Team voller Talente zum dritten Mal in die Champions League zu führen.
„Es fällt uns schwer, diesen Schritt zu gehen. Gleichwohl sind wir der Meinung, dass das Erreichen unserer Saisonziele aufgrund der zuletzt negativen Entwicklung in der gegenwärtigen Konstellation stark gefährdet ist und wir deshalb handeln müssen“, sagte BVB-Sportdirektor Michael Zorc nach der dritten Heimniederlage in Serie. So recht wurde man während der gesamten Zeit das Gefühl aber nicht los, dass die Liaison mit dem Schweizer und den Westfalen nie sonderlich innig war. Favre ist ein absoluter Fachmann, aber eben keiner wie Jürgen Klopp, das Trainer-Ideal des BVB.
Nun beginnt in Dortmund die Suche nach dem Favre-Nachfolger. Für den Rest der Saison hat sich die westfälische Borussia jedoch festgelegt. Favres bisheriger Assistent Edin Terzic soll bis dahin übernehmen und schon am Dienstag im Spiel bei Werder Bremen an der Linie stehen. Für den BVB geht es darum, die Champions League zu erreichen, das entspricht dem sportlichen Selbstverständnis und würde das Finanz-Loch, das die Corona-Krise reißt, auffangen. Den
Auftrag hat Terzic nun erhalten.
Wer in der neuen Saison Cheftrainer des BVB wird, das dürfte das große Spekulationsthema der Bundesliga sein, bis die Personalie final und langfristig geklärt ist. Da Favres Vertrag
ohnehin im Sommer 2021 ausgelaufen wäre und eine Verlängerung fraglich war, kursieren längst Namen möglicher Nachfolger. Zwei, die ganz vorne auf der Liste des achtmaligen deutschen Meisters stehen sollen: Julian Nagelsmann von RB Leipzig und Marco Rose von Borussia Mönchengladbach. Beide gelten als die Hoffnungsvollsten aus der jungen deutschen Trainer-Riege und würden vom Stil her bestens zum BVB passen. Dass Rose noch ein bisschen mehr Klopp-Typus ist, wird den BVB-Oberen nicht entgangen sein.
Inwieweit es schon Bemühungen gab mit Blick auf die nächste Saison, als der Plan noch war, bis Sommer 2021 mit Favre zu arbeiten, ist spekulativ. Doch konnte Gladbachs
Manager Max Eberl das Rose-und-der-BVB-Gerücht am Samstag im „Aktuellen Sportstudio“des ZDF nicht entkräften. Rose sei der richtige Trainer für Gladbach, stellte Eberl klar. „Es ist aber nicht meine Entscheidung“, gestand er. Rose scheint Optionen zu haben trotz des bis 2022 datierten Vertrages in Gladbach.
„Wir alle sind Lucien Favre dankbar für seine hervorragende Arbeit in den vergangenen zweieinhalb Jahren, in denen er mit seinem Team zwei Vizemeisterschaften errungen hat. Als Fachmann und als Mensch ist Lucien Favre über jeden Zweifel erhaben“, sagte Watzke über den vierten Trainer der Post-KloppÄra. Terzic ist der fünfte. Die Nummer sechs wird nun gesucht.