Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Apotheker beklagen „Hauruck-Stil“
Ab Mitte der Woche sollen Menschen ab 60 und Risikopatienten in Apotheken zunächst kostenlos mit FFP2-Masken versorgt werden. Die Apotheker im Erkelenzer Land fühlen sich dafür nur unzureichend vorbereitet.
ERKELENZ Roland Kiel, Inhaber der Lambertus-Apotheke in Erkelenz geht auf Nummer sicher: Am Eingang weist er darauf hin, dass es die kostenlosen FFP2-Masken, die die Bundesregierung Menschen ab 60 Jahren und Risikopatienten zunächst kostenlos und ab Januar zu einem sehr günstigen Preis zur Verfügung stellt, in seiner Apotheke mit Sicherheit ab dem 21. Dezember gibt. Nach dem Wunsch von Gesundheitsminister Jens Spahn sollten die Masken ab Mitte der Woche bereits ausgeteilt werden.
Die Apotheker fühlen sich von der ministeriellen Aktion ein wenig überrascht. „Da wurde im HauRuck-Stil etwas in Berlin beschlossen und erst danach macht man sich Gedanken, wie die Geschenk-Aktion umgesetzt werden soll“, sagt Kiel. Wie er schüttelt auch Jörg Haßiepen von der Enten-Apotheke in Wegberg, der Sprecher der Apotheker im Kreis Heinsberg, den Kopf über die Aktion. Noch, so betont er, gebe es lediglich einen Referentenentwurf. „Das heißt: Es steht weiterhin nicht endgültig fest, wie die Versorgung von Angehörigen der Risikogruppen mit Schutzmasken konkret ablaufen wird.“
Solange es keine endgültige Verordnung und keine darauf fußenden Angaben der Apothekenkammer gibt, befinden sich die Apotheker gewissermaßen in einem Schwebezustand, so Haßiepen. Zum einen sollen sie die Verteilung der FFP2-Masken, die sie zuvor auf eigene Verantwortung bestellt haben, verteilen, zum anderen haben sie noch gar keine rechtliche Grundlage, auf der sie ihre Arbeit mit dem Bund abrechnen können. „Die Ausgabe der Schutzmasken durch Apotheken kann erst erfolgen, wenn die Rechtsverordnung offiziell in Kraft getreten ist“, sagt Haßiepen dazu. Er und seine Kollegen würden sich aber bestens auf die kommende Ausgabe von FFP2-Masken vorbereiten und alles daran setzt, die Begünstigten versorgen zu können.
Die Idee an sich, ältere Menschen und Risikopatienten mit Masken zu unterstützen, sei ja nicht schlecht, meint Haßiepen, der von einer „Herausforderung“für die Apotheken spricht. Die Beschaffung und Verteilung sei eine zusätzliche Arbeit, die zur alltäglichen hinzukomme. Der Apotheker aus Wegberg hat sich ein Kundenleitsystem ausgedacht, mit dem er die Interessenten von Masken trennt von den Kunden, die wegen Rezepten und anderen Wünschen bedient und beraten werden sollen. „Wir übernehmen im Prinzip eine Aufgabe des Bundes“, ergänzt Kiel. Schon vor dem möglichen
Startschuss der Geschenkaktion melden sich vermehrt Interessenten, die die kostenlosen Masken am liebsten gleich mitnehmen wollen. Doch da bremsen die Apotheker ab. Reservierungen sollen nicht möglich sein. „Wir wollen erst die
rechtliche Klarheit“, sagt Haßiepen.
Er sieht nicht nur die Beschaffung als schwierig an, sondern auch die gerechte Verteilung. Wie soll verhindert werden, dass ein rüstiger Mittsechziger von Apotheke zu Apotheke tingelt und sich überall mit Masken eindeckt? Dieser Missbrauch sei nicht generell auszuschließen, räumt Haßiepen ein. Mit Kollegen ist er übereingekommen, dass nach Möglichkeit nur Kunden aus dem jeweiligen Ort oder der Region bedacht werden. Kiel hat sich überlegt, ob Empfänger der Masken ein Papier ausfüllen, mit dem sie bestätigen, dass sie die Masken nicht woanders schon erhalten haben. Kundenkarten oder Stammkunden sind zwar Kriterien, aber sie sind nicht allgemein gültig.
Haßiepen stellt drei Dinge klar, die bei der Aktion berücksichtigt werden sollen: Zunächst gilt es, den endgültigen Startschuss durch die Politik und die Apothekenkammer abzuwarten. „Wir Apotheker werden diese Aufgabe stemmen.“Dabei bleibe abzuwarten, ob die Masken tatsächlich am Dienstag vorrätig sein werden. Und drittens: Bis zum 31. Dezember werden die FFP2-Masken kostenlos abgegeben. „Es gibt also Zeit genug, sie abzuholen.“Ein Ansturm auf die Apotheken am Mittwoch sei nicht angebracht; im Gegenteil: In Zeiten des Abstandhaltens wäre er kontraproduktiv.