Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
In vier Jahrzehnten viel bewegt
Die Erkelenzerin Gerda Mercks kündigt ihrem Abschied als Leiterin der Kreismusikschule Heinsberg an. Im Rückblick spricht sie über den immensen Wandel der Bildungseinrichtung, die heute Angebote für alle Generationen bereithält.
ERKELENZER LAND Ein wenig ungläubig mögen es manche zur Kenntnis genommen haben: Gerda Mercks, die agile Leiterin der Kreismusikschule Heinsberg, geht „schon“in Ruhestand? Aber genau so ist es. Im Weihnachtsgruß der Kreismusikschule verabschiedet sich Gerda Mercks nach mehr als 41 Jahren, davon 39 Jahre als Leiterin, zum 31. Januar. Dann wird sie 65 Jahre alt und übergibt den Staffelstab an den heutigen Schlagzeug-Dozenten Kai Stoffels. „Er ist ein Gewächs unserer Musikschule“, betont Gerda Mercks. „Diese Kontinuität freut mich besonders.“
Sie zeigt auch, dass die Kreismusikschule, die 2019 ihr 50-jähriges Bestehen feierte, unter ihrer Leitung auch etlichen Profimusikern den Weg bereitete. Schüler und Schülerinnen der Kreismusikschule schafften den Sprung in namhafte Orchester oder gar als Solisten auf die Konzertbühnen. Der studienvorbereitende Unterricht für besonders Begabte ebnete ihnen die Bahn. „Dennoch habe ich auch immer darauf Wert gelegt, die Musikschule als Bildungseinrichtung zu sehen, die viele mitnimmt, eben auch jene Schüler und Schülerinnen, für die die Musik reines Hobby ist“, sagt Mercks.
Sie verweist auf eine grundlegende Änderung in den vergangenen Jahrzehnten: Konzentrierte sich die Musikschule früher auf die musikalische Grundausbildung für Kinder zwischen sieben und neun Jahren mit Schwerpunkt beim Blockflötenunterricht, umfasst die Bildungsarbeit heute alle Generationen vom Baby bis zu den Senioren. In vier Jahrzehnten hat sich das Angebotsspektrum vervielfältigt, beschreibt Mercks. Schon Babys ab zehn Monate
kommen mit ihren Eltern in Kontakt zu Musik und Rhythmus, als „Musikmäuse“lernen Kinder ab zwei spielerisch das Musizieren, mit vier Jahren beginnt die musikalische Früherziehung. Und immer mehr Erwachsene, ob Eltern oder aktive Ruheständler, entdeckten Interesse am eigenen Musizieren neu oder wieder.
Im Rückblick ist Gerda Mercks besonders erfreut über die Breitenwirkung der Musikschularbeit durch die vielfältigen Kooperationsprojekte der vergangenen Jahre vor allem mit Kindergärten und Grundschulen der Region, angestoßen auch durch das vom Land NRW geförderte Jeki-Projekt, das heute zu JeKits geworden ist („Jedem Kind Instrumente, Tanzen, Singen“). Als beispielhaften Vorreiter lobt Mercks hier die Stadt Hückelhoven. Etliche Orchester und Instrumental-Ensembles der Musikschule haben in Mercks‘ Amtszeit den Weg ins Konzertprogramm unserer Region gefunden. Und sogar darüber hinaus. Denn als besondere Höhepunkte ihrer Amtszeit werden Gerda Mercks etliche Orchesterreisen und die Teilnahmen an internationalen Jugendmusikfestivals in Erinnerung bleiben, aber auch Partnerschaftsprojekte mit Musikschulen in den Niederlanden und Italien.
Gerda Mercks, die aus der früh dem Braunkohlentagebau gewichenen Gemeinde Laurenzberg im Jülicher Land stammt und ab dem zwölften Lebensjahr in Eschweiler-Dürwiß aufwuchs, in Eschweiler auch Abitur machte und heute in Erkelenz lebt, studierte Musik an der Abteilung Aachen der Kölner Musikhochschule, wo sie die Staatliche Musiklehrerprüfung ablegte. Ihre Domäne war und blieb das Klavier. Und so begann die Musikpädagogin 1979 ihre Laufbahn zunächst als angestellte Klavierlehrerin der Kreismusikschule. Nach einer kommissarischen Leitungsfunktion für ihren erkrankten Vorgänger Werner Paschmanns wurde Mercks 1982 Leiterin der Kreismusikschule. „Mit erst 28 Jahren und als Frau – das war damals für viele noch etwas gewöhnungsbedürftig“, erinnert sich Mercks. „Aber gottlob sind diese Zeiten längst vorbei.“
Eine Neuorganisation der in der Entwicklungsgeschichte des Kreises Heinsberg begründeten (und für Außenstehende verwirrend anmutenden) Musikschullandschaft-Landschaft mit drei Musikschulen hätte Gerda Mercks nicht schlecht gefunden. Die Diskussion hierüber freilich blieb in Ansätzen stecken.
Erfüllt hat sich Mercks‘ sehnlicher Wunsch nach einem neuen Domizil für die Kreismusikschule, für die das alte Amtsgericht Erkelenz umgebaut wird. „Wir hatten immer mit der Zersplitterung der Unterrichtsräume zu kämpfen, jetzt gibt es gute Aussichten auf Besserung. Ich freue mich, dass ich das Projekt noch auf den Weg bringen konnte“, sagt die Musikschulleiterin. „Die Einschränkungen durch die Corona-Pandemie machen es leider nicht möglich, mich persönlich so zu verabschieden, wie es eigentlich geplant war“, bedauert Mercks. „Mein letztes Jahr in der Kreismusikschule hatte ich mir anders vorgestellt mit schönen Konzerten und Veranstaltungen zum Abschluss“, schreibt Mercks in ihrem Weihnachtsgruß. Aber vielleicht, so fügt sie hinzu, lässt sich etwas davon später doch noch nachholen.