Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Harter Lockdown ab Mittwoch
Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten haben sich auf schärfere Eindämmungsmaßnahmen geeinigt. NRW-Regierungschef Armin Laschet signalisiert, dass diese über den 10. Januar hinweg verlängert werden könnten.
BERLIN
Bund und Länder haben sich wie erwartet auf einen harten Lockdown ab diesem Mittwoch geeinigt. „Wir sind zum Handeln gezwungen und handeln jetzt auch“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). „Unserem Land droht eine gesundheitliche Notlage. Und darauf haben wir gemeinsam die einzig richtige Antwort gefunden: den schnellstmöglichen Lockdown deutschlandweit“, sagte NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) und verwies auf die schnell zunehmende Auslastung der Intensivstationen. Am Samstag mussten erstmals mehr als 1000 Covid-19-Erkrankte in NRW auf einer Intensivstation behandelt werden. „Vor vier Wochen waren noch über 20 Prozent der Intensivkapazitäten verfügbar, heute sind es noch 15 Prozent – mit sinkender Tendenz“, so Laschet.
Eine Trendumkehr soll nun weitreichende Einschränkungen bringen. Der Einzelhandel muss ab Mittwoch schließen. Ausgenommen sind der Lebensmittel- und Großhandel, Wochenmärkte, Getränkemärkte, Apotheken, Drogerien, Optiker- und Hörgeräteakustiker, Banken, Reinigungen und Waschsalons, Reformhäuser, Babyfachmärkte, Tierbedarfsmärkte sowie Zeitungskioske. Anders als im Frühjahr werden Baumärkte und Möbelhäuser geschlossen. Der Verkauf von Weihnachtsbäumen sei erlaubt, sagte Laschet. Dienstleistungsbetriebe im Bereich der Körperpflege müssen ebenfalls schließen – auch Friseure. Medizinisch notwendige Behandlungen, etwa die Physiotherapie, bleiben jedoch gestattet. Betroffene Unternehmen und Selbstständige sollen mit der „Überbrückungshilfe III“Unterstützung von bis zu 500.000 Euro bekommen. Übernommen werden jedoch nur Fixkosten. Es soll analog zu den November- und Dezemberhilfen Abschlagzahlungen geben.
Verdi-Chef Frank Werneke forderte die Bundesregierung auf, den Einzelhandel nicht schlechter zu behandeln als die Gastronomie. Auch die Händler müssten Umsatzverluste ersetzt bekommen und in die Novemberhilfe einbezogen werden, sagte Werneke: „Anders als die
Bundesregierung angekündigt hat, sollten die Regelungen der sogenannten Novemberhilfe mit einer Erstattung von bis zu 75 Prozent des Umsatzes aus dem Vorjahresmonat auch für jetzt betroffene Unternehmen, etwa im Einzelhandel, angewendet werden – verbunden mit der Bedingung, dass die Unternehmen das Kurzarbeitergeld aufstocken“, sagte Werneke.
Die neuen Lockdown-Maßnahmen erlauben weiter nur Kontakte von zwei Haushalten mit maximal fünf Personen – Kinder bis 14
Jahre werden nicht eingerechnet. „Unser Hauptziel: Weihnachten und Silvester dürfen nicht zu Superspreading-Events werden“, sagte Laschet. An Weihnachten soll es dennoch leichte Lockerungen geben: Vom 24. bis zum 26. Dezember darf sich ein Hausstand mit zusätzlich vier Personen aus unterschiedlichen Haushalten treffen. Allerdings müsse es sich hierbei um den engsten Familienkreis handeln – also Ehegatten, Lebenspartner sowie Verwandte in gerader Linie, Geschwister, Geschwisterkinder und deren jeweilige Haushaltsangehörige. Auch hier werden Kinder bis 14 Jahre nicht einberechnet. Die ursprünglich einmal erlaubte Übernachtung der Gäste im Hotel ist nicht mehr zulässig. Laschet zufolge soll es keine Stichprobenkontrolle an Heiligabend geben. Bei groben Verstößen und größeren Festivitäten würden die Ordnungsbehörden aber einschreiten.
Ab Mittwoch gilt in der Öffentlichkeit ein Alkoholverbot. Der Bund untersagt den Verkauf von Silvesterböllern. Wer sich bereits eingedeckt hat, solle auf das Zünden verzichten, um die Krankenhäuser mit etwaigen Unfällen nicht zusätzlich zu belasten. An Silvester und Neujahr soll bundesweit ein An- und Versammlungsverbot ausgesprochen werden.
Schulen wechseln ab Klasse 8 verpflichtend zum Distanzunterricht, für Kinder der Stufen 1 bis 7 müssen die Eltern entscheiden. Kitas bleiben zwar geöffnet, Laschet appellierte aber an die Eltern, die Kinder ungeachtet dessen nach Möglichkeit zu Hause zu betreuen. Eltern sollen für die Kinderbetreuung bezahlten Urlaub nehmen können.
Laschet deutete an, dass der Lockdown länger dauern könnte als bis zum 10. Januar. „Wenn erforderlich, werden weiter Maßnahmen da sein. Wir tun jetzt alles, um diese Zahlen bis zum 10. Januar herunterzubringen.“Er wollte aber keine Einschätzung abgeben: „Das hat die Pandemie in diesem Jahr gelehrt: Jegliche Prognose, die über vier Wochen ausgerichtet ist, geht schief“, sagte er. „Es ist meistens anders gekommen, als Experten geraten haben, und als wir selbst auch in unseren Verordnungen festgelegt haben.“