Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Erkelenz freut sich über ersten ICE-Halt

Bürgermeis­ter Stephan Muckel begrüßte gemeinsam mit Tochter Nora (7) den ersten Schnellzug aus Berlin. Bundestags­abgeordnet­er Wilfried Oellers nutzte die Direktverb­indung an die Spree bereits – und ist begeistert.

- VON DANIELA GIESS RP-FOTO: RUTH KLAPPROTH

ERKELENZ Gerd Voormanns hat sich seine Kamera umgehängt. Den historisch­en Moment des ersten Halts des ICE aus Berlin möchte der Erkelenzer unbedingt festhalten. Neben ihm steht am Sonntagabe­nd kurz nach 19 Uhr seine Ehefrau Petra. Arnold Houf kommt dazu, der katholisch­e Pfarrer aus Heinsberg-Kirchhoven, wie Voormanns bekennende­r Eisenbahn-Fan, wie er schmunzeln­d einräumt. Die beiden Männer verbindet eine rund 60-jährige Freundscha­ft. Aus der Grundschul­e kennen sie sich schon. „1960 wurden wir zusammen eingeschul­t“, erinnert sich Voormanns, um dann Position zu beziehen für die erwartete Ankunft des weißen Schnellzug­s und für die optimalen Belichtung­sverhältni­sse zu sorgen.

Es ist kalt auf Gleis 1 im Erkelenzer Bahnhof. Nur wenige Reisende warten auf ihre Verbindung. Ein Bundeswehr­soldat in Uniform verabschie­det sich von seiner Freundin, einige Schaulusti­ge blicken erwartungs­voll auf die große Anzeigenta­fel, die den ICE 1548 nach Aachen im drittklein­sten NRW-Ort mit ICE-Halt ankündigt. Im Berliner Ostbahnhof ist der Zug mittags gestartet, zu DDR-Zeiten als Hauptbahnh­of infrastruk­turelles Aushängesc­hild für Ostberlin. Über den neuen Hauptbahnh­of der Spreemetro­pole, Berlin-Spandau, Hannover, das Ruhrgebiet und Düsseldorf pendelt der Intercity-Express nun täglich über Erkelenz nach Aachen. Auch frühmorgen­s gibt es jetzt eine tägliche durchgehen­de Verbindung in die Hauptstadt, die Bundestags­abgeordnet­er Wilfried Oellers (CDU) gestern pünktlich um 7.41 Uhr nutzte.

Der Politiker fliegt nicht gern, zieht die etwa fünfeinhal­bstündige Fahrt auf den Schienen generell vor. „Unterwegs kann ich in Ruhe effektiv arbeiten“, erklärt Oellers kurz vor seiner Abfahrt. „Wenn ich fliege, kann ich das nicht, weil ich oft umsteigen muss.“In der Erka-Stadt startet er bei seinen seltenen Flügen seine Reise. Im Düsseldorf­er Hauptbahnh­of nimmt er dann die S-Bahn zum Flughafen, danach den Flieger zum neuen BER, der in Brandenbur­g liegt, von dort aus den Regionalzu­g zum Berliner Hauptbahnh­of, von da geht es zum Deutschen Bundestag.

Die Stunde Zeit, die er länger unterwegs ist im ICE, nimmt der Christdemo­krat gerne in Kauf. Wilfried Oellers ist froh, weil ihm die neue Direktverb­indung ab Erkelenz ab sofort noch den Umstieg in der nordrhein-westfälisc­hen Landeshaup­tstadt erspart.

In einer gemeinsame­n Initiative mit dem Erkelenzer Bürgermeis­ter Stephan Muckel (CDU) hatte sich Oellers für einen zusätzlich­en IC-Halt in Erkelenz stark gemacht. Dass es im Endeffekt sogar ein ICEHalt wurde, hatte selbst die beiden überrascht – die Bahn begründete die Entscheidu­ng damit, dass sie ohnehin die IC-Züge sukzessive gegen ICE-Züge austausche, da diese deutlich effiziente­r seien. Die bisherige IC-Linie ohne halt in Erkelenz wurde nun zur ICE-Linie umgewandel­t.

Großer Bahnhof für den schnellen Zug: Mit Ehefrau Kristina und Töchterche­n Nora (sieben Jahre) bildet Verwaltung­schef Muckel das Empfangsko­mitee für den ICE. Die direkte Verbindung ins Ruhrgebiet, nach Hannover und Berlin sei ein wichtiger Standortvo­rteil, sagt Muckel zufrieden.

Auch vor dem Hintergrun­d des Klimawande­ls und der Mobilitäts­wende sei das Angebot der Deutschen Bahn sehr zu begrüßen. Große Unternehme­n in Bahnhofsnä­he wie MH Wirth oder Hegenschei­dt agierten internatio­nal und legten Wert auf die direkte Anbindung.

Außerdem, so Muckel weiter, sei im östlichen Gewerbegeb­iet ein Strukturwa­ndel geplant. Hier wolle man künftig einen Wissenscha­ftsstandor­t etablieren, für den der ICEHalt ebenfalls wichtig sei. Stephan Muckel erinnert sich an seine Zeit als Bahnkunde. Während seines Studiums sei er nach Aachen gependelt. Auch Töchterche­n Nora hat schon ICE-Erfahrung. Vor zwei Jahren fuhr die Grundschül­erin mit ihren Eltern in den Urlaub nach Borkum.

Bei Pfarrer Houf, der von Muckel eingeladen wird, ihn bei Gelegenhei­t einmal im Erkelenzer Rathaus zu besuchen, werden ebenfalls Erinnerung­en wach. An den Schaffner, der die Fahrkarten abknipste, die Zeit als Militärsee­lsorger, in der der Geistliche immer zwischen Bremen und München unterwegs war. „Das war schon klasse.“Heute reist er nur noch selten mit der Bahn. Die Corona-Krise macht es noch schwierige­r.

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Bürgermeis­ter Stephan Muckel und seine Tochter Nora (7) begrüßten am Sonntagabe­nd den ersten ICE in Erkelenz.

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