Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Die Katastrophe in der Katastrophe
Wenn politische Äußerungen als eine Art Seismograf für die beunruhigende Corona-Lage angesehen werden können, dann sind es vor allem die von Angela Merkel. Die Kanzlerin hat sich am Dienstag in der Unionsfraktion tief besorgt geäußert. Vielleicht ahnte sie da schon, dass die Gesundheitsämter am nächsten Tag mehr als 950 Corona-Todesopfer melden würden. Damit wurde der Rekordwert von knapp 600 am Freitag deutlich übertroffen. Die Zahl ist erschreckend.
Der ungebremste Anstieg der Zahl der Infektionen führt in Sachsen offenbar bereits zu der Situation, die Politiker unbedingt vermeiden wollten: In Zittau mussten nach Medienberichten Mediziner schon auswählen, wer noch an ein Beatmungsgerät kommen kann und wer nicht. Eine Triage ist eine Katastrophe nicht nur aus politischer und ethischer Sicht. Sie kann auch zu Unfrieden in der Bevölkerung bis hin zur politischen Destabilisierung führen.
Die Entscheidung vom Sonntag, den Einzelhandel nur drei Tage später mitten im Weihnachtsgeschäft zu schließen, hat zu volleren Einkaufsstraßen, Last-Minute-Käufen und langen Schlangen vor den Geschäften geführt. Dadurch wird sich das Infektionsgeschehen nochmals verschlechtert haben. Ein sofortiger Lockdown bereits am Montag wäre praktisch nur schwer umsetzbar gewesen. Die Situation macht aber überdeutlich, dass ein früheres Handeln der Ministerpräsidenten unbedingt angezeigt gewesen wäre.
Der letzte Schuss der Politik ist am Sonntag gefallen, und ihr bleibt nun nicht mehr, als an die Vernunft der Bürger zu appellieren und auf den schnellen Impfstart zu hoffen. Bis die Impfungen ausreichend Wirkung entfalten werden, ist es Sommer geworden. Gesundheitsminister Spahn stimmt die Bürger zu Recht jetzt schon darauf ein.
BERICHT ERSTE KLINIK WENDET OFFENBAR TRIAGE AN, POLITIK