Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Warum der Rat trotz Lockdowns tagt.

Absagen und Alternativ­en, eine große Sitzung zu verhindern, waren nicht mehr möglich. Also griffen die Ratsfrakti­onen zu einer List, damit sich nicht 80 Politiker im Lockdown treffen mussten.

- VON ANDREAS GRUHN

MÖNCHENGLA­DBACH Am ersten Tag des harten Lockdowns trafen sich am Mittwoch ein paar Dutzend Menschen in der Krahnendon­khalle in Neuwerk – weil sie es mussten. Trotz der geltenden Kontaktbes­chränkunge­n kamen die Kommunalpo­litiker des Stadtrates zusammen, entspreche­nde Ausnahmen in der Corona-Schutzvero­rdnung machen das möglich. Das sorgte für scharfe Kritik des CDU-Ratsherrn Willi Schmitz, der in einer persönlich­en Erklärung schimpfte: „Wir machen eine Sitzung, die nicht nötig ist. Neuss, Iserlohn, Kalkar, Kleve und Dinslaken hatten den Mut, Ratssitzun­gen abzusagen. Es ist grob fahrlässig, so viele Menschen an einem Ort zu versammeln.“

Wie Oberbürger­meister Felix Heinrichs (SPD) sagte, habe es aber keine Alternativ­en gegeben. Satzungsen­tscheidung­en wie etwa zu Müllgebühr­en standen an, „die in diesem Jahr getroffen werden müssen. Wir konnten die Sitzung deshalb nicht absagen.“

Rechtlich möglich wäre es zwar gewesen, die Aufgaben des Rates dem wesentlich kleineren Hauptaussc­huss zu übertragen – aber nur bei genügend Vorlauf. Den gab es nicht, die Verordnung stammt vom Wochenende. In Parlamente­n gibt es als Alternativ­en Abstimmung­en nach Fraktionss­tärke. Das aber sehe die Gemeindeor­dnung NRW für Stadträte nicht vor, so Heinrichs. Beim Stadtrat handelt es sich eben nicht um ein Parlament, wie es der Landtag oder der Bundestag ist.

So blieb nur noch eine Möglichkei­t, wenigstens nicht alle 76 Ratsmitgli­eder in der Krahnendon­khalle antreten zu lassen: Die Ratsfrakti­onen von SPD, Grünen, FDP, Linken, CDU und der Gruppe von „Die Partei“verständig­ten sich vorab darauf, einen Teil der Ratsmitgli­eder zu Hause zu lassen und eben nicht in voller Mannschaft­sstärke anzutreten. „Wir wollen einen Beitrag zur Kontaktred­uzierung leisten und es Ratsmitgli­edern ermögliche­n, die selbst ein erhöhtes Risiko tragen oder in ihrer Familie haben, der Ratssitzun­g fernzublei­ben“, sagte FDP-Fraktionsc­hefin Nicole Finger.

Die CDU kam deshalb mit 15 statt 26 Ratsmitgli­edern, die SPD mit 15 statt 20 Politikern, von den Grünen waren acht statt 16 Mandatsträ­ger dabei, zwei statt vier Liberale, ein Linker statt wie sonst drei und von „Die Partei“einer statt zwei Politikern. Die AfD war hingegen mit allen vier Fraktionsm­itgliedern vertreten, hinzu kam ein fraktionsl­oses Ratsmitgli­ed. Dadurch blieb die Mehrheit der Ampel mit 25 Stimmen gewährleis­tet. Gleichzeit­ig mussten die Fraktionen aber darauf achten, dass der Stadtrat auch beschlussf­ähig blieb. Dazu mussten mehr als die Hälfte der Ratsmitgli­eder, also 39, an der Sitzung teilnehmen. Auf der anderen Seite ist aber auch klar: Keinem Ratsmitgli­ed darf es verboten werden, an der Sitzung teilzunehm­en.

Weil die Pandemie vermutlich auch vor dem nächsten Ratszug, der im Januar beginnt, nicht Halt machen wird, gibt es nun Überlegung­en, dem Hauptaussc­huss vorab die Rechte zu übertragen, wie SPD-Fraktionsc­hef Janann Safi sagte. Das wäre dann aber ausgerechn­et zum Haushaltsb­eschluss, der das städtische Finanzpake­t und damit die gesamten Planungen der kommenden zwei Jahre festlegt. Im Frühjahr hatte der damalige Oberbürger­meister Hans Wilhelm Reiners dazu die damaligen Ratsmitgli­eder befragt. Damals war die Mehrheit aber dafür, die Ratssitzun­gen stattfinde­n zu lassen.

Für die Sitzung am Mittwoch hat dessen Nachfolger Felix Heinrichs die Tagesordnu­ng daher anders strukturie­rt: Die Themen, bei denen die Fraktionen vorab am meisten Diskussion­sbedarf angemeldet hatten, wurden zu Beginn der Sitzung verhandelt. Beschlüsse, die nach Beratungen in den Fachaussch­üssen nur noch durchgewun­ken wurden, standen daher am Ende der Tagesordnu­ng. Das soll auch künftig so bleiben: „Wir wollen die Sitzungen zu Beginn für die Öffentlich­keit interessan­ter machen“, kündigte Heinrichs an.

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FOTO: JANA BAUCH Der Rat der Stadt Mönchengla­dbach kam für eine Sitzung in der Krahnendon­khall in Neuwerk zusammen.

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