Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Signal der Solidarität aus dem Rathaus
Mit einer Gutschein-Aktion werden Erkelenzer Einzelhändler beim digitalen Auf- und Ausbau ihrer Unternehmen gefördert. Eigeninitiative soll in Zeiten der Corona-Pandemie finanziell belohnt werden.
ERKELENZ Die Bewerbungen waren sofort weg. Kaum hatte die Stadt Erkelenz mit ihrer Förderaktion den Einzelhändlern Hilfe zugesagt, griffen diese auch zu. Für die Unterstützung durch digitale Medien wurden zehn Gutscheine über 500 Euro ausgelobt. Am Ende waren es mehr Bewerber als Gutscheine. Bürgermeister Stefan Muckel zögerte indes nicht lange und versorgte letztlich alle Bewerber mit dem begehrten Gutschein.
In den Zeiten der Corona-Pandemie wurde und wird die Nutzung digitaler Medien im Einzelhandel forciert. Bereits während des ersten Lockdowns rief das Referat für Wirtschaftsförderung und Stadtmarketing die Plattform „Erkelenz liefert“ins Leben, auf der Einzelhändler kostenlos ihre Dienste anbieten können. „Die jetzige Aktion zur Förderung der Digitalisierung war nur der konsequente Schritt“, erklärte Nicole Stoffels seitens der Verwaltung. „Das Geld soll schnell fließen, der Nachweis über die Verwendung hat bis Ende März Zeit.“Unbürokratisch und effektiv will die Stadtverwaltung helfen und damit auch ein Zeichen setzen, dass sie ihre Händler unterstützen möchte.
„Eine tolle Idee“, lobte Wolfgang Wahl vom „Hotel am Weiher“, die Aktion. Der Hotelier und Gastronom hatte schnell zugriffen, um seinen Außer-Haus-Verkauf besser und effektiver online vermarkten zu können. „Für mich zählt vor allem das Gefühl, dass die Stadt im Rahmen ihrer Möglichkeiten den Einzelhändlern hilft.“Eine neue Kamera ist geplant, damit die angebotenen Speisen professioneller dargestellt werden. Außerdem benötigt die Website eine Überarbeitung. Denn das Hotel muss irgendwie mit einem Umsatzrückgang von rund 80 Prozent klarkommen. Unter den Hotel-Kollegen kursiere der Spruch: „Ich habe derzeit eine Möbelausstellung“, versuchte sich Wahl in Galgenhumor. Derzeit laufen in seinem Hotel lediglich am Wochenende Aktionen wie Wildgulasch, Backfisch, Hähnchen oder Schaschlik als Verkauf außer Haus. „Wir versuchen irgendwie, bis in das Frühjahr zu kommen und bis dahin nicht mehr Schulden zu machen als unbedingt nötig.“
Für den Aufbau eines Online-Shops möchte Petra Gillessen das Geld verwenden. „Nachdem wir im Frühjahr fünf Wochen schließen mussten, habe ich im Sommer damit begonnen, mir ein zweites Standbein aufzubauen,“erzählte die Inhaberin von „Mode Wüllenweber“in der Kölner Straße. Sie kann sich auf ihre Stammkunden verlassen, die ihr auch gut über den Sommer geholfen haben. Deshalb soll das Online-Geschäft einen anderen Kundenkreis ansprechen. Dafür ist professionelle Hilfe nötig, wobei Petra Gillessen – ebenso wie Hotelier Wolfgang Wahl – betonte: „Die Wertschöpfung bleibt in der Stadt!“Ob Kamerakauf oder die Gestaltung eines Online-Shops, Erkelenzer Unternehmen sind gefragt. „In bin in diesen Dingen eher ein wenig oldschool“, lachte die Inhaberin und verwies auf die Unterstützung durch ihre Tochter. Instagramm, Facebook und Co sind mehr deren Domäne. „Ich brauche den zwischenmenschlichen Umgang beim Verkauf.“
Der eingeschränkte zwischenmenschliche Umgang erschwert auch die Arbeit von Michaela Dirks enorm. Ihre Musikschule muss verstärkt den Online-Unterricht anwenden. Mit Webcam und Mikrophon ist das wohl möglich, aber: „Besonders bei den Kindern wird es schon sehr schwer.“Wenn dann noch die Technik in den Kinderschuhen steckt, wird es besonders schwer. „Teilweise wurde der Unterricht über Telefon oder Handy erteilt,“klagte die Lehrerin ihr Leid. „Ich habe mich sehr gefreut, denn jetzt kann ich einen größeren Monitor und ein Interface anschaffen, damit sind sogar Tonaufnahmen der Schüler möglich“, strahlte die Musikpädagogin, die seit 15 Jahren elektronische Tasteninstrumente und musikalische Früherziehung unterrichtet. „Ich muss das Beste aus der Situation machen,“sagte sie, die bereits im April mit dem Online-Unterricht begonnen hatte. Derzeit kämpft sie noch mit Leitungsproblemen, das Stadtgebiet insgesamt hat noch Nachholbedarf. Aber Michaela Dirks ist dennoch zufrieden, denn die meisten ihrer Schülerinnen und Schüler seien dabeigeblieben, auch wenn Online-Unterricht die schlechtere Alternative ist.