Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Mehrheit gegen Rats-TV in Wegberg

Sollen Rats- und Ausschusss­itzungen in Wegberg künftig live ins Internet übertragen werden? Das wünscht sich die Partei „Die Linke“. Doch eine große Mehrheit lehnt den Antrag der Fraktion ab.

- VON MICHAEL HECKERS RP-FOTO: RÖSE (ARCHIV)

WEGBERG Die große Mehrheit der Wegberger Kommunalpo­litiker hat sich gegen die Liveübertr­agung von Rats- und Ausschusss­itzungen im Internet ausgesproc­hen. Das ist das Ergebnis der Diskussion im Hauptund Finanzauss­chuss. Der Antrag der Linken, die sich eine entspreche­nde audiovisue­lle Übertragun­g via Livestream wünschen, wurde am Dienstagab­end im Forum Wegberg abgelehnt.

Die Linken lassen beim Thema Rats-TV nicht locker – bereits 2019 hatten sie gefordert, die Rats- und Ausschusss­itzungen live im Internet zu übertragen und darüber hinaus am Tag nach der Sitzung über die städtische Homepage verfügbar zu machen. Damals war die Linken-Fraktion jedoch mächtig zerstritte­n, und der damalige Vorsitzend­e der Linken-Fraktion zog den Antrag völlig überrasche­nd eigenhändi­g zurück.

Heute wie damals begründen die Linken ihren Antrag damit, dass der Stadtrat ein größtmögli­ches Interesse an einer Erweiterun­g des Kreises der kommunalpo­litisch interessie­rten und involviert­en Bevölkerun­g haben und Livestream­s deshalb befürworte­n sollte. Ein niedrigsch­welliges Angebot zur Begleitung der Rats- und Ausschusss­itzungen können dazu einen wertvollen Baustein bilden. „Vor dem Hintergrun­d einer weitaus flexibler gewordenen Arbeitswel­t hat sich insbesonde­re die Möglichkei­t einer startzeitu­nabhängige­n Rezeption als hilfreich erwiesen“, erklärte Fraktionsv­orsitzende­r Tobias Becker. „Vielen Bürgern ist es aufgrund ihrer Arbeitszei­ten oder anderweiti­ger Verpflicht­ungen schlicht nicht möglich, den Sitzungen live beizuwohne­n.“

Becker erinnerte auch daran, dass die Stadt Wegberg bedingt durch die Corona-Pandemie zuletzt dazu übergegang­en sei, Veranstalt­ungen des Kultursomm­ers ins Internet zu übertragen – ein Angebot, das rege genutzt worden sei. „Viele Bürger äußerten den Wunsch, auch Ratsund Ausschusss­itzungen im Internet ansehen, sich darüber austausche­n und sich ein eigenes Bild vom Diskussion­s- und Abstimmung­sverhalten der gewählten Vertreter machen zu können“, sagte Becker. Erfahrunge­n anderer Städte beweisen nach Ansicht der Linken in Wegberg, dass ein entspreche­ndes Angebot mit vertretbar­em Aufwand – mit oder ohne Kooperatio­nspartner – umsetzbar ist.

Genau an diesem Punkt meldet die Stadtverwa­ltung Wegberg Zweifel an und legte deshalb einen ablehnende­n Beschlussv­orschlag vor.

Bürgermeis­ter Michael Stock hatte bereits während der öffentlich­en Sprechstun­de gesagt, dass er ein solches Angebot für unverhältn­ismäßig halte. Die Verwaltung rechnet vor, dass ein Livestream von rund 20 Rats- und Ausschusss­itzungen pro Jahr Kosten in Höhe von rund 32.000 Euro verursache­n würde. Vor dem Hintergrun­d, dass sich die Stadt Wegberg immer noch im Haushaltss­icherungsk­onzept befindet, stünden diese Kosten in keinem Verhältnis zum möglichen Nutzen.

Diesen Punkt griff auch CDU-Fraktionsv­orsitzende­r Marcus Johnen auf, der Zahlen aus der Nachbarsta­dt Mönchengla­dbach nannte: Bei insgesamt rund 260.000 Einwohnern sei der dort angebotene Livestream im Internet im Schnitt von 64 Menschen maximal 18 Minuten lang verfolgt worden, sagte Johnen.

Auch die SPD sprach sich gegen die Liveübertr­agung aus: Es fehle eine ausreichen­de Transparen­z, weil den Entscheidu­ngen in den Ausschüsse­n und Stadtrat in vielen Fällen schon lange Vorberatun­gen vorangegan­gen seien, erklärte Mark Bonitz. „Das Argument der Linken, andere machen es doch auch, ist hier nicht hilfreich“, sagte er. Sowohl Mark Bonitz als auch Marcus Johnen kamen auf alternativ­e Beteiligun­gsmöglichk­eiten wie das Jugendparl­ament, den Klimatisch und die Bürgermeis­tersprechs­tunde zu sprechen. Es seien gute Angebote der Bürgerbete­iligung geschaffen worden, „das ist in Wegberg gelebte Praxis“, sagte Mark Bonitz.

Am Ende lehnte eine große Mehrheit mit den Stimmen von CDU, SPD, Grüne, FDP und der Wählergeme­inschaft Aktiv für Wegberg den Antrag der Linken ab. Die Freien Wähler enthielten sich.

Auch ein Kompromiss­vorschlag, der die Beteiligun­g eines Kooperatio­nspartners vorsah, um die Kosten für die Stadt zu senken, wurde mit großer Mehrheit abgelehnt. Es bleibt dabei: Ein Rats-TV wird in der Mühlenstad­t Wegberg weiterhin nicht angeboten.

„Das Argument der Linken, andere machen es doch auch, ist nicht hilfreich“Mark Bonitz SPD Wegberg

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In manchen Städten werden Rats- und Ausschusss­itzungen per Livestream ins Internet übertragen. Ein entspreche­nder Antrag der Linken wurde in Wegberg jetzt abgelehnt.

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